Kommentar Autobahnprivatisierung: Unten mit den ÖPP
Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) funktionieren nicht, sie richten Schaden an. Politik und Wirtschaft müssen klarer getrennt sein.
W enn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass privat finanzierte öffentliche Bauvorhaben Unfug sind, so wäre er jetzt anscheinend erbracht. Das Betreiberkonsortium aus Baufirmen und Finanzinvestoren, das die A1 zwischen Hamburg und Bremen ausgebaut hat, verklagt den Bund. Denn die Einnahmen aus der Lkw-Maut, mit denen die Investitionen und der Gewinn der Investoren bezahlt werden sollen, reichen nicht aus.
Ein Argument für öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) war stets, dass Privatunternehmen besser wirtschaften könnten. Können sie offenkundig nicht. Die zweite Zusicherung, die schon mehrere Bundesregierungen unters Volks streuten, zielt auf eine Entlastung des Bundeshaushalts ab. Tatsächlich übernehmen die „Partner“ erst einmal die Kosten. Doch im Falle der A1 könnte die Rechnung am Ende doch beim Bund landen. Dann stehen beide Seiten als Verlierer da. Finanziell, weil die Bilanz des Projekts mies ist, politisch, weil die Befürworter der ÖPP keine schlüssigen Argumente mehr vortragen können.
Auf Dauer können ÖPP schon rechnerisch nicht günstiger sein als ein direktes Engagement des Staates. Schließlich müssen mit einem Infrastrukturprojekt neben den Baukosten auch die Erträge der Unternehmen erwirtschaftet werden. Der Staat aber muss keine Gewinne erzielen. So ist der Einsatz öffentlicher Mittel günstiger. Das gilt gerade in der Niedrigzinsphase, in der Kredite die öffentliche Hand kaum etwas kosten.
Statt auf ÖPP zu setzen, ist eine klare Abgrenzung zwischen Staat und Wirtschaft gefragt. Wenn ein privater Betrieb politisch gewollt ist, sollte es eine echte Privatisierung geben. Unter dem Gesichtspunkt der Daseinsvorsorge ist das aber nicht erstrebenswert. Alternativ bleibt die Infrastruktur in öffentlicher Hand. Damit fahren die Bürger in der Regel besser. Das gilt nicht nur für die Verkehrswege, sondern auch für andere Infrastruktureinrichtungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern