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Kommentar Anonymes SurfenKeine Ausreden mehr

Kommentar von Svenja Bergt

Seine Daten im Netz auch eigenverantwortlich zu schützen ist heute viel einfacher als früher. Hilfsmittel gibt es genug.

Hundertprozentige Anonymität im Netz gibt es nicht. Aber kleine Schritte zählen Foto: Daniel Reinhardt/dpa

A lles viel zu kompliziert. Bringt ja eh nichts. Und der Klassiker: Ich hab doch nichts zu verbergen. Die Auswahl an Ausreden, sich bloß nicht mit dem Schutz der eigenen Daten im Netz auseinandersetzen zu müssen, ist groß. Die Bereitschaft, tatsächlich etwas zu tun, dagegen klein. Dafür kann es nur einen Grund geben: Faulheit. Denn sich ein kleines oder ein großes bisschen mehr an Privatsphäre zu verschaffen mag noch vor zehn Jahren schwierig und aufwendig gewesen sein. Aber die Netzwelt ist längst eine andere.

Einen Tor-Browser zu installieren, ist heute nicht komplizierter, als eine Waschmaschine zu bedienen. Das Installieren klappt sogar, wenn man noch nicht einmal weiß, was ein Browser ist, das wird dabei netterweise nämlich gar nicht abgefragt. Jedes Anfahren am Berg fordert mehr Zeit und Nachdenken als ein kurzer kritischer Blick auf die eigenen Onlineaktivitäten und die genutzte Software.

Zu einem E-Mail-Provider, der nicht alle Mails automatisch auf werberelevanten Inhalt scannt, lässt sich mit wenigen Klicks wechseln. Für einen Euro im Monat gibt es sogar den Luxus, dass nicht einmal der Anbieter weiß, wie man heißt und wo man wohnt.

Facebook-freie Messenger sind mittlerweile diverse im Angebot und sie sind nicht eine Nuance schwieriger zu bedienen als der Marktführer. Und Werbung zu blocken ist zwar für die Seitenbetreiber fies, führt aber meist zum richtigen Ergebnis, nämlich die Verfolgung durch haufenweise Werbeskripte gleich mitzublockieren.

Es sind die kleinen Schritte

Natürlich bietet nichts davon hundertprozentigen Schutz. Aber soll das ein Argument dagegen sein? Klimaschutz ergibt also nur dann Sinn, wenn man weder fliegt noch Auto fährt, auf Fleisch verzichtet und im Energie-plus-Haus wohnt? Im Gegenteil. Es sind die kleinen Schritte.

Jede persönliche Information, die nicht in den Händen datensammelnder Unternehmen landet, die nicht deren Geschäftsmodell füttert und die angelegten Profile anreichert, ist ein Gewinn. Es spricht also nichts dagegen, anzufangen. Jetzt. Damit der Wert der eigenen Daten nicht erst dann auffällt, wenn es zu spät ist.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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11 Kommentare

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  • Zitat: „Die Auswahl an Ausreden, sich bloß nicht mit dem Schutz der eigenen Daten im Netz auseinandersetzen zu müssen, ist groß. Die Bereitschaft, tatsächlich etwas zu tun, dagegen klein.“

    Wohl dem, der keine Ausrede braucht, weil er nicht an die Allmacht datensammelnder Unternehmen glaubt, sondern an eine (gewisse) Schwarmintelligenz und a) die Verantwortung für den Schutz der eigenen Daten delegieren kann oder b) die Daten so präpariert, dass sie selbst noch gestohlen einen (guten) Zweck erfüllen.

    Viva la pereza! Scheiß auf Privatsphäre! Wettrüsten ist Mist!

  • Wenn man Lust hat, auf vielen Seiten ein paar Captchas zu bestätigen, und auf wichtigen Seiten ganz ausgesperrt zu sein, dann ist Tor eine gute Wahl.

    Auch schön ist, daß man manchmal bei der Installation von Software über Tor modifizierte Binaries bekommt. Neuere Browser prüfen die glücklicherweise.

  • Das Fazit passt, klar. Technisch hat sich einiges getan, viele (in D 29%) benutzen Werbeblocker. www.heise.de/newst...ozent-3614301.html. Das betrifft Desktop, Mobil ist noch ein Jammertal, obwohl es auch dort freie Browser (Firefox) mit Werbeblocker-Plugins gibt. Bei Apps ist es schwieriger.

    Dennoch sind die *strukturellen* Hürden weiterhin groß und es kommen neue hinzu:

    Wer alle Freunde oder Familie über WhatsApp laufen hat, kann nicht einfach wechseln.

    Viele kommerzielle Seiten sind unbrauchbar, wenn man den Wanzencode rausfiltert. Weil die Betreiber/Entwickler der Seiten für ihre Bequemlichkeit mit den Daten der Seitenbesucher bezahlen, natürlich ohne jene zu fragen, DSGVO hin oder her.

    Google hat gerade verkündet, dass sein Login nur noch mit angeschaltetem Javascript funktioniert: www.heise.de/newst...cript-4208557.html. 'Nur "eine kleine Minderheit" entscheide sich dafür, die Skriptsprache lieber abgeschaltet zu lassen. ... Die Anwender sollen JavaScript zumindest für den Login einschalten. Ein alternatives Anmeldeverfahren gibt es nicht.'

    Alter Schwede. Mit eingeschränkt erlaubtem Javascript (NoScript) surfen die, die selber entscheiden wollen, welchen Code und andere Ressourcen wie Fonts, Icons (aka: welche Wanzen) von wo eine Seite ausführt oder einbindet. Das betrifft Google und alle anderen Datenhehler natürlich massiv. Mein Werbeblocker blockt selbst auf dieser Seite 61% der Anfragen, die die Seite macht, und mein NoScript sorgt u.a. dafür, dass speziell Google draußen bleibt. Super Ladezeit, nebenbei. Trotzdem kann ich hier alles lesen, mich einloggen und kommentieren. Vielleicht sollte die taz Google mal erklären, wie man Login-Boxen programmiert, die brauchen offensichtlich professionelle Hilfe. Und von wegen "kleine Minderheit": Surft man mit kontrolliertem Javascript, staunt man, wie viele Seiten ums Anschalten bitten.

    • @uvw:

      "Wer alle Freunde oder Familie über WhatsApp laufen hat, kann nicht einfach wechseln."

      Bullshit, die Person darf dann höchstens erfahren, dass all ihre Freunde und Familie sich so wenig um ihre Interessen scheren, dass sie nicht einmal bereit sind einen weiteren Messenger zu installieren.

      Ich empfehle den eigenen Umstieg einen Monat vorher anzukündigen und entsprechend Werbung zu machen.



      Wer dann nicht folgt, kann so wichtig nicht sein und bei Signal z.B. brauchen sie sich auch keinen Nutzernamen aussuchen oder etwas neues lernen, funktioniert fast genau so wie Whatssapp nur gehört nicht zu FB und sammelt nach meinem aktuellen Kenntnisstand keine Metadaten.

      "Viele kommerzielle Seiten sind unbrauchbar, wenn man den Wanzencode rausfiltert."

      Quatsch mit Soße, probiere es aus und blocke mit Noscript einfach einmal alle skripts. Funktioniert wunderbar und wenn nicht lässt du sie nach und nach wieder zu. connect.facebook.com habe ich noch auf keiner Seite für die ursprüngliche Funktion gebraucht.



      Einzig Imgur hat eine platform.twitter.com Fixierung.

      "Surft man mit kontrolliertem Javascript, staunt man, wie viele Seiten ums Anschalten bitten"

      Lesen kannst du die meisten trotzdem, nur für aktive features wird JS benötigt.

      • @Pleb:

        "die Person darf dann höchstens erfahren, dass all ihre Freunde und Familie sich so wenig um ihre Interessen scheren"

        Was, die Welt dreht sich ausgerechnet um Sie? Gut, daß wir das mal erfahren haben.

        "probiere es aus und blocke mit Noscript einfach einmal alle skripts"

        Das habe ich früher gemacht, seit einem Jahrzehnt ist fast jede Seite unbrauchbar - nicht, weil die Funktion benötigt wird, sondern weil z.B. die TAZ die Kommentarfunktion per Wackeldackelscript macht. Andere Seiten bleiben einfach weiß oder schwarz.

      • @Pleb:

        "Wer dann nicht folgt, kann so wichtig nicht sein und bei Signal z.B. ..."

        Kein Bullshit. Technisch ist es kein Problem zu wechseln, aber die Motivation ist gering. Du kannst je nach Umfeld nicht mal eben 50 Leute überzeugen, dass Datenschutz ene Rolle spielt. 5 installieren einen zweiten Messenger. Besser als nix, ja. Ich benutze kein WhatsApp, habe aber einen Teil des Signal-UIs übersetzt. Ja, das Signal, dessen Verschlüsselung dann in WhatsApp closed source weiterverwendet wurde. Also keine Verschlüsselung mehr ist.

        "Quatsch mit Soße, probiere es aus und blocke mit Noscript einfach einmal alle skripts"

        Ich hätte das nicht geschrieben, wenn ich nicht seit Jahren mit NoScript unterwegs wäre und das nicht meine Alltagserfahrung wäre. Ich weiß, wie man NoScript bedient und konfiguriert. Bei den einen fehlen ganze Seitenteile, speziell extern gehosteter Content, bei anderen ist die Navigation unleserlich, bei wieder anderen ist das Layout zerhauen.

  • Kommt ein bischen überheblich rüber.



    Es gibt genügend Gegenargumente - mit tor ist das Netz z.B. viel langsamer, weil die ganze Routerei reichlich Tempo kostet.



    Auch kann die Autorin vielleicht mal erklären, welche Anonymität mit einer Kontoverbindung verbunden ist...

  • Und, wo ist jetzt die Anleitung, die auf der Erkenntnis dieses Artikelschreibers beruht - Fehlanzeige, wie immer. Bla-Sülz, Tor-Browser ... so kommt niemand weiter!

  • Warum wird dieser Artikel in der taz unter „öko“ im Menü eingeordnet? Geht mal raus in den Park, an die Spree, ... ohne Handy!

    • @Rudolf Fissner:

      Da steht doch dick /NETZökonomie hinter.

  • Da wären ein paar Links ja schon hilfreich gewesen...