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Kommentar Antisemitismus bei der AfDKein klares Signal

Sabine am Orde
Kommentar von Sabine am Orde

Die AfD tut sich schwer damit, sich gegen Antisemitismus abzugrenzen. Die Parteioberen verhakeln sich viel lieber in innerparteiliche Machtkämpfe.

Noch ist er in der AfD-Fraktion: Wolfgang Gedeon im Landtag von Baden-Württemberg Foto: dpa

W olfgang Gedeon verteidigt die „Protokolle der Weisen von Zion“, bezeichnet Holocaustleugner als Dissidenten und nennt den systematischen Massenmord an den europäischen Juden eine „Zivilreligion des Westens“. Interpreta­tions­spielraum bleibt da kaum: Diese Äußerungen des AfD-Landtagsabgeordneten aus Konstanz müssen als antisemitisch bezeichnet werden. Er selbst sieht das anders, von Einsicht keine Spur.

Mit seinem einstimmigen Ausschluss aus Fraktion und Partei könnte die AfD ein Zeichen setzen: dass sie diese letzte Grenze zum Rechtsextremismus zieht; dass Antisemitismus in der AfD ein No-Go ist – in der Partei also, in der völkisch-nationalistisches, rassistisches und neurechtes Denken längst ihren Platz haben. Die Grenze zum Antisemitismus zieht selbst der französische Front National.

Die AfD aber tut sich schwer damit. Bei einem ersten Votum in der Landtagsfraktion stimmten acht von 23 Fraktionsmitgliedern nicht gegen Gedeon. Acht Abgeordnete einer Parlamentsfraktion dulden also antisemitische Äußerungen, eine Grenzziehung halten sie nicht für zwingend. Ob die notwendige Zweidrittelmehrheit für einen Ausschluss Gedeons zustande kommt, galt am Montag als offen.

Und auch für den AfD-Bundesvorstand scheint eine Abgrenzung zum Judenhass nicht prioritär zu sein. Zwar grenzen sich verbal alle vom Antisemitismus ab, persönlich kann man den meisten von ihnen das sogar abnehmen. Doch sofort wird der Skandal in Baden-Württemberg machtstrategisch instrumentalisiert.

Da wirft Parteichefin Petry ihrem Ko-Chef, der auch Fraktionschef in Baden-Württemberg ist, in der Sache falsches Verhalten vor und hat im Sinn, diesen zu schwächen. Da koffert Ko-Chef Meuthen zurück und will letztlich Petrys Spitzenkandidatur für den Bundestag verhindern. Das ist vieles, aber eines ganz bestimmt nicht: ein klares Signal gegen Antisemitismus der AfD.

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Sabine am Orde
Innenpolitik
Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.
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10 Kommentare

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  • Ein klares Signal war da nie zu erwarten. Antisemitismus, Rassismus, völkisches Gedusel und ein faschistoides Welt- und Menschenbild gehören nunmal zum Markenkern der AfD. Nur weil man Nazis heute nicht mehr gerne Nazis nennt, sind sie doch noch lange nicht verschwunden.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Ist doch gut wenn es dem Meuthen-Flügel der AfD nicht gelingt diesen Antisemiten aus der Partei zu werfen.

     

    So wird immer klarer, was dieser Verein in weiten Teilen ist: Eine rassistische, völkische, antisemitische Hass-Partei.

     

    Und als solche sollte man sie auch behandeln. Und nicht den Fehler machen, vor dem Tucholsky schon vor

    mehr als 80 Jahren in seinem Gedicht: "Rosen auf den Weg gestreut" warnte:

     

    "Ihr müsst sie lieb und nett behandeln

    erschreckt sie nicht - sie sind so zart!

    Ihr müsst mit Palmen sie umwandeln,

    getreulich ihrer Eigenart!

     

    Pfeift eurem Hunde wenn er kläfft -

    Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft!"

  • Diese Partei wäre für mich ein Grund zum DEXIT, sollten die Wähler in Deutschland solche Ziele noch einmal wählen!

    Deshalb erwarte ich "den Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit" (Aufklärung I. Kant) der Souveränen Bürger in diesem Land. Bitte hinschauen: AfD Parteiprogramm 2016 https://www.alternativefuer.de/wp-content/uploads/sites/7/2016/03/Leitantrag-Grundsatzprogramm-AfD.pdf

    Die Ziele Kapitel 7,2 S.32 z.B. erachte ich als Verfassungswidrig. Darüber müssen wir uns selbst informieren und andere wählen!

    Nur weil unsere etablierten Politiker versagen, ist dies kein Grund auf freie Wahlen zu verzichten. Zur Erinnerung am 17. Juni 1953 sind deutsche Bürger für Freie Wahlen auf die Strasse gegangen und ca.55 von ihnen gestorben worden! https://www.dropbox.com/s/m82d3b9vjonj8fb/Screenshot%202015-09-07%2020.30.08.png?dl=0

  • Diese Partei hat immer mehr mit der Partei die Linken gemeinsam....

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Dideldidum:

      Ich sehe da schon ein Unterschied zwischen den Ansichten, die Israel als imperialistischen, USA-finanzierten Stachel im nahöstllichen, arabisch-exfastsozialistischen (Syrien, Ägypten) Raum sehen und auf der anderen Seite dem christlich-biologisch-völkisch begründeten rassistischen Antisemitismus.

       

      Keine Variante ist schön. Die zweite ist hässlicher.

      • @10236 (Profil gelöscht):

        Erwarten Sie nicht zuviel Differenzierungsvermögen. Nicht wenige "Freunde Israels" sind ja nur aus einem Grund froh über diesen Staat. Sie haben damit ein "Homeland", in welches sie die europäischen Juden abschieben können, wenn sie endlich mal wieder "dran" sind.

  • Och, dieser Herr Gedeon paßt doch sehr gut zur AfD. Ich würde seinen Ausschluß sehr bedauern. Denn wenn die Partei solche Propagandisten duldet, muß sie sich an ihnen messen lassen - und verschreckt damit wohl doch einige ihrer (potentiellen) Wähler.

  • Hat Herr Gedeon keine Familienmitglieder, die er befragen kann, oder Nachbarn, die jemand kannten, der jemand kannte und ihn dann vermißte?

  • ein ausschluss würde die afd wieder zu einer normalen partei machen,die neolibarale wertvorstellungen vertritt und bei thema islam mit lieberman einer meinung ist?danke liebe taz,das braucht es noch nach eurem kommentar über die "guten natomanöver"an der russischen grenze.