Kommentar Bündnis in Großbritannien: May sucht die Loyalisten
20 Jahre hat es gedauert, bis man eine Formel fand, die für etwas Ruhe in Nordirland sorgt. Das hat Theresa May nun zunichtegemacht.
S ie ist nicht sonderlich wählerisch. Um an der Macht zu bleiben, hat sich die britische Premierministerin Theresa May mit der reaktionärsten parlamentarischen Partei verbündet, die man im Vereinigten Königreich finden kann. Nordirlands Democratic Unionist Party (DUP) ist trotz ihres Namens alles andere als demokratisch.
Sie ist eine Sekte, genau wie die Freie Presbyterianische Kirche. Beide sind vom inzwischen verstorbenen Pfarrer Ian Paisley gegründet worden, um Nordirland stubenrein zu halten: Sie sind gegen Homosexualität und gleichgeschlechtliche Ehe, gegen Abtreibung und jedwede Aktivität am Sonntag sowie gegen die Machtbeteiligung von Katholiken. Letzteres mussten sie schließlich widerstrebend zulassen.
Aber es hat 20 Jahre gedauert, bis man eine Formel gefunden hatte, die für etwas Ruhe in der Krisenprovinz sorgt. Doch diese Ruhe basiert auf der Neutralität der Regierung in London und einer Gleichbehandlung der protestantisch-unionistischen und katholisch-nationalistischen Seite. Das hat May nun zunichtegemacht.
Sicher, die Forderungen der DUP hören sich zunächst moderat an, wie zum Beispiel die Senkung der Körperschaftssteuer und keine Rentenkürzungen in Nordirland, mehr Geld für die Provinz und die Zusicherung, alles zu unterbinden, was als Schritt auf ein vereinigtes Irland gedeutet werden könnte.
Aber in Nordirland hängt vieles von Symbolen ab. Man denke an den jahrelangen gewaltsamen Streit um die Paraden des protestantischen Oranierordens oder um die Zahl der Tage, an denen der Union Jack gehisst werden darf. So kann schon ein falsches Zugeständnis von May, der jegliches politisches Gespür abgeht, wie sie im Wahlkampf bewiesen hat, zu einer Eskalation in Nordirland führen.
Theresa May hat sich in eine Abhängigkeit begeben, die weder ihr, noch Großbritannien, noch Nordirland gut tut. Aber die Sache entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Jahrhundertelang wurde Irland von London aus regiert. Jetzt wird das Vereinigte Königreich von Belfast aus regiert.
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