Kommentar Dumpingpreise für Milch: Des Bauern Leid ist unser Leid

Billigmilch und -fleisch werden auf Kosten von Entwicklungsländern, Umwelt und Tieren erzeugt. Nun muss der Staat die Mengen senken.

Milchglas und Kuh

Weil die Bauern die Kosten senken müssen, wird aus den Kühen immer mehr Milch herausgepresst. Foto: dpa

Was geht es mich als Normalbürger eigentlich an, dass die Milch- und Schweinebauern seit Monaten unter Dumpingpreisen ächzen? Das sind doch Unternehmer. Wenn sie am Markt nicht bestehen können, dann gehen halt einige pleite, na und?

Wer so denkt, irrt. Denn Landwirtschaft ist eben nicht eine Branche wie jede andere. Milchbauern etwa arbeiten mit Tieren – und die leiden unter den niedrigen Preisen. Schließlich zwingen die niedrigen Milchpreise die Landwirte, ihre Kosten zu senken. Vor allem, indem sie immer mehr Kühe je Hof halten. Die Statistik zeigt aber, dass große Betriebe ihre Rinder kaum noch auf die Weide lassen – sie müssen ihr ganzes Leben im Stall verbringen.

Um noch mehr Milch oder Fleisch aus den Tieren herauszuholen, verfüttern die konventionellen Bauern ebenso mehr Soja aus Südamerika. Obwohl die Pflanze dort meist in riesigen Monokulturen angebaut wird, die die Artenvielfalt und das Wasser schädigen. Obwohl die Sojafelder Urwälder verdrängen, die für das Klima wichtig sind. Oft wurden auch Kleinbauern vertrieben.

Bloß nicht noch mehr Exportförderung!

Apropos Bauern in Entwicklungsländern: Ihnen machen die hoch subventionierten EU-Landwirte natürlich Konkurrenz, wenn diese mit Billigmilch oder Billigfleisch die Märkte der Armen überschwemmen.

All das geht uns alle an. Unseren Bauern muss geholfen werden – aber nicht dadurch, dass der Staat durch Werbung und Handelspolitik den Export auf Kosten von Entwicklungsländern, Tieren und Umwelt noch stärker fördert. Oder indem er noch mehr überschüssige Agrarprodukte einlagert und so wieder Fleisch- und Butterberge anhäuft. Stattdessen sollte die EU an der Ursache des Problems ansetzen: der Überproduktion. Etwa, indem sie immer dann Boni an Bauern zahlt, die weniger erzeugen, bis der Preis wieder gestiegen ist. Doch davon ist man in Brüssel – auch wegen des Drucks des deutschen CSU-Agrarministers – noch weit entfernt.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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