Kommentar Familiennachzug: Ausnahmen wenigstens für Härtefälle
Die FDP sollte auf eine moderate Öffnung beim Familiennachzug setzen. Ein Gastbeitrag des Vorsitzenden der Jungen Liberalen.
A uf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 entschied die damalige Bundesregierung aus Union und SPD zweierlei: Erstens sollten bestimmte Gruppen nicht mehr als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, sondern nur noch als sogenannte subsidiär Schutzberechtigte anerkannt werden. Zweitens wurde genau für diese Gruppe der Familiennachzug vorübergehend ausgesetzt.
Diese Ausnahme wird im Jahr 2018 enden. Aus diesem Grund spielte in den Sondierungen zwischen Union, FDP und Grünen die Frage eine Rolle, wie der Familiennachzug in Zukunft ausgestaltet werden soll. Fest steht nun: Durch das Scheitern der Gespräche werden die vier Parteien keine gemeinsame Position in dieser Frage mehr erzielen. Die FDP hat nun angekündigt, einen eigenen Gesetzentwurf in dieser Frage vorzulegen. Und sie täte gut daran, auf eine moderate Öffnung des Familiennachzugs zu setzen.
Den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte nicht grundsätzlich zu ermöglichen, wohl aber in bestimmten Konstellationen – diese Haltung sollte Grundlage eines Gesetzentwurfs sein. Die Aussicht auf Zusammenführung mit der Familie ist gerade für solche Menschen integrationsfördernd, die länger in Deutschland bleiben werden.
Denkbar ist daher, bei einfacher oder mehrfacher Verlängerung des subsidiären Schutzes, der zunächst nur für ein Jahr gewährt wird, einen Weg für den Familiennachzug zu eröffnen. Dies könnte mit weiteren Kriterien kombiniert werden. Wer etwa bereits ein Arbeitsplatzangebot in der Tasche oder einen Arbeitsvertrag unterschrieben hat, sollte schneller ein Recht auf Familiennachzug erhalten.
(28) ist Vorsitzender der FDP-Jugendorganisation Junge Liberale und seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestags. Er gehörte während der Jamaika-Sondierungsgespräche der Arbeitsgruppe „Innen, Sicherheit und Rechtsstaat“ an.
Aufgrund der Entscheidungen der Großen Koalition im Jahr 2015 hängt es heute mitunter vom Zufall ab, ob jemand anerkannter Flüchtling oder lediglich subsidiär Schutzberechtigter ist. Wer den Familiennachzug zum anerkannten Flüchtling unterstützt, kann den Familiennachzug zum subsidiär Schutzberechtigten nicht völlig ablehnen, sondern muss für Härtefalle Ausnahmen schaffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen