Kommentar Alibaba expandiert: Zur Kooperation gezwungen
Der chinesische Online-Gigant Alibaba bastelt an einem weltweiten Logistiknetz. Das ist vor allem eine Kampfansage an Hermes und DHL.
Z alando dürfte erstmal nicht chinesisch werden. Zwar kocht die Gerüchteküche hoch, dass der Berliner Onlineversandhändler, die bislang einzige ernstzunehmende deutsche Antwort auf Amazon, demnächst vom chinesischen Online-Giganten Alibaba geschluckt werden könnte. Doch das ist unwahrscheinlich.
Alibaba schielt auf die Konsumenten im eigenen Land. 300 Millionen weitere Kunden, die in den nächsten Jahren in China zur Mittelschicht aufsteigen und erstmals überhaupt mit Massenkonsum in Berührung kommen werden, sind für Alibaba weitaus lukrativer als die deutschen Konsumenten in einem weitgehend gesättigten Markt.
Zalando ist zudem ein Versandhandel mit Waren in eigenen Hallen. Alibaba hingegen will traditionelle Händler gar nicht ersetzen, sondern sie vielmehr über seine Plattformen in ein umfassendes Netzwerk einbinden. Derzeit bastelt das chinesische Unternehmen an einem weltweiten Logistiknetz. Das allerdings birgt sehr viel größere Gefahren.
Alibaba will ein Netz schaffen, über das binnen 72 Stunden Waren von jedem und zu jedem Punkt der Welt transportiert werden kann. Das Logistikhub im belgischen Lüttich ist nur eins von vielen, das Alibaba derzeit für diesen Zweck errichtet. Übernahmen wie die des Berliner Startups Data Artisans dient den Chinesen lediglich dazu, sich noch mehr technisches Wissen anzueignen.
Hermes muss schon jetzt kooperieren
Alibaba hat es mit dieser Strategie nicht so sehr auf Zalando abgesehen, sondern auf Hermes und DHL. Die deutschen Logistikdienstleister werden nicht so rasch ein so weltumfassendes Netz schaffen können, wie es nun Alibaba vorhat. Um im Geschäft zu bleiben, werden sie vielmehr das von Alibaba mitnutzen müssen. Schon jetzt sieht sich Hermes gezwungen, mit Alibaba eine Kooperation einzugehen.
Zehn Millionen Händler und zwei Milliarden Konsumenten will Alibaba auf diese Weise in den kommenden Jahren gewinnen. Für Zalando interessiert sich in China niemand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste