Kommentar Abgang Hubertus Knabe: Eine Chance für das DDR-Gedenken
Die Entlassung des Direktors der Gedenkstätte Hohenschönhausen war überfällig. Die Zukunft des Hauses steht nun auf dem Spiel.
P raktisch unangefochten bestimmte Hubertus Knabe 17 Jahre lang den Kurs der Gedenkstätte Hohenschönhausen. Seinen Führungsstil und die gelegentlichen politischen Querschüsse des Historikers als „streitbar“ und „kontrovers“ zu bezeichnen, ist beinahe euphemistisch. Als tapferer kalter Krieger verfocht Knabe mit der Autorität seines Amtes wie die Jesses und Baberowskis dieser Welt eine krude Hufeisentheorie, also die empirisch kaum zu begründende Gleichsetzung von rechts und links.
Dass er damit der Gedenkstätte und ihrem Ruf schweren Schaden zufügte, hat Knabe selber natürlich nie so wahrgenommen. Der Kulturkampf um die Deutung der DDR-Vergangenheit wurde in einer Art und Weise geführt, die eine würdige Erinnerung an die Verbrechen der Diktatur in den Hintergrund drängte. Dagegen vorzugehen, fehlte den Gremien der Gedenkstätte und ihren Finanziers in Bund und Land über anderthalb Jahrzehnte offenbar Kraft und Willen.
Fallen sollte Knabe nun über einen anderen, viel zu lange laufenden Skandal: den eines strukturellen Sexismus im Arbeitsumfeld der Gedenkstätte. Es ist keine Frage, dass die bekannt gewordenen Vorwürfe die Entlassung des Direktors dreimal rechtfertigen würden. Dass es aber diese brauchte, um den Stiftungsrat zu einer einstimmigen Entscheidung zu bringen, ist ein wenig enttäuschend.
Nichtsdestotrotz ist es gut, dass das Drama zu einem Ende gekommen ist. Die Entscheidung, die frühere Bundesbeauftragte für Stasiunterlagen, Marianne Birthler, für den Übergang als Vertrauensperson für die MitarbeiterInnen der Gedenkstätte einzusetzen, macht Hoffnung. Hoffnung, dass es der Stiftung ernst ist, einerseits alles für ein respektables Arbeitsklima zu tun und andererseits die Gedenkstätte als wichtiges Zentrum der Erinnerungsarbeit zu erhalten.
Birthler ist jeder Sympathie für die Apologeten des Stalinismus unverdächtig, war aber in ihrer früheren Funktion weitaus zurückhaltender im politischen Tagesgeschehen als andere Prominente der Aufarbeitungsszene.
Von entscheidender Bedeutung für die kommenden Monate ist nun ein transparenter Prozess der Nachfolgesuche für die Leitung der Gedenkstätte. An deren Ende muss eine Person gefunden sein, die von Opferverbänden, Wissenschaft und Politik gleichermaßen respektiert werden kann. Ihre Aufgabe wird es sein, die MitarbeiterInnen mitzunehmen auf einem Weg, auf dem die Gedenkstätte wieder zu einem Ort wird, an dem Ideologie und ihre Verbrechen zwar schonungslos dargestellt werden, aber ohne sich dabei selber in fragwürdigen Ideologemen zu verlieren.
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