Staatsgeld für Kirche in Spanien: Illegale Klerusfinanzierung
Die Kirche hat in Spanien zahlreiche Privilegien. Doch staatliche Zuschüsse oder Steuerbefreiungen können illegale Beihilfe sein.
MADRID taz | Steuerbefreiungen für die katholische Kirche können eine unzulässige staatliche Beihilfe sein. Das sei etwa dann der Fall, wenn damit eine wirtschaftliche Tätigkeit unterstützt wird. Dieses weitreichende Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg (Rechtssache C-74/16) gefällt.
Die Katholiken hatten den Rechtsstreit selbst ausgelöst. Ein kirchlicher Orden in Getafe, nahe der Hauptstadt Madrid, hatte für den Ausbau der Aula seiner Schule 24.000 Euro an kommunalen Abgaben für die Baugenehmigung bezahlt. Da die Katholische Kirche in Spanien dank eines 1979 zwischen Madrid und dem Vatikan geschlossenen Vertrags von Steuern befreit ist, verlangte der Orden den Betrag zurück. Das zuständige Madrider Verwaltungsgericht hatte infolge des Verfahrens Luxemburg angerufen. Der EuGH sollte klären, ob der von der Kirche geforderte Steuererlass rechtmäßig sei. Das Verwaltungsgericht sah in einem Steuererlass eine Wettbewerbsverzerrung.
Der EuGH sieht dies ebenso, „wenn im fraglichen Lokal wirtschaftliche Aktivitäten stattfinden“. Die betroffene Schule ist zweigleisig. Ein Teil der Ausbildung ist staatlich finanziert. Ein anderer Teil ist rein privat. Nach Ansicht des EuGH könnte die Steuerbefreiung auch dem privaten Zweig der Schule zugute kommen. Dies würde dann ein Wettbewerbsvorteil gegenüber nicht kirchlichen Privatschulen darstellen. Inwieweit dies der Fall ist, müssen jetzt die Richter in Spanien klären.
Laut einer Studie der spanischen Organisation Laizistisches Europa erhält die Katholische Kirche jährlich direkt oder indirekt rund 11 Milliarden Euro vom Staat. Das ist rund ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Zum Teil stammt das Geld aus der Kirchensteuer, zum anderen aus Zuwendungen an katholische Schulen, die ins staatliche Schulnetz integriert sind, oder aus Hilfen für kirchliche NGOs. Außerdem zahlt die Kirche grundsätzlich keine Immobiliensteuer. Von dieser Regelung sind nicht nur die Kirchengebäude selbst betroffen, sondern auch die unzähligen Wohnungen und Gebäude, die die Kirche vermietet.
Insgesamt soll die Kirche 110.000 steuerbefreite Immobilien ihr Eigen nennen
Insgesamt soll die Kirche 110.000 steuerbefreite Immobilien ihr Eigen nennen. In Bischofsstädten wie Ávila, Toledo, Burgos oder Santiago gehören zwei Drittel des bewohnten Grund und Bodens der Kirche. Auch in 8.000 spanischen Gemeinden verfügt die Kirche über bebautes Land. Hinzu kommen über 150.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche.