Kommentar Ausstieg aus Desertec: Das Gazprom der Erneuerbaren
Bestens: Mit dem Ausstieg von immer mehr europäischen Firmen wächst die Wahrscheinlichkeit, dass Europa keinen Solarstrom aus Nordafrika beziehen wird.
V on den Grünen war am Wochenende zum Ausstieg von Eon und Bilfinger aus dem Desertec-Konsortium nichts zu hören. Aber zumindest insgeheim müssten sie erleichtert sein. Denn mit dem Ausstieg von immer mehr europäischen Firmen wächst die Wahrscheinlichkeit, dass Europa keinen Solarstrom aus Nordafrika beziehen wird.
Das Desertec-Projekt hätte gute Chancen gehabt, so etwas wie das Gazprom oder der Irak der Erneuerbaren zu werden: Es hätte die Abhängigkeit von einer instabilen Region befördert, die künftig notwendig werdende Sanktionen – wie jetzt gegen Russland– schwierig macht und im schlimmsten Fall Überlegungen zu Militärinterventionen reifen lässt.
Bei der Desertec-Initiative, aus der die deutschen Firmen jetzt ausgestiegen sind, wusste man um das Problem – und schlug daher vor, umfangreiche Gaskraftwerkskapazitäten in Europa als Reserve bereitzuhalten. Einige der beteiligten Firmen hätten damit doppelt abkassiert: einmal für Desertec, das zweite Mal für die Gaskraftwerke. Der Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare wäre so verzögert worden.
In der Desertec-Frage hatten Grüne und SPD ihre üblichen Rollen in der Energiepolitik vertauscht. Der schärfste Kritiker, der mittlerweile verstorbene Hermann Scheer, war Sozialdemokrat. Er fürchtete wegen Desertec um den Ausbau der Erneuerbaren in Deutschland.
Bei den Grünen hatte noch 2012 der damalige Abgeordnete Hans-Josef Fell eine Subvention über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorgeschlagen. Deutschen Konzernen sollte so auch der Umstieg auf Erneuerbare erleichtert werden. Jetzt haben beide unrecht behalten: Der Ausbau von Photovoltaik und Windkraft macht Desertec unrentabel. Das könnten die Grünen als ihre Erfolgsgeschichte verkaufen – hätten sie selbst nur genug an den Erfolg der deutschen Energiewende geglaubt.
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