Kommentar EU-Nato-Gipfel: Nicht gerade eine Erleuchtung
Die Staaten der beiden Organisationen verkaufen die vereinbarte engere Kooperation als Errungenschaft. Doch das ist eine Irreführung.
A ls „Meilenstein“ verkaufen Vertreter von Nato und EU die am Dienstag in Brüssel vereinbarte „enge Kooperation zwischen den beiden Organisationen“. Doch diese Sprachregelung ist eine Irreführung der Öffentlichkeit. Denn von den je 28 Mitgliedern der Nato und der EU gehören jeweils 22 auch der anderen Organisation an. Die Staaten haben also Vereinbarungen mit sich selber getroffen.
Werden diese Vereinbarungen umgesetzt und aus den Haushalten der Mitgliedsstaaten finanziert, können die Regierungen dann je nach Bedarf den Nato-Hut oder den EU-Hut aufsetzen. Ministerin von der Leyen wird diese Rollenflexibilität zu nutzen wissen, um die von ihr verlangte exorbitante Steigerung der Militärausgaben innenpolitisch durchzusetzen.
Der operative Mehrwert der Brüsseler Vereinbarung ist dagegen gering. Militärisch agieren die EU-Mitgliedsstaaten bislang ohnehin unter der Führung der Nato; dort hat die EU (noch) keine eigenen militärischen Mittel. Oder eine EU-Mission läßt sich von der Nato unterstützen. Aktuelle Bespiele für solche Kooperationen sind der von deutschen Kriegsschiffen geführte Nato-Einsatz zur Flüchtlingsabwehr in der Ägäis und die demselben Zweck dienende EU-Mission „Sophia“ vor der libyschen Küste.
Infolge der Brüsseler Vereinbarung dürfte allerdings der Druck auf die sechs bislang noch nicht der Nato angehörenden EU-Mitglieder zunehmen, sich an militärischen Maßnahmen und Missionen zu beteiligen. Für die dringend benötigte Krisenprävention und Konfliktbeilegung mit zivilen Instrumenten, die bei der Nato bislang überhaupt nicht und in der EU nur völlig unzureichend existieren, bringt die Brüsseler Vereinbarung überhaupt nichts.
Die Nato und die EU haben ein 42-Punkte-Programm für eine engere Zusammenarbeit beschlossen. Mit der Kooperation bei Marineeinsätzen oder in Bereichen wie Cyberabwehr und Rüstungsforschung wollen die beiden Organisationen auf neue Bedrohungen reagieren. Dazu zählen zum Beispiel die Spannungen im Verhältnis zu Russland, die Konflikte in Syrien und dem Irak sowie die Herausforderungen durch Migration. (dpa)
Und ob die Mitgliedstaaten ihre Abwehrmaßnahmen gegen Cyberwar-Angriffe oder sogenannte „hybride Bedrohungen“ innerhalb der Nato und der EU betreiben oder künftig in einem gemeinsamen „Europäischen Zentrum“, ist keine politische Frage. Es ist ein schon lange überfälliger Schritt zum Abbau von kostspieligen Parallelstrukturen.
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