Kommentar Anti-G7-Proteste: Gute NGOs, böse Radikale
Dem G-7-Protest fehlte die Stärke, weil sich die Demonstranten haben spalten lassen: in gut und böse. Da kann man auch im Internet bleiben.
S ie haben, ohne Frage, das Beste draus gemacht. Am Ende waren es dann doch einige tausend Globalisierungskritiker, die zum Auftakt des Gipfels um Elmau herum unterwegs waren – unter höchst widrigen Umständen.
Voller Stolz hat Bayern dorthin die Herrscher der Welt eingeladen, die Demonstranten aber wollte es nicht. Verbote, Warnungen, Diskreditierung – deutlich offensiver als bei anderen politischen Großveranstaltungen hatte vor allem die CSU versucht, den Protest aus der hübschen Alpenkulisse fernzuhalten. Es sollte für sie keine Camps geben, fast keine Demorouten und, versteht sich, „null Toleranz“.
Am Ende ließen sich viele davon nicht abschrecken. Sie kamen und erinnerten vor den Toren des Gipfels daran, dass die mächtigen Staaten die Welt bislang noch immer so eingerichtet haben, dass sie fast alles bekommen und sehr viele andere fast nichts.
Die Stärke aber, mit der die Aktivisten ihre weitgehend gleichlautende Anklage schon in Heiligendamm vorgebracht hatten, fehlte. Und daran ist keineswegs nur die CSU schuld. Auch nicht der Umstand, dass heute viele sozial Bewegte nicht ganz zu Unrecht die Gipfel für einen albernen Zirkus halten, dem nicht zu viel Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.
Nein, die Überschaubarkeit des Gipfel-Widerstands ist zu einem guten Teil hausgemacht. Die G-7-Gegner haben, grob gesprochen, genau die Spaltungslinie nachvollzogen, die die Polizei aufgemacht hatte: hier die guten NGOs, da die bösen Radikalen. Bis auf die wackere Linkspartei machte sich keine der großen Organisationen die Mühe, in Elmau Präsenz zu zeigen. Sie taten der CSU in vorauseilendem Gehorsam den Gefallen und beschränkten ihre Aktionen auf das ferne München. Wer das für Protest hält, kann auch gleich im Internet bleiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen