piwik no script img

Kommentar Ehe und KirchensteuerDu hast die Katze, ich hab die Kirche

Kommentar von Martin Reeh

Besserverdienende Atheisten zahlen ihrem gläubigen Partner weiterhin die Kirchensteuer. Die Kirche sollte „Nein“ zu dieser Abgabe sagen.

Die Katze ist vermutlich auch nicht katholisch Foto: imago/imagebroker/begsteiger

A uf den ersten Blick mag das Straßburger Urteil einleuchtend sein. Wer heiratet und dadurch die steuerrechtlichen Vorteile beim Ehegattensplitting erlangt, muss auch die Nachteile bei der Kirchensteuer in Kauf nehmen. Besserverdienende Atheisten in einer Ehe zahlen ihrem schlechter oder gar nicht verdienenden gläubigen Partner die Kirchensteuer, wenn sie gemeinsam steuerlich veranlagt werden. Wenn ein Paar diese Regelung nicht will, kann es eine getrennte Veranlagung beantragen – oder beide können aus der Kirche austreten.

Und dann existiert noch eine dritte Möglichkeit: Die Kirchen könnten von sich aus darauf verzichten, Konfes­sions­lose für die Zahlung der Kirchensteuer ihres Partners heranzuziehen. Sie würden damit einen großen Beitrag zum Ehefrieden leisten.

Konfessionslose haben sich in vielen Fällen bewusst dafür entschieden, den Kirchen kein Geld mehr zukommen zu lassen. Mit ihren Partnern sind sie nicht wegen, sondern trotz deren Glaubens zusammen. Die Kirchenmitgliedschaft des eigenen Mannes oder der eigenen Frau ist für sie so etwas wie in anderen Beziehungen eine Katzen- oder FC Bayern-Liebe: eine Marotte, die man hinnimmt, einem aber in schlechten Stunden eine Ahnung gibt, bei dem Partner könnte noch mehr seltsam sein.

Um in Beziehungen die gegenseitige Achtung zu erhalten, ist es wichtig, sich nicht über die gemeinsame Finanzierung persönlicher Vorlieben streiten zu müssen: Katzenstreu und Fußballtickets sollten aus dem persönlichen Budget, nicht aus der Haushaltskasse bezahlt werden.

So ist es auch mit der Kirchensteuer: Wer glückliche Ehen will, lässt Atheisten nicht die Kirchensteuern seines Partners oder seiner Partnerin bezahlen. Sich über eine christliche oder atheistische Erziehung der Kinder zu einigen, ist schon anstrengend genug. Aber die Kirchen, die Probleme mit der Finanzierung ihrer Gotteshäuser haben, sehen das anders.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • "Die Kirchen könnten von sich aus darauf verzichten, Konfessionslose für die Zahlung der Kirchensteuer ihres Partners heranzuziehen."

     

    Kirchen, die freiwillig auf Geld verzichten. Eine lustige Vorstellung...

  • "… Mit ihren Partnern sind sie nicht wegen, sondern trotz deren Glaubens zusammen. Die Kirchenmitgliedschaft des eigenen Mannes oder der eigenen Frau ist für sie so etwas wie in anderen Beziehungen eine Katzen- oder FC Bayern-Liebe: eine Marotte, die man hinnimmt, einem aber in schlechten Stunden eine Ahnung gibt, bei dem Partner könnte noch mehr seltsam sein.…"

     

    Literaturpreisverdächtig - &

    Was den Glauben an pekuniären Wandel der Sammler - öh

    Angeht¿ - Ja solch Glaube - Ist heute eher selten geworden - wa!

    kurz - "Aber sähr säähr eigen - der Häär!";))

  • Wie Sie schon schreiben, man kann einfach die getrennte Veranlagung wählen und ist raus aus dem Dilemma. Ansonsten gilt, mitgefangen mitgehangen. Andernfalls müsste für die Veranlagung der Kirchensteuer des Kirchgängers eine vollständige Schattenberechnung auf Basis der getrennten Veranlagung durchgeführt werden. Der Steuerbescheid ist ja bereits jetzt nicht lang genug, nicht wahr.

     

    Übrigens, wenn der Besserverdienende der Kirchgänger ist wird durch die Zusammenveranlung anders rum auch dessen Kirchensteuerlast gesenkt.

     

    Warum sollte die Kirche also auf der einen Seite verzichten ohne die entsprechende Kompensation zu erhalten? Ferner stehen der Kirche die zur Durchführung Ihres Vorschlages notwendigen Daten garnicht zur Verfügung. Wer soll die für den Verzicht notwendigen Daten (wie gesagt Schattenberechnung!) ermitteln?

    • @DiMa:

      Jau - is was schwierig - wa!;))

       

      Aber das ist ja hier schon sehr gern -

      Angemerkt!