piwik no script img

Landgericht Hannover weist Klage abKlatsche für Autobahn-Betreiber

Ein privates Autobahn-Konsortium bekommt keinen Maut-Nachschlag dafür, dass der Verkehr nicht so zugenommen hat wie erwartet.

Von einem privaten Konsortium auf sechs Spuren ausgebaut: A1 zwischen Hamburg und Bremen Foto: dpa

HAMBURG taz | Hat sich der Bund bei einem ÖPP-(Öffentlich-Private-Partnerschaft-)Projekt mal nicht über den Tisch ziehen lassen? Wenn es bei einem am Freitag verkündeten Urteil des Landgerichts Hannover bleibt, sieht es ganz so aus. Die Richter wiesen das Risiko, dass der Verkehr und damit die Einnahmen durch die LKW-Maut nicht so wachsen wie geplant, den privaten Autobahnbetreibern zu.

Die Richter befassten sich mit einem rund 70 Kilometer langen Teilstück der Autobahn A1 zwischen Hamburg und Bremen. Im Jahre 2008 schloss die Bundesregierung mit dem Konsortium A1 mobil einen Konzessionsvertrag über die Finanzierung, Planung, den Ausbau und Betrieb sowie die Erhaltung der Autobahn. Laufzeit: 30 Jahre.

Der Vertrag wurde vor der Pleite der US-Bank Lehman Brothers und der dadurch ausgelösten Wirtschaftskrise unterzeichnet. Als Folge der Krise sei der LKW-Verkehr um 20 Prozent eingebrochen, klagte Ralf Schmitz, Geschäftsführer von A1 mobil. Das Konsortium, das die Autobahn ab 2012 auf sechs Spuren ausgebaut hatte, verlangte deshalb einen größeren Anteil an den Mauteinnahmen.

Den Konzessionsvertrag wegen eines „Wegfalls der Geschäftsgrundlage“ zu ändern, komme nicht infrage, sagte der Vorsitzende Richter, Peter Bordt, in der Urteilsbegründung. Denn das klagende Konsortium habe das mit der Verkehrsprognose verbundene Risiko übernommen. Aus den Vertragsverhandlungen habe sich eindeutig ergeben, dass der Bund das Verkehrsmengenrisiko nicht habe übernehmen wollen, weshalb auch das Modell einer Mindestvergütung nicht in Betracht gekommen sei. Gegen das Urteil ist eine Berufung beim Oberlandesgericht in Celle möglich.

ÖPP-Projekte haben für Bund, Länder und Gemeinden den Charme, dass sie sich dafür scheinbar nicht verschulden müssen. Die Privaten strecken das Geld vor und erhalten dafür laufend Einnahmen. Befürwortern zufolge wickeln Unternehmen Projekte effizienter ab als die Verwaltung. Die Rechnungshöfe haben kritisiert, dass das nicht stimmt und dass eine solche Zusammenarbeit mit der Wirtschaft für den Staat unterm Strich oft teurer ist, als die Projekte in Eigenregie umzusetzen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Richtiges Urteil. Es ruft in Erinnerung, dass es auch ein unternehmerisches Risiko gibt. Von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage durch Wirtschaftskrisen kann ohnehin niemals die Rede sein. Im Gegenteil: Wenn eines im Kapitalismus sicher ist, dann der zyklische Wechsel zwischen Aufschwüngen und Krisen. Dass irgendwann wieder eine Wirtschaftskrise kommt, ist sicher, unsicher ist nur der Zeitpunkt.