Kommentar Ceta-Zusatzerklärung: Mehr als nur eine PR-Broschüre
Die EU und Kanada haben sich auf eine Erklärung zu Ceta geeinigt. Sie wird bei der Auslegung des Abkommens maßgeblich sein.
Ceta ist noch lange nicht beschlossen. Am 18. Oktober wollen die EU-Regierungen im Ministerrat dem Freihandelsabkommen mit Kanada zustimmen und die vorläufige Anwendung beschließen. Erst 2017 soll das Europäische Parlament abstimmen und erst dann kann Ceta in Kraft treten. Zunächst ohne Investitionsschutz. Der kann wiederum erst wirksam werden, wenn alle nationalen Parlamente der EU-Staaten das Abkommen ratifiziert haben.
Das sind noch ziemlich viele Hürden. Und angesichts der weit verbreiteten Skepsis, ob Ceta hierzulande die Demokratie aushöhlt oder soziale und ökologische Standards unterläuft, tun die Regierungen gut daran, zusätzliche Garantien zu geben.
Die nun bekannt gewordene „Gemeinsame interpretative Erklärung“ greift viele Punkte der Kritiker auf. Versprochen wird, dass die Politik auch weiter die Wirtschaft regulieren kann, dass die transatlantische Zusammenarbeit der Parlamente freiwillig bleibt, dass privatisierte Bereiche der Daseinsvorsorge später wieder verstaatlicht werden können.
Es soll auch sichergestellt werden, dass US-Briefkastenfirmen in Kanada das Abkommen nicht nutzen können, dass Kanada alle acht arbeitsrechtlichen ILO-Kernkonventionen ratifizieren wird, dass Tarifklauseln bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zulässig bleiben und dass beide Seiten ihre eigenen ökologischen Standards behalten können.
Damit wurde eine Menge umstrittener Punkte in ziemlich eindeutiger Form angesprochen – auch wenn es zum Beispiel noch deutlicher gewesen wäre, das in der EU geltende Vorsorgeprinzip ausdrücklich zu erwähnen.
Die Gemeinsame Erklärung ist zwar kein verbindlicher Vertrag. Aber sie ist doch eine verbindliche Interpretation des Vertrags. Die Erklärung kann Ceta zwar nicht ändern, aber bei Unklarheiten wird sie für die Auslegung des Handelsabkommens maßgeblich sein.
Die Vermeidung sämtlicher unbestimmter Rechtsbegriffe ist in einem Abkommen nicht möglich. Dass Investoren bei indirekter Enteignung durch unverhältnismäßige Gesetze Entschädigung verlangen können, klingt zwar wie ein Einfallstor für Investorenklagen. Aber nicht anders ist die Rechtslage in Deutschland. Es sei daran erinnert, dass die Atomkonzerne beim Bundesverfassungsgericht gegen den aus ihrer Sicht unnötigen Atomausstieg geklagt haben und die Klage noch nicht entschieden ist.
Als Hauptkritikpunkt bleibt, dass kanadische Investoren in Europa einen Sonderklageweg bekommen, den einheimische Unternehmen nicht haben – und umgekehrt. Insoweit ist die Aussage der gemeinsamen Erklärung, dass ausländische Investoren nicht bevorzugt werden, falsch. Ein solches Versprechen, das man nicht nicht halten kann, ist ein Eigentor, und verringert in der öffentlichen Wahrnehmung natürlich auch die Glaubwürdigkeit der übrigen Versprechen.
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