Kommentar Ehe für alle: Hoffnungsschimmer Merkel
Der Bundesrat will die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare öffnen. Das ändert wenig. Aber vielleicht überrascht Merkel noch bei dem Thema.
D er Bundesrat fordert also die vollständige Gleichstellung der Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern. Das ist schön, das klingt gut – und hat dennoch nur symbolischen Charakter. Da können die Länder noch so viel rumfordern, letztlich entscheidet der Bundestag darüber. Der muss sich jetzt mit dem Gesetzentwurf befassen. Und selbst wenn es dort faktisch eine Mehrheit für die völlige Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften gibt, wird sich keine reale Mehrheit finden.
Denn die SPD wird den Koalitionsfrieden wegen der paar Homos, die nach immer mehr schreien, nicht gefährden. Das hat sie schon mehrfach gezeigt. Denn auch die Grünen und die Linkspartei versuchen seit Langem mit eigenen Gesetzentwürfen zur Gleichstellung, die Sozialdemokraten vorzuführen. Es lässt sich ja so herrlich hämisch spotten, wenn die SPD mal wieder gegen die Gleichstellung gestimmt hat. Doch die Union wird eine ihrer letzten konservativen Bastionen nicht aufgeben. Wehrpflicht weg, Atomkraft bald weg, Mindestlohn da. Das schmerzt. Da braucht die konservative Seele wenigstens die heilige Ehe zwischen Mann und Frau.
Doch ein kleiner Hoffnungsschimmer bleibt: Angela Merkel. Sie hat ja gerade einen Lauf. Mit ihrer Haltung in der Flüchtlingskrise hat sie sich in den eigenen Reihen unbeliebt gemacht – und büßt auch in der Bevölkerung an Zustimmung ein. In der aktuellen Spiegel-Umfrage zur Beliebtheit von Spitzenpolitikern sackt sie vom ersten auf den vierten Platz ab, beim ZDF-Politbarometer bricht ihre Beliebtheit auf den schlechtesten Wert seit drei Jahren ein. Warum diese Schwächephase nicht nutzen?
Obama hat es vorgemacht. Iran-Deal, Kuba-Annäherung, Gesundheits- und Einwanderungsreform. In der Endphase seiner Amtszeit gibt er sich plötzlich progressiv. Merkel könnte sich ein Vorbild nehmen und mit der Gleichstellung weitermachen. Denn unbeliebt regiert es sich ganz ungeniert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken