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Kommentar Bündnis in GroßbritannienMay sucht die Loyalisten

Ralf Sotscheck
Kommentar von Ralf Sotscheck

20 Jahre hat es gedauert, bis man eine Formel fand, die für etwas Ruhe in Nordirland sorgt. Das hat Theresa May nun zunichtegemacht.

Theresa May hat sich in eine Abhängigkeit begeben Foto: reuters

S ie ist nicht sonderlich wählerisch. Um an der Macht zu bleiben, hat sich die britische Premierministerin Theresa May mit der reaktionärsten parlamentarischen Partei verbündet, die man im Vereinigten Königreich finden kann. Nordirlands Democratic Unionist Party (DUP) ist trotz ihres Namens alles andere als demokratisch.

Sie ist eine Sekte, genau wie die Freie Presbyterianische Kirche. Beide sind vom inzwischen verstorbenen Pfarrer Ian Paisley gegründet worden, um Nordirland stubenrein zu halten: Sie sind gegen Homosexualität und gleichgeschlechtliche Ehe, gegen Abtreibung und jedwede Aktivität am Sonntag sowie gegen die Machtbeteiligung von Katholiken. Letzteres mussten sie schließlich widerstrebend zulassen.

Aber es hat 20 Jahre gedauert, bis man eine Formel gefunden hatte, die für etwas Ruhe in der Krisenprovinz sorgt. Doch diese Ruhe basiert auf der Neutralität der Regierung in London und einer Gleichbehandlung der protestantisch-unionistischen und katholisch-nationalistischen Seite. Das hat May nun zunichtegemacht.

Sicher, die Forderungen der DUP hören sich zunächst moderat an, wie zum Beispiel die Senkung der Körperschaftssteuer und keine Rentenkürzungen in Nordirland, mehr Geld für die Provinz und die Zusicherung, alles zu unterbinden, was als Schritt auf ein vereinigtes Irland gedeutet werden könnte.

Aber in Nordirland hängt vieles von Symbolen ab. Man denke an den jahrelangen gewaltsamen Streit um die Paraden des protestantischen Oranierordens oder um die Zahl der Tage, an denen der Union Jack gehisst werden darf. So kann schon ein falsches Zugeständnis von May, der jegliches politisches Gespür abgeht, wie sie im Wahlkampf bewiesen hat, zu einer Eskalation in Nordirland führen.

Theresa May hat sich in eine Abhängigkeit begeben, die weder ihr, noch Großbritannien, noch Nordirland gut tut. Aber die Sache entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Jahrhundertelang wurde Irland von London aus regiert. Jetzt wird das Vereinigte Königreich von Belfast aus regiert.

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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1 Kommentar

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  • Es ist doch noch schlimmer: Nordirland hat gerade keine Regierung, die ist nach einer gigantischen, von Arlene Foster zu verantwortenden Vernichtung von Haushaltsmitteln geplatzt und Nordirland wird aktuell von Westminster aus verwaltet. Die britische Regierung, die dabei zu absoluter Neutralität verpflichtet ist, begibt sich jetzt in ein Abhängigkeitsverhältnis zu einer der Parteien, der protestantischen DUP. Das heißt, die katholisch-republikanische Seite bleibt völlig außen vor. Theresa May macht den Bock zum Gärtner oder, auf Arlene Foster bezogen, die Ziege zur Gärtnerin. Lustig ist das jedoch nicht, der Vorgang könnte die IRA wieder auferstehen lassen.