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Kommentar Bundeswehreinsatz in SyrienHauruckaktion mit Kalkül

Jürgen Gottschlich
Kommentar von Jürgen Gottschlich

Man müsse in Syrien schnell reagieren und könne nicht erst im Parlament diskutieren, heißt es von Teilen der Union. Nein, aus mehreren Gründen.

Im Ressort von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sei die grundsätzliche Möglichkeit einer Beteiligung an Vergeltungsschlägen diskutiert worden Foto: ap

S ollte die Bundeswehr sich an einem Luftangriff auf Syrien beteiligen, falls das Assad-Regime im Kampf um Idlib Chemiewaffen einsetzt? Diese Frage kann man mit einem Wort beantworten: nein.

Nein aus mehreren Gründen. Erstens würde ein Luftangriff westlicher Alliierter als Reaktion auf einen Chemiewaffenangriff am Kriegsverlauf in Syrien nichts ändern. Das zeigen die bisherigen Raketen- und Luftangriffe, die Trump, allein oder gemeinsam mit Frankreichs Staatschef Macron durchgeführt hat. Es waren rein symbolische, militärisch sinnlose Aktionen.

Auch die jetzige Debatte wird im Zweifel weder Assad noch die Nusra-Front davon abhalten, Chemiewaffen einzusetzen, wenn sie sich davon einen Vorteil erhoffen. Schon lange bevor die USA behaupteten, Assad bereite einen weiteren Chemiewaffenangriff vor, hatte Russland behauptet, Kenntnisse über ebensolche Aktivitäten der Islamisten zu besitzen. Beide Behauptungen sind Teil eines Propagandakrieges, der nur verdeckt, was tatsächlich vor Ort passiert.

Russland will einer Delegitimierung seines vorgeblichen „Antiterrorkrieges“ vorbeugen, Trumps Militärs wollen demonstrieren, dass sie in Syrien auch noch eine Rolle spielen. Warum sollte sich die Bundeswehr an Machtspielen beteiligen, die den Menschen in der Region nichts nützen?

Die angebliche Anfrage aus Washington, die Bundeswehr möge sich an einem Vergeltungsschlag in Syrien beteiligen, kommt von der Leyen und Teilen der Union zupass, weil es ihnen die Möglichkeit gibt, eine wesentliche Beschränkung für Auslandseinsätze aufzuweichen: den Parlamentsvorbehalt. Der ist den Falken in der Union lästig, weil er ihre Entscheidungsfreiheit, die Bundeswehr nach Belieben einzusetzen, beschränkt. Man müsse in Syrien ganz schnell reagieren, und könne nicht erst im Parlament diskutieren, heißt es jetzt.

Je häufiger man solche Hauruck­aktionen durchführt, umso mehr erodiert der Parlamentsvorbehalt. Da kommt eine „Strafaktion“ gegen den „Schlächter“ Assad ganz recht – wer kann da schon etwas dagegen haben?

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Jürgen Gottschlich
Auslandskorrespondent Türkei
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31 Kommentare

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  • 7G
    74450 (Profil gelöscht)

    Es ist ja nun so, dass das Assad-Regime und Russland etwas von den "westlichen" Staaten wollen: Wiederaufbauhilfen. Das Regime und seine Verbündeten sind allein nicht dazu in der Lage, das Land wieder aufzubauen.

    Es ist daher unnötig über militärische Interventionen zu spekulieren. Sollte es wieder zu Chemieangriffen kommen, muss der Westen die militärisch Verantwortlichen - die sind ja bekannt - "gegen Gebühr" zur Verantwortung ziehen. Gleiches gilt natürlich auch für Assad selbst. Je stärker bei der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen vom Regime und Russland kooperiert wird und je mehr politische Reformen durchgeführt werden, desto mehr Wiederaufbauhilfe könnte fließen.

    • @74450 (Profil gelöscht):

      In Ihrer Rechnung fehlen zwei Dinge. China und die Tatsache, dass viele europäische Regierungen die syrischen Flüchtlinge gern loswerden wollen.

  • Die Gedanken sind frei!

    Was ist, wenn beim Krieg in Syrien es um die Machtstellung und strategisch wichtige geografische Stützpunkte zwischen den USA und Russland geht?

    Es gibt doch Geheimdienste. Was sagen die dazu?

  • Vieles ist bei diesem Krieg verdeckt und das Ende des Krieges hängt maßgeblich von den USA und Russland ab.



    Deutscher Angriff? Wozu und mit welchem Recht?



    Warum sollen Deutsche Soldaten evtl. sterben und das Gesicht Deutschlands in der Welt ändern?



    Behauptungen bedürfen zweifelfreier Beweise!



    Man sollte den Deutschen Einsatz in Syrien auf die Bereitstellung der medizinischer und humanitärer Hilfe sowie auf die Bewachung von Ärzten und Organisationen, die Hilfe in Syrien leisten sowie Menschen dort, die flüchten, beschränken.

  • Die obige Antwort ist die Antwort der Ministerin oder des Kommentators Jürgen Gottschlich?



    Das sollte mal zuerst besser hervorgehoben werden.



    Ich denke dass die Bundeswehr sich im Jahr 2012 mit den anderen Euroäern und Obama nach dem Chemieangriff Assads auf seine eigene Bevölkerung hätte beteiligen sollen. Wenn Assad von der Macht weg wäre, dann hätten die Syrer schon längst Frieden.



    In meinen Augen ist er der hauptverantwortliche für die fast 400.000 Toten in Syrien. Damit das endlich mal aufhört muss dieser Mann weg, auf gute Weise oder auch auf die schlechte Weise. Dieser Mann ist ein Massenmörder mit Hilfe vom Iran und den Russen. Bürger in Deutschland und in Europa leiden wegen den vielen Immigranten, und es droht noch schlimmer zu werden. Deshalb denke ich diesem Mann Assad aus Syrien eine kurzes Ende von seiner Herrschaft zu setzten.

  • Der Volksaufstand wurde niedergeschlagen.



    Wäre das Regime auf die Forderungen von 2011 eingegangen, dann gäbe es keinen Krieg. Ein Sturz des Regimes wurde Anfangs nicht gedacht, nicht gefordert.



    Das erfahren Sie bei Veranstaltungen und Vorträgen, die Syrerinnen und Syrer inzwischen auf deutsch organisieren.

    • @nzuli sana:

      "Wäre das Regime auf die Forderungen von 2011 eingegangen, dann gäbe es keinen Krieg."

      Zu viele Menschen, zu wenig Wasser, zu wenig Wohlstand. Das Regime konnte die durchaus berechtigten Forderungen der Bevölkerung nicht mehr erfüllen. Andere - egal ob Freiheitskämpfer oder Terroristen - hätten das aber auch nicht gekonnt.

      Für Syrien ist die Massenmigration eine Chance mit weniger Menschen neu anzufangen.

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @A. Müllermilch:

        doch das wäre schon gegangen nicht zu 100% aber dafür hätte man den korrupten Staatsapparat aufräumen, die unzähligen Geheimdienste auflösen und das Militär auf das Minimum reduzieren müssen. Dazu demokratische Reformen zumindest auf Provinzlevel um Investitionen anzulocken, all das ist nicht passiert.



        Ich denke alles geht zurück auf den Mord an Saad Hariri daraufhin wurde Syrien aus dem Libanon gedrängt und die syrische Elite konnten den Libanon nicht mehr plündern wie vorher (dazu hat de Libanon noch die Besatzungstruppen finanziert). Die Elite intensivierte darauf das ausplündern Syriens und trieb die Mittelschicht in die Armut.

    • @nzuli sana:

      Und was soll uns das jetzt sagen?



      Und meinen Sie, eine militärische Einmischung Deutschlands würde irgendwas zum Besseren verändern? (Die außerdem völkerrechtswidrig wäre.)

  • Warum redet niemand von der Nusra Front und dem IS? Das sind bewaffnete Terroristen, die sich -wie immer- hinter der Zivilbevölkerung verschanzen und die womöglich selbst mit Giftgas operieren werden. Quasi Hand in Hand mit den NATO-Staaten, die eine Ladung Bomben abwerfen wollen, die außer noch mehr Tod und Leid nichts bringen werden.

    Da stehen dem brutalen Assadregime die islamistischen Kopfabschneider gegenüber. Dazwischen die Zivilbevölkerung. Wie soll denn das Problem gelöst werden?



    Warum gibt es keine internationale Koalition, die einerseits den islamistischen Terrorismus bekämpft und andererseits alles unternimmt, die Zivilbevölkerung zu schützen, zu evakuieren, zu versorgen usw.? Kann es sein, dass den "Guten" die Zivilbevölkerung auch völlig egal ist?

    Flintenuschis Traum von der Zügellosigkeit militärischer Aktionen ohne demokratische Kontrolle ist mehr als beängstigend. Für VdL und ihre Unterstützer scheinen Grundgesetz und internationale Regeln keine Rolle zu spielen. Militärbesoffenheit hat noch nie zur Konfliktlösung beigetragen.

    • @Rolf B.:

      "Warum redet niemand von der Nusra Front und dem IS?"

      Fragen Sie NZULI SANA. Das Leben unter diesen Banden muss herrlich sein...

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Eine Verleumdung sondergleichen.



        Wie Sie wissen, bezeichnet das Mafiaregime alle Gegner als Terroristen.

        • @nzuli sana:

          Ich hoffe, Sie bezeichnen Herr Sydow nicht als Assad Fan. Lesen Sie mal diesen:

          www.spiegel.de/pol...lib-a-1227377.html

          Artikel. Sie scheinen nicht zu wissen, wen Sie unterstützen.

          Die demokratischen Kräfte, von denen Sie träumen, hatten nie eine Chance. Schon weil die Hauptunterstützer des Aufstands von Anfang an Erdogan und al Saud hießen. Stellen Sie sich endlich den Realitäten. Und hören Sie bitte auf, eine Verlängerung des aussichtslosen Krieges zu fordern.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Ah. Wie immer. Wenn die schöne heile "revolutionäre" Welt in Frage gestellt wird, macht sich NZULI SANA von Acker.

    • @Rolf B.:

      "Warum gibt es keine internationale Koalition..."

      Reicht Ihnen deren Wirken in Afghanistan etc. noch nicht?

      • @A. Müllermilch:

        Oh Schreck, Sie haben Recht.

  • In Syrien findet seit Jahren Massenvernichtung statt. Alles weitere ist Massenflucht.



    Es werden Menschen ausgehungert.



    Sparen Sie sich ihren menschenverachtenden Negationismus.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @nzuli sana:

      Das ist vielen Menschen leider egal. Hauptsache der "wichtige" Mittelmeerhafen für Russland kann gesichert werden!

  • Denken Sie daran, dass die 3,5 Millionen Menschen, die in der Region Idlib leben, keinerlei Hilfe von außen bekommen. Es ist unterlassene Hilfeleistung, und wir sehen alle dabei zu. Skanadlös!



    Sie werden wie geplant, wie seit Monaten absehbar vom Assadregime bombardiert, es folgt die Bodenoffensive, und dürfen nicht in die Türkei.



    Sie sollen also alle vernichtet werden.

    Vergleichen wir es mit der Artikulation von Kurden und Linken zu Rojava-Kurdistan:



    Hier beklagte das Solidaritätskomitee Kurdistan in Bremen, dass Russland für die Eroberung Afrins durch Erdogans Truppen den Luftraum freigab:



    SoKu 2018-01-20 Afrin: Türkischer Bombenterror aus der Luft hat begonnen. Russland gab Luftraum frei (sokubremen.wordpre...uft-hat-begonnen/)



    und Salih Müslim forderte 2017 eine Flugverbotszone für Rojava civaka-azad.org/sa...szone-fuer-rojava/ (Firatnews, 30.04.2017).

    Das Rojava-Komitee formulierte am 22.6.2018 einen Appeasement-Vorwurf. Im April wurde vor einem Genozid gewarnt.

    Sind Menschen also unterschiedlich viel wert?



    Wir sollen also die Hysterie seinlassen und den Massenmord ignorieren?



    Die Türkei wird die Grenzen nicht öffnen und türkisches Militär hat seit 2015 700 Flüchtende SyrerInnen erschossen.

    • 9G
      97546 (Profil gelöscht)
      @nzuli sana:

      Wenn die Rebellen nicht kämpfen, gibt es keine Vernichtung.

    • @nzuli sana:

      "Sie sollen also alle vernichtet werden."

      Hören Sie bitte auf, solches Blech zu reden. Die Menschen Daraa wurden trotz aller Ankündigungen nicht vernichtet.

      Assad erobert die Gebiete. Dabei gibt es wie in jedem Krieg Tote. Und gewiss greift er sich seine ärgsten Gegner und ermordet sie. Aber ausgerottet wird die Bevölkerung definitiv nicht.

      Macht es Ihnen eigentlich Spaß, vorhandenes Leid verbal noch schlimmer zu machen, als es so und so schon ist?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        In Syrien findet seit Jahren Massenvernichtung statt. Alles weitere ist Massenflucht.

        Es werden Menschen ausgehungert.

        Sparen Sie sich ihren menschenverachtenden Negationismus.

        • @nzuli sana:

          In Syrien findet ein brutaler Bürgerkrieg statt, in den zusätzlich noch die halbe Welt verwickelt ist. Und dieser kostet viel zu viele Opfer.

          Sie haben diesen Krieg immer befürwortet und immer wieder zum Kampf aufgerufen. Sind Sie jetzt bitte wenigstens einmal aufrecht und übernehmen Sie Ihren Teil der Verantwortung für die Opfer.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Absurd!



            Genau durch das Nichteingreifen lässt die Welt den Massenmord weiterlaufen statt ihn zu stoppen.



            Ihre pauschalen Worthülsen zeigen mangelndes Verständnis der Lage sondern rein ideologische Plattheiten.



            Die Assad-Iran-Russische Seite ist für den viel größeren Teil der Toten verantwortlich. Schätzungen sprechen von 80%, und 20% durch die Jihadisten und anderen bewaffneten Assad-Gegner.

            • @nzuli sana:

              Sie sollen ja auch nur die Verantwortung für "Ihre" Toten übernehmen. Für Assad & Co. bleiben schon noch genug übrig.

              Und eingreifen wollen Sie? Mal abgesehen davon, dass dieses Eingreifen in der erforderlichen Stärke, um etwas zu ändern, rein technisch kaum noch zu organisieren wäre. Putin ist wild entschlossen, diese Offensive zu schützen. Er hat einen großen Teil seiner Flotte im Mittelmeer konzentriert und dazu einen bedeutenden Teil seiner restlichen Streitkräfte in Gefechtsbereitschaft versetzt (Manöver Wostok 2018). Wenn sie diese Kräfte angreifen, kann schnell eine Rakete die Andere ergeben. Im ungünstigsten Fall fliegen uns dann Atombomben um die Ohren. Und wozu? Um die Herrschaft von Nusra und Co. zu verlängern.

  • Mal wieder weit und breit nichts vom Verfassungsschutz zu sehen. VdL gehört unter Beobachtung.



    www.zeit.de/politi...chten-rechtswidrig

  • Ich denke auch, dass Assad für die Falken ein gefundenes Fressen ist, um den lästigen Parlamentsvorbehalt los zu werden. Allerdings ist leider durch den völkerrechtswidrigen Einsatz der Bundeswehr mit der Bombardierung Serbiens durch die damalige rotgrüne Bundesregierung wichtige Hürden gefallen.



    Deutsche Außenpolitik, notfalls mit Hilfe von Kampfbombern, scheint mir der Traum der Transatlantiker zu sein.

    • @Rolf B.:

      Danke. Daran wollte ich auch gerade erinnern.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Hab ich was nicht mitbekommen? Hat Deutschland eine funktionsfähige Armee mit tausenden Panzern und Flugzeugen aus dem Hut gezaubert mit jahrelanger Manöver Erfahrung? Falls nicht woher kommen diese unsinnigen Kommentare aus der Union. Deutschland kann gar nicht intervenieren.

  • Es tut gut, mitten im hysterischen Geschrei der letzten Tage eine Stimme der Vernunft zu hören.

  • Ogott.. nee! Der Parlamentsvorbehalt für Einsätze der BW muss erhalten bleiben! Noch besser wäre es, den humanen Charakter der BW - im Stil des THW- zu verbessern! Frau/Mann erinnere sich daran das die Marine im Mittelmeer als Retter unterwegs war um Flüchtlinge zu retten..! Herrn Gottschlichs Argumentation entspricht zudem dem zivilen Charakter der FDGO!