Kommentar Ende des Airbus A380: Totalschaden im Mühlenberger Loch
Der A380 wird nicht mehr gebaut, aber Klagen gegen die Flächenerweiterung laufen noch. Nun muss die Zerstörung kompensiert werden.
V ollmundig waren die Versprechungen von Airbus-Konzern und Hamburger Senat vor rund zwei Jahrzehnten gewesen. Arbeitsplätze werde der Bau des Riesenfliegers A380 in allen norddeutschen Werken schaffen, Standortvorteile, Wirtschaftswachstum und Steuergeld-Fontänen noch dazu.
Für diesen Traum vernichtete die Stadt Hamburg auf eigene Kosten in Höhe von 700 Millionen Euro 165 Hektar des weltweit bedeutsamen Süßwasserwatts Mühlberger Loch an der Elbe und planierte große Teile des jahrhundertealten Obstbauerndorfs Neuenfelde. Und jetzt kommt das böse Erwachen.
Noch immer sind nicht alle Klageverfahren gegen die Erweiterung des Airbus-Werks Finkenwerder und gegen die Verlängerung der Start- und Landebahn rechtskräftig abgeschlossen, noch immer sind nicht alle ökologischen Ausgleichsflächen geschaffen worden, da endet schon der Traum vom Superflieger, mit dem Airbus den großen Konkurrenten Boeing aus dem Markt drängen wollte. Die Bruchlandung ist kaum noch zu vermeiden.
Die Höchststrafe wäre, wenn die um die Jahrtausendwende vernichteten, ökologisch wertvollen Flächen wiederhergestellt werden müssten. Die Renaturierung des Mühlenberger Lochs wird zwar, so blauäugig darf niemand sein, von keinem Gericht der Europäischen Union angeordnet werden. Umfangreiche und teure Kompensationsmaßnahmen indes wären durchaus möglich, sollte die Rechtsgrundlage für den Bau entfallen.
Die Erweiterung des Werks und die Verlängerung der Piste waren mit der Fertigung des A380 und auch seiner noch größeren Frachtversion, die nie gebaut wurde, begründet worden. Kein Riesenjet – kein Riesenwerk? Eine Frage, die zum Festschmaus für gewiefte Verwaltungsjuristen werden dürfte.
Mit Airbus bröckelt ein Grundpfeiler norddeutscher Standortpolitik gewaltig, die hochfliegenden strategischen Pläne von wirtschaftshörigen Politikern enden in Trümmern. Der A380 stürzt ab – Bruchlandung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl