piwik no script img

Kommentar AutobahnprivatisierungUnten mit den ÖPP

Kommentar von Wolfgang Mulke

Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) funktionieren nicht, sie richten Schaden an. Politik und Wirtschaft müssen klarer getrennt sein.

Brückenbauarbeiten beim Ausbau der A1 im Jahre 2010 Foto: dpa

W enn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass privat finanzierte öffentliche Bauvorhaben Unfug sind, so wäre er jetzt anscheinend erbracht. Das Betreiberkonsortium aus Baufirmen und Finanzinvestoren, das die A1 zwischen Hamburg und Bremen ausgebaut hat, verklagt den Bund. Denn die Einnahmen aus der Lkw-Maut, mit denen die Investitionen und der Gewinn der Investoren bezahlt werden sollen, reichen nicht aus.

Ein Argument für öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) war stets, dass Privatunternehmen besser wirtschaften könnten. Können sie offenkundig nicht. Die zweite Zusicherung, die schon mehrere Bundesregierungen unters Volks streuten, zielt auf eine Entlastung des Bundeshaushalts ab. Tatsächlich übernehmen die „Partner“ erst einmal die Kosten. Doch im Falle der A1 könnte die Rechnung am Ende doch beim Bund landen. Dann stehen beide Seiten als Verlierer da. Finanziell, weil die Bilanz des Projekts mies ist, politisch, weil die Befürworter der ÖPP keine schlüssigen Argumente mehr vortragen können.

Auf Dauer können ÖPP schon rechnerisch nicht günstiger sein als ein direktes Engagement des Staates. Schließlich müssen mit einem Infrastrukturprojekt neben den Baukosten auch die Erträge der Unternehmen erwirtschaftet werden. Der Staat aber muss keine Gewinne erzielen. So ist der Einsatz öffentlicher Mittel günstiger. Das gilt gerade in der Niedrigzins­phase, in der Kredite die öffentliche Hand kaum etwas kosten.

Statt auf ÖPP zu setzen, ist eine klare Abgrenzung zwischen Staat und Wirtschaft gefragt. Wenn ein privater Betrieb politisch gewollt ist, sollte es eine echte Privatisierung geben. Unter dem Gesichtspunkt der Daseinsvorsorge ist das aber nicht erstrebenswert. Alternativ bleibt die Infrastruktur in öffentlicher Hand. Damit fahren die Bürger in der Regel besser. Das gilt nicht nur für die Verkehrswege, sondern auch für andere Infrastruktureinrichtungen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Alle haben Recht ..... jeder auf seine weise. Misswirtschaft ist auf allen Ebenen an der Tagesordnung, egal ob im privaten Bereich oder auf staatlicher Seite. Solange moral und Ehrlichkeit gewahrt werden, wird es niemals einen faden Beigeschmack geben . Eine Baustelle bzw. die Instandhaltung sollte immer das gleiche Kosten ! Egal ob der Auftrag aus öffentlicher oder privater Hand vergeben wird! Und genau da beginnt das Schmarotzertum in Politik und Privatunternehmen. Schäuble u. Dobrint wollen mit hilfe der ÖPPV diesen Kostenpunkt aus dem Haushalt ''herauslügen'' um ihr eigenes Profil aufzupolieren. Die großen Straßenbauunternehmen haben bisher ihre Strichliste für die Baukosten auf den Autobahnen mit der Gabel gemacht . Mit der ÖPPV werden sie einen Kamm nehmen. Am Sinnvollsten wäre es den Entscheidungsträgern von unabhängigen Sachkundigen auf die Finger zu schauen lassen, egal ob alles so bleibt wie bisher oder die ÖPPV kommt. Schaut doch mal was ein Mittelstrich auf der Autobahn kostet.... und vor allem was der Mann verdient der ihn macht....

  • Diesen ÖPP Murks habe ich bereits seit mehreren Jahren verfolgt, da ich dieses Stück Autobahn der A1 des Öfteren gefahren bin.

     

    Dort hat es seit Anbeginn Probleme mit der Finanzierung seit Baubeginn gegeben. Schon bei den ersten Teilstücken musste der Staat mehr Geld zuschießen als ursprünglich geplant war.

    Es stand oft genug in den Zeitungen, wie der Unternehmerverbund immer wieder durch Planänderungen gezwungen war höhere Kosten zu veranschlagen, weil die Planung miserabel war.

    Auch gab es große Probleme bei der Instandhaltung und beim Winterbetrieb.

    Es gab einmal eine große Sendung im TV, bei der Probleme dieses Projekts aufgedeckt wurden.

    Bei der Recherche dazu, so die Journalisten, wurde ihnen immens großer Widerstand, sowohl von der Politik, wie auch durch den Betreiber, entgegen gebracht. Schon in der Doku, die nun schon einige Jahre zurück liegt, wurde deutlich, dass dieses Projekt zum scheitern Verurteilt war.

    So weit damals berichtet wurde, ist bereits ein Teil der Firmen in den Konkurs / Insolvenz gegangen.

     

    Wenn unsere Regierung nun propagiert weiterhin diese ÖPP Verträge aufzusetzen, ist das so als wolle man ein Scheitern Vorprogrammieren.

     

    Wenn man sich einmal anschaut, wie Vehement Dobrindt die Auto - Maut voran treibt, könnte man meinen, dass er durch diese weitere Probleme mit den ÖPP Verträgen schnellst möglich finanziell Absichern will, bevor es auch dort Probleme wie mit der A1 geben wird.

     

    Der Staat muss es schaffen, seine Kompetenzen durch Fachleute aufzubauen, mit der er in der Lage ist solche Projekte selbst stemmen zu können.

     

    Bis zum Beginn der Privatisierung der Schlüsselkompetenzen des Staates, funktionierte der Staat, auch wenn er in diesen Bereichen nicht gerade berauschende Gewinne gemacht wurden.

     

    Die Kernkompetenzen wie Wasser, Energie, Straßen, Schulen usw. gehören in Staatshand, damit eine sets angemessene Versorgung aller Bürger gewährleistet bleibt und nicht zu Spekulationsobjekten missbraucht werden oder zur Erpressung des Sta

  • "Farmer bleib bei deinen Nutzviechern oder den güllegetränkten Pflanzen", so heißt ein deutsches Sprichwort auf neudeutsch.

     

    Selbstverständlich besitzt die öffentliche Verwaltung Fachkräfte, die durchaus in der Lage sind Projekte zu planen und durchzuführen. Schließlich gilt es verschiedene Gesetzesnormen und andere fachliche Vorschriften zu beachten.

     

    Dass es in Deutschland so oft schief ging, liegt einfach an der kriminellen Intelligenz eines Unternehmertums, welches seit den Fünfziger Jahren in NRW durch geheime Absprachen dafür sorgte, dass Brücken hingepfuscht wurden, so dass sie jetzt abgerissen oder aufwändig saniert werden müssen.

     

    Ferner empfehle ich einmal eine Submission nach VOB durchzulesen und zu versuchen sie auch zu verstehen. Bezeichnenderweise sind es die Unternehmen, welche sich nicht daran halten und versuchen auf betrügerische Art und Weise den Auftrag an Land zu ziehen. Sicher auch mit Hilfe labiler Mitarbeiter der öffentlichen Hand. Doch, was der Staatsanwalt Bestechung nennt, das gilt in Unternehmen als "starkes Verkaufstalent".

     

    ÖPP ist immer teurer für den Steuerzahler und ein Geschenk an die Unternehmer. Der einzige Vorteil, den Bund, Länder und Kommunen daraus ziehen, das ist die Tatsache, dass die Investionen auf Jahre gestreckt werden und daher in der Bilanz nicht auffallen. Lediglich aus populistischen Motiven wird dann eine "schwarze" Null präsentiert oder die Verschuldung als "abnehmend" deklariert. ÖPP ist ein Betrug am Steuerzahler, an den Bürgern und dient allein der Mästung von Politikern und Unternehmern.

     

    Womit wir wieder in der Landwirtschaft angekommen sind.

  • Herr Mulke, als theoretische Anlayse mögen Sie recht haben.

    Setzt aber voraus, dass der Staat fehlerfrei weiß was er will und wie das geht, die Verwaltung die Sachkompetenz hat und auch bei Unvorhergesehenem effektiv arbeitet und entscheidungsstark ist.

     

    Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass sehr oft bis häufig genau das Gegenteil stattfindet. Murkst der Staat rum und hat einen Vorteil auf Kosten des UNternehmers... will er den für sich haben und spricht von "Risiko muss man schon tragen können". Gibt er falsche Rahmenbedingungen vor und es geht schief.. interessiert ihn das nicht; Untenehmerrisiko. Und macht der Unternehmer Gewinn, dann ist das total ungerecht, da auf Kosten der Allgemeinheit.

     

    Ohne den Sachveralt bei der Autobahn zu kennen, kann ich Sie nur bitten: Gehen Sie zu dem UNternehmen und lassen Sie sich deren Sichtweise erläutern. Ich wage die Behauptung: So einfach wird das nicht sein mit einer eindeutigen Bewertung. Genau diese Abwägung oder zumindest die Möglicheit, dass da ggf. auch mit falschen Rahmenbedingungen seitens des Saates operiert wurde bei der A1, das vermisse ich in Ihrem Kommentar.

    • @Tom Farmer:

      Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es viel häufiger so ist wie Herr Mulke es beschreibt.

      Es ist ein Märchen, das Verantwortliche in den Konzernen gerne verbreiten, dass der Staat der Feind der Wirtschaft ist. Richtig ist vielmehr, dass ein Staat auf eine gesunde Wirtschaft angewiesen ist und umgekehrt die Wirtschaft auf einen gesunden Staat.

      Wenn aber die Wirtschaft darunter leidet, dass vielmehr Geld angelegt und Rendite erwirtschaftet werden muss als Geld im Umlauf ist, Märkte stützt und der Wirtschaft nützt, dann kann der Staat nicht noch Pseudomärkte entwickeln.

      • @christian-65:

        Sie haben beide recht! Es ist sowohl richtig, daß "der Staat" (Kommunen und v.a. die Stadtstaaten) durch verschleppte und vereitelte Bezahlung maßgeblich Verantwortung für zahlreiche Insolvenzen kleiner und mittlerer Betriebe trägt, als auch, daß die großen Baukonzerne die meist reichlich überforderten/unterqualifizierten staatlichen Planer über den Tisch ziehen.

         

        Daß ÖPP ein teurer Taschenspielertrick ist, wußten eigentlch alle Beteiligten von Anfang an. ÖPP und Kommunismus haben gemeinsam, daß die jeweiligen ideologisch gefestigten Verfechter angesichts der zahlreichen Beispiele für krachendes Scheitern herausposaunen, es sei eben noch nie wirklich richtig gemacht worden.