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Kommentar Anti-G7-ProtesteGute NGOs, böse Radikale

Christian Jakob
Kommentar von Christian Jakob

Dem G-7-Protest fehlte die Stärke, weil sich die Demonstranten haben spalten lassen: in gut und böse. Da kann man auch im Internet bleiben.

Seifenblasen gegen G7. Foto: reuters

S ie haben, ohne Frage, das Beste draus gemacht. Am Ende waren es dann doch einige tausend Globalisierungskritiker, die zum Auftakt des Gipfels um Elmau herum unterwegs waren – unter höchst widrigen Umständen.

Voller Stolz hat Bayern dorthin die Herrscher der Welt eingeladen, die Demonstranten aber wollte es nicht. Verbote, Warnungen, Diskreditierung – deutlich offensiver als bei anderen politischen Großveranstaltungen hatte vor allem die CSU versucht, den Protest aus der hübschen Alpenkulisse fernzuhalten. Es sollte für sie keine Camps geben, fast keine Demorouten und, versteht sich, „null Toleranz“.

Am Ende ließen sich viele davon nicht abschrecken. Sie kamen und erinnerten vor den Toren des Gipfels daran, dass die mächtigen Staaten die Welt bislang noch immer so eingerichtet haben, dass sie fast alles bekommen und sehr viele andere fast nichts.

Die Stärke aber, mit der die Aktivisten ihre weitgehend gleichlautende Anklage schon in Heiligendamm vorgebracht hatten, fehlte. Und daran ist keineswegs nur die CSU schuld. Auch nicht der Umstand, dass heute viele sozial Bewegte nicht ganz zu Unrecht die Gipfel für einen albernen Zirkus halten, dem nicht zu viel Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.

Nein, die Überschaubarkeit des Gipfel-Widerstands ist zu einem guten Teil hausgemacht. Die G-7-Gegner haben, grob gesprochen, genau die Spaltungslinie nachvollzogen, die die Polizei aufgemacht hatte: hier die guten NGOs, da die bösen Radikalen. Bis auf die wackere Linkspartei machte sich keine der großen Organisationen die Mühe, in Elmau Präsenz zu zeigen. Sie taten der CSU in vorauseilendem Gehorsam den Gefallen und beschränkten ihre Aktionen auf das ferne München. Wer das für Protest hält, kann auch gleich im Internet bleiben.

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Christian Jakob
Reportage & Recherche
Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien von ihm im September 2023 "Endzeit. Die neue Angst vor dem Untergang und der Kampf um unsere Zukunft". 2022 und 2019 gab er den Atlas der Migration der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit heraus. Zuvor schrieb er "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek); alle erschienen im Ch. Links Verlag. Seit 2018 ist er Autor des Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt. 2020/'21 war er als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg. Auf Bluesky: chrjkb.bsky.social
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11 Kommentare

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  • 1G
    12294 (Profil gelöscht)

    Nichts, Dhimitry. Zumindest hat man wenig davon gehört. Aber sie haben es ja auch nur gut gemeint!

  • Das Ziel sollte auch hier wie bei allen übermächtigen Gegnern eine asymmetrische Form der Demos sein.

     

    Wenn die Polizei der BRD in Elmau sitzt, ist, wie es sich gezeigt hat, in Leipzig wenig Polizei. Auf solche Aktionen sollte mehr geachtet werden.

  • Guten Tag - lese ich hier zwischen den Zeilen ein wenig Trauer darüber, dass es keine radikalen Auswüchse gab bzw. sich diese Gruppierungen nicht -wie sonst- zwischen normalen Demonstranten verstecken konnten, um aus dem Hinterhalt anzugreifen? Aber vielleicht, vielleicht ist auch nur Montag Morgen und ich verlese mich. Soll ja vorkommen.

    • @Realpolitiker :

      ich habe es allerdings ebenso verstanden, dass man das, was sonst häufig genug gefordert wird - dass man nämlich gewaltfrei demontriert und sich von den Steine- oder gar Brandsätze Werfern klar abgrenzt - hier eher bedauert wird. Wobei ich denen angehöre, die eine solche Distanzierung klar befürworten, weil Gewalt nicht zum Ziel führt, sondern den Protest diskreditiert, erst recht wenn sie von Bürgersöhnchen ausgeht, die mit 30 dann "ihre wilden Jahre hinter sich" haben und Karriere machen.

  • Der Protest gegen "den Kapitalismus" ist eigentlich sowieso unverständlich. Es gibt doch die Freiheit für jeden, der lieber in einem nichtkapitalistischen Systen leben würde, auszuwandern. Wenn jemand das System in Nordkorea besser findet, kann er/sie doch sein Glück dort suchen.

  • Verstehe ich das jetzt falsch oder bedeutet das, dass ohne "Erlebnischarakter" weniger demonstrieren?

     

    Ich denke, es lag sehr viel an der Organisation vor Ort. Das (teilweise) überflutete Camp war ein Reinfall "mit Ansage". Die Freude hätte man der bayerischen Staatsregierung ersparen können.

  • Ja, danke für den Beitrag, lieber Christian. Das trifft schon eher das, was ich heute früh gemeint hatte. Und ich stimme Albrecht zu, in den nächsten Tagen Beiträge zu Aktivisten die vor Ort waren...und evtl. auch einige zu denen, die eben nicht vor Ort waren.

    Das Thema ist sooo wichtig...und vor allem ...wie geht es weiter nach Montag...bin gespannt.

  • Grundsätzlich bedenkenswerter Kommentar - wäre schön, wenn die TAZ in den nächsten Tagen Aktivisten verschiedener Gruppierungen zu Wort kommen ließe, die vor Ort waren. - Lediglich die Ironie hinsichtlich der "wackeren" Linkspartei hat sich mir nicht erschlossen: Seien wir doch froh, daß wenigstens eine der Bundestagsparteien Flagge gezeigt hat!