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Kommentar Bundeswehr und HaareSchießt, aber ohne Zopf

Christian Jakob
Kommentar von Christian Jakob

Es bleibt dabei: Der Soldat trägt Kurzhaar. Schade. Männer, die sich an Regeln fürs Aussehen mehr stören als einem Schießbefehl, täten der Bundeswehr gut.

Links um! Rechts um! Zöpfe ab! Bild: dpa

I st das jetzt wie bei Kim Jong Il in Nordkorea, der Tafeln mit den Bildern von weitgehend identischen Musterfrisuren an alle Barbiere im Land verteilen ließ – auf dass sich der nordkoreanische Mann ja keinen „Westschnitt“ verpassen ließe?

Nichts da, sagt das Bundesverwaltungsgericht. Der von ihm am Dienstag bestätigte „Haar- und Barterlass“ der Bundeswehr verordne keine „Einheitsfrisur“, sondern setze lediglich „äußere Grenzen“. Strähnen über Ohren, Augen und Nacken sind genauso Tabu wie Zöpfe. Einen solchen, 40 Zentimeter lang, wollte ein Jungsoldat unbedingt im Dienst tragen. Deswegen hat er geklagt – und jetzt verloren.

Angewiesen, sagten die Richter, sei die Bundeswehr „auf ein einheitliches Auftreten nach außen und einen engen Zusammenhalt nach innen“. Die Wehrfähigkeit erfordert also nicht nur, dass es in den Köpfen uniformiert zugeht, sondern möglichst auch darauf. Dass Frauen gleichzeitig längere Haare tragen dürfen, sei „eine zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen“.

Man kann sich fragen, warum dies nicht auch für Männer gelten soll. Seitdem die Bundeswehr zur Berufsarmee umgebaut wird, hat sie Nachwuchsprobleme. Zu wenige treten den freiwilligen Grundwehrdienst an, zu viele brechen ihn vorzeitig ab.

Ein paar modebewusste Jungmänner, die größere Probleme mit einer Kurzhaarfrisur als mit einem Afghanistaneinsatz haben, kämen der Einsatzfähigkeit sicher zugute. Seitdem Auslandseinsätze zum normalen Repertoire deutscher Außenpolitik gehören, rührt der Staat die Werbetrommel für den Soldatenberuf: Ein Beruf wie jeder andere, irgendwie doch zivil, irgendwie ganz normal.

Ist er aber nicht. Wer zur Bundeswehr geht, gibt einen Teil seiner Bürgerrechte ab. Das Ausmaß, in dem das geschieht, unterscheidet ihn von allen anderen. Warum da ausgerechnet das Recht, bezopft in den Krieg zu ziehen, als Gipfel der Persönlichkeitsentfaltung verteidigt werden soll, verstehe, wer will. Die Bundeswehr ist auch dann keine freundlichere Armee, wenn Männer Zöpfe tragen und Frauen schießen.

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Christian Jakob
Reportage & Recherche
Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien von ihm im September 2023 "Endzeit. Die neue Angst vor dem Untergang und der Kampf um unsere Zukunft". 2022 und 2019 gab er den Atlas der Migration der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit heraus. Zuvor schrieb er "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek); alle erschienen im Ch. Links Verlag. Seit 2018 ist er Autor des Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt. 2020/'21 war er als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg. Auf Bluesky: chrjkb.bsky.social
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21 Kommentare

 / 
  • D
    Dan

    So ein langer Beitrag, und dann so falsch.

    Jeder Wehrdienstleistende lernt bereits in der ersten Woche, in meinem Fall am ersten Tag, dass die Bürgerrechte bei Soldaten eingeschränkt werden.

    Z.B. das Recht auf freie Meiinungsäußerung.

  • "Wer zur Bundeswehr geht, gibt einen Teil seiner Bürgerrechte ab."

    Das ist absoluter Schwachsinn, Herr Jakob. Ich entnehme ihrer kurzen Vitae nicht, daß Sie Wehrdienst geleistet hätten und würde überdies vermuten, daß Sie als "Soziologe" eher Wehrdienstverweigerer waren, wenn überhaupt. Sollte das so stimmen, dann möchte ich Ihnen ein Zitat von Dieter Nuhr nahelegen:"Wenn man keine Ahnung hat, dann einfach mal die Fresse halten!"

    Niemand gibt bei der Bundeswehr irgendwelche Bürgerrechte ab. Was für ein kompletter Unfug. Wer auf'm Bau arbeitet trägt 'nen Helm und wenn jemand privat aber 'nen Iro hat, dann steckt der auf der Arbeit trotzdem unter'm Helm. Deshalb ist der Mann doch nicht eines Bürgerrechts beraubt worden!

  • B
    Blechstein

    Wen soll diese Bundeswehr verteidigen?

    Mit oder ohne Zopf hier wird nichts verteidigt. Das abgehängte Viertel der Bevölkerung wird das obere Viertel nicht verteidigen - es gewinnt nichts - außer den Tod.

  • B
    Blechstein

    Mit Zopf, aber Feuer fei?

  • O
    oranier

    „Strähnen über Ohren, Augen und Nacken sind genauso Tabu wie Zöpfe. Einen solchen, 40 Zentimeter lang, wollte ein Jungsoldat unbedingt im Dienst tragen. Deswegen hat er geklagt – und jetzt verloren.“

     

    Das ist insofern bemerkenswert, als der (Perücken-) Zopf umgekehrt beim preußischen Militär im 18. Jh. pflichtgemäß zur Uniform gehörte. Man sieht ihn noch in historischen Kostümfilmen hinten aus dem dreieckigen Hut herauslugen. Im 19. Jh. galt der Perückenzopf als Symbol für Rückständigkeit und wurde im Zusammenhang mit den preußischen Heeresreform abgeschafft. Seitdem gibt es die Redensart von den „alten Zöpfen“, die abgeschnitten gehören.

     

    Um die Soldaten besser zum Kampf gegen das Napoleonische Heer zu motivieren, wurde u.a. auch die Prügelstrafe abgeschafft.

     

    Heinrich Heine beschreibt in seinem ironischen politischen Gedicht „Deutschland, ein Wintermärchen“, wie er auf seiner Reise von Frankreich nach Deutschland in Aachen preußischen Soldaten in ihrer neuen Uniform begegnet:

     

    Sie stelzen noch immer so steif herum,


    So kerzengrade geschniegelt,


    Als hätten sie verschluckt den Stock,


    Womit man sie einst geprügelt.

     

    Ja, ganz verschwand die Fuchtel nie,


    Sie tragen sie jetzt im Innern;


    Das trauliche Du wird immer noch


    An das alte Er erinnern.

     

    Der lange Schnurrbart ist eigentlich nur


    Des Zopftums neuere Phase:


    Der Zopf, der eh'mals hinten hing,


    Der hängt jetzt unter der Nase.

  • Eine Frage in die Runde in diesem Zusammenhang: Weiß jemand, wie es aktuell bei der Bundeswehr mit den Ernährungsfragen aussieht? Hintergrund der Frage: Bei meiner gut 20 Jahre zurückliegenden Musterung erwähnte ich, Vegetarier zu sein, worauf mir ein Schreiben ausgehändigt wurde, dem zu entnehmen war, dass die besonderen Anforderungen des Wehrdiensts eine proteinreiche Verpflegung erforderlich machten und daher kein fleischfreies Essen ausgegeben werde; in einer ca. sechswöchigen Umstellungsphase habe man sich an die "Normalkost" zu gewöhnen. Das Schriftstück liegt mir leider nicht mehr vor, und als Verweigerer bin ich glücklicherweise auch nicht in den Genuss dieser "Umstellung" gekommen... aber mal rein interessehalber: Wie sieht es heute mit Vegetarismus beim Bund aus?

    • B
      BTW
      @Rein subjektiv betrachtet:

      Auch den Vegetariern, Veganern sogar den verschiedenen Glaubensrichtungen wird heutzutage, was den Speiseplan angeht, genüge getan. Zumindest können sich die Küchen sehr gut darauf einstellen, wenn diese es denn wissen das vegetarier an der Verpflegung teilnehmen.

  • N
    noeffbaux

    Die Bundeswehr ist überflüssig. Man hätte Deutschland nach 1990 endlich entmilitarisieren müssen; als der kalte Krieg vorbei war, hatte nämlich auch diese Armee ihren Zweck verloren. Der Russe steht ja nicht mehr vor der Tür, er wurde spätestens von Goldkettchen-Gas-Gerd sogar ins Kanzleramt gelassen.

     

    Die neuen "Bedrohungen" ab 2001 sind eigentlich Wirtschaftskriege. Der Bundespräsident, der uns das verraten hat, ist aber gleich zurückgetreten.

     

    Und ihr redet über Haare...

  • Es gibt für viele Berufe Vorschriften, was das Äußere anbelangt: Kinderkrankenschwestern sollen keine langen Fingernägeln haben, wenn ich in einer Bank arbeite muss ich wahrscheinlich Krawatte tragen und so weiter. Darüber kann ich mich vorher bestens informieren, auch wie die Bundeswehr die Frisuren regelt. Wenn ich damit nicht leben kann, ist der Beruf vielleicht nix für mich.

     

    Für mich klingt der Beitrag nach künstlichem Aufreger. Sorry.

    • @Jens Brehl:

      aha, dann erklären Sie mir mal, wieso das Frauen bei der Bundeswehr langes Haupthaar tragen dürfen, Männer aber nicht?

      • R
        ruhrgebiet3000
        @Tadeusz Kantor:

        Steht doch im Artikel: Um Frauen zu fördern. Wegen der Gleichberechtigung.

        Tja, manche sind halt gleicher als andere.

        • @ruhrgebiet3000:

          oooch, die armen männer! leiden wieder... kopf hoch, einfach nicht zum bund gehen. dann brauchts auch keine unterkomplexen thesen.

          • O
            Olli
            @Spin:

            "oooch, die armen männer! leiden wieder... kopf hoch"

            Gute Idee, ihr Kommentar.

            Das werde ich beim nächsten Mal auch antworten, wenn Frauen sich über Ungleichbehandlung beklagen.

            Das wird sie sicherlich überzeugen.

            • @Olli:

              machen sie mal, wenn sie denken, es diene der wahrheitsfindung...

              manche müssen einfach jammern.

              ich bin übrigens selber mann und habe das gejammer manches geschlechtsgenossen nicht nötig!

  • Praktisch - jede Schikane, die nur für Männer gilt, widerspricht nicht dem Gleichheitsgebot, da die Ausnahme der Schikane ja nur zur Frauenförderung dient.

    Damit hat das Bundesverwaltungsgericht den Art 3 Abs. 2 Grundgesetz ("Männer und Frauen sind gleichberechtigt") für die Hälfte der Bevölkerung ausser Kraft gesetzt.

  • T
    topas

    Es gibt Artikel, da fragt man sich

    unweigerlich - warum wurde dieser eigentlich geschrieben !?

    • @topas:

      das gilt für kommentare wie den ihren jedoch umso mehr!

  • Leider hat der Red. die "Arbeit" bei Streitkräften nicht ganz verstanden?

     

    Die Leute sollen lediglich in der Lage sein, ihre Aufgaben von Haarpracht unbehindert zu erfüllen, darauf würde ich als Vorgesetzter auch schon aus Gründen der Fürsorgepflicht bestehen!

     

    Handhabung von Einsatzmitteln, Atemschutz und Gefechtshelm sollten doch gewährleistet sien?

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • D
    David

    ... dieser Zynismus.

    Wer ist denn so naiv und glaubt, man könne von heute auf morgen auf alle Armeen der Welt verzichten?

    Zu Wehrdienstzeiten kamen, auch wenn es gerne anders dargestellt wird, Menschen aus allen Gesellschaftsschichten und jeder politischen Couleur zur Bundeswehr. Einige von diesen Menschen sind bei der Bundeswehr geblieben und haben diese geprägt.

    Das Wegfallen des Wehrdiensts bedeutet für die Bundeswehr ein großes Problem, da das Gleichgewicht der Truppe droht verloren zu gehen. Der Zopf ist daher auch als politisches Statement eines Soldaten zu sehen, der sich nicht in die konservative Ecke stellen lassen möchte. Man kann Soldat und trotzdem „links“ sein.

    Ich habe in den Jahren meiner Berufssoldatenlaufbahn viele Soldaten erlebt, die sich eher dem linken politischen Spektrum zurechnen lassen. Sie sind im Rahmen des Wehrdienstes zur Bundeswehr gekommen und dort geblieben -und das sicherlich nicht weil sie schießwütig sind. Es sollte auch im Interesse der linken politischen Parteien sein, wenn es weiterhin solche Soldaten gibt.

  • A
    ama.dablam

    Die Bundeswehr hat einen klaren Auftrag und ist nunmal keine Freakshow für Mode-Narzissten. Man gibt dort keine Bürgerrechte ab, sondern entscheidet sich für ein bestimmtes Berufsbild. In keinem Betrieb, insbesondere nicht in einem Tendenzbetrieb (und als solchen kann man die Bundeswehr durchaus begreifen) kann ich zu jeder Zeit tun und lassen was ich will.

     

    Presseunternehmen sind auch Tendenzbetriebe (§ 118 (1) Nr. 2 BetrVG). In der taz darf auch nicht jeder schreiben, was ihm gerade passt. Btw: was macht eigentlich Kollege Füller?