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Kolumne Wir retten die WeltOhne Türken kein Schweinebraten

Bernhard Pötter
Kolumne
von Bernhard Pötter

Warum Multikulti auf dem Teller gut ist. Und warum die Pedigisten falschliegen – nicht nur, wenn sie „Kartoffel statt Döner“ wollen.

Weil's schmeckt: Döner, Pizza, Curry mit Schranke Bild: dpa

D as Schild war so dämlich, dass es mich den ganzen Tag beschäftigte. Morgens beim Frühstück hatte ich es in der taz gelesen. Den ganzen Vormittag am Schreibtisch kroch es dann immer wieder aus meinem Hinterkopf hervor. Nachmittags fand ich es im Netz. Die Lügenpresse hatte ganze Arbeit geleistet: Von FAZ bis Focus und n-tv, ziemlich viele schrieben, was ihnen das Propagandaministerium befohlen hatte: dass bei der „Kögida“-Demonstration in Köln eine Frau ein Schild hochhielt, auf dem stand: „Kartoffeln statt Döner“.

Nicht jeder muss „Döner mit scharfe Soße und alles“ mögen, auch wenn zu Studienzeiten viele Kommilitonen ohne den türkischen Imbiss um die Ecke schlicht verhungert wären.

Man kann über Geschmack nicht streiten und deshalb ruhig der Meinung sein, die Immigration von Olivenöl, Hartweizenpasta, Couscous, Rucola, Kalamares, Tapas, Sushi (obwohl Artenschutzalarm: roter Thunfisch), Guacamole, Khumbi Panir Masala oder Nr. 47 habe uns nicht aus der Hölle von Schweinebauch mit brauner Soße erlöst. Aber man braucht schon den IQ einer Bratpfanne, um das Andengewächs Kartoffel als urdeutsche Pflanze zu betrachten.

Angebräunte Ökos bedienen sich gern bei den Naturwissenschaften, um ihren Rassismus zu belegen. Vor einigen Wochen versuchte die Schweizer Initiative „Ecopop“, Einwanderung und Bevölkerungswachstum mit Öko-Begründungen zu begrenzen.

Charles Darwin konnte sich nicht wehren

Der große Charles Darwin konnte sich nicht dagegen wehren, dass seine Beobachtung vom „Survival of the fittest“ sozialbiologisch zum Recht des Stärkeren umgebogen wurde. Gern warnen auch erst einmal unverdächtige Zeitgenossen vor der „Bevölkerungsexplosion“ in den Ländern Afrikas oder Asiens. Alte und neue Nazis sind schnell dabei, angeblich urdeutsches Brauchtum und urdeutsche Natur mit Argumenten des Artenschutzes zu propagieren.

Tatsächlich werden manche eingewanderten Arten von Pflanzen oder Tieren hartnäckig verfolgt, weil sie bestehende Ökosysteme zerstören. Aber die Analogie zu Immigranten, die zu uns kommen, ist nicht nur zynisch und menschenverachtend, sondern schlicht dumm. Ein Land ist ein soziales Gefüge – und kein Ökosystem. Wir machen unsere Regeln des Zusammenlebens selbst und unterliegen kaum noch den Launen der Natur. Im Gegenteil: Im Anthropozän, dem Menschen-Zeitalter, drücken wir der Erde unseren Stempel auf.

Wir sollten uns nicht auf ein Niveau mit dem biologistischen Quatsch rechter Dumpfbacken begeben: Selbst wenn die Natur auf sortenreine Trennung der verschiedenen Gruppen achten würde, wäre es immer noch richtig, mit Menschen aus anderen Kulturen und Ländern friedlich zusammenzuleben.

Daran ändert auch das mörderische Attentat auf Charlie Hebdo nichts. Aber das dämliche „Kartoffel statt Döner“-Denken (?) übersieht, dass nicht nur bei uns Menschen, sondern auch in freier Wildbahn Mulitkulti oft tadellos funktioniert. Ein- und Auswanderung ist bei Pflanzen und Tieren Alltag. Inzwischen haben sich 800 „Neobiota“ in Deutschland etabliert, die meisten im 20. Jahrhundert, die allermeisten ohne Probleme, meldet das Bundesamt für Naturschutz.

Pegidisten profitieren übrigens wie wir alle von diesen Grenzüberschreitungen: Je mehr Arten im Wald stehen, desto sicherer ist er gegen Sturm und Krankheiten. Die angeblich deutsche Eiche ist als globalisierter Baum praktisch überall zu Hause. Unser geliebter deutscher Schweinebraten stammt von Tieren, die zuerst in der Osttürkei domestiziert wurden. Und ohne den Erfindungsreichtum der Brauer aus dem alten Ägypten und dem Iran gäbe es (schluck!) kein deutsches Bier.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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11 Kommentare

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  • ein bischen Geschichte: Troja lag/liegt auf dem Gebiet der heutigen Türkei! Byzanz-Konstantinopel-.Istanpul 3 Namen für eine Stadt-oströmisches Reich bis c 1500, Türkei, gegründet 1923, also ein geschichtliche Spanne von fast 2.500 Jahren, da von einer Einwanderung zu sprechen ist schon ein bischen weit hergeholt!

  • Da hatte ein "Mensch" in einem anderen Forum "Berechtigte Sorgen" ums Abendland,

    .

    Ich fragte, bekam aber leider Keine Antwort :-))? Text in "..." Sind Zitate! Mehr stand nicht drin!

    ============================

    "Es dauert nicht mehr lange":

    Welcher Zeitrahmen 1.000Jahre,.

    .

    "dann gibt es unsere Heimat nicht mehr.":

    Welche? Die des Nachnamens oder die im Augenblick ( der Nachname lies auf 1.-3. polnische /böhmische Einwanderunsgwelle schliessen).... .

    .

    "Dann steht Mozert-Musik,":

    Ist jetzt Mozart, Mozzarella oder Moschee gemeint?.....

    .

    "Emmenthaler,":

    Kvehlen Muthes Edlehr. dero Kas is noch nit gegesst!,

    .

    "und Pilz (Bier),"

    die PilZener (Böhmen) finden das schon lange schlimm das Buddweiser aus USA kommt! .....

    .

    "nicht mehr für Deutschland ein, sondern USA"

    .

    .... nur mal so am Rande ca 80-90% der "Made in Gemany"(die Übersetzung "Wurm drin in Deutschland" ist falsch:-)) ) sind Zulieferteile aus anderen Ländern, ......aber bei einem gebe ich dir recht TTIP ist schlimm und darf nicht so durchkommen......

    .

    ######

    Das steht hier nicht aus Überheblichkeit gegenüber solcher weit verbreiteter Art zu "denken" vielerMenschen, sondern um mal den Horizont solcher Argumente klar zu machen.

    .

    Gruss Sikasuu

  • Ist das jetzt so gedacht, dass im "Menschen-Zeitalter" die, die gegen das soziale Zusammenleben sind und Morde an Menschen mit unliebsamer Meinung begehen, ausgesondert werden müssen?

  • Die Aussage mit der Kartoffel könnte auch als Antwort auf die in bestimmten Kreisen durchaus verbreitete Bezeichnung von authochtonen Deutschen als "Kartoffeln" gemeint sein.

  • Deutschland findet den Supertroll :)

    Herzlichen glückwunsch der Dame!

  • Sind sie sicher, dass es die Türkei schon gab, als das Wildschwein domestiziert wurde?

    • @otto:

      Natürlich nicht. Die Vorfahren der heutigen Türken sind mehrheitlich(!) irgendwann ab 1000 n.Chr. nach Kleinasien eingewandert. Endpunkt war dann die Eroberung von Konstantinopel, das Anfang der 1920er Jahre in Istanbul umbenannt wurde.

      • @HugoHabicht:

        Wow! Gratuliere zu Ihren Geschichtskenntnissen! Sie unterschlagen glatt etliche Hunderte von Jahren osmanischer Herrschaft in Istanbul, wenn Sie meinen, Konstantinopel wäre erst 1920 in Istanbul umbenannt worden.

        Zu ihrer Erinnerung: Istanbul wurde bereits 1453 von den Osmanen erobert.

    • 9G
      970 (Profil gelöscht)
      @otto:

      Klar, und die Deutschen haben damals noch gejagt! Damals Wildschweine, heute Muslime...

      • @970 (Profil gelöscht):

        naja , also die jetzige Türkei wurde 1923 "gegründet" und ist nicht mal 100Jahre alt, vorher wars mal das römische Ostreich unter Byzanz usw, da hat man sicher auch Schweine gegessen, die Deutschen, naj, also Karl der Grosse , der sich als direkter Nachfolger Cäsars fühlte mit seinem römischen Reich / das deutscher Nation kam erst viel später) fühlte sich im Grunde mehr als Römer, denn als Deutscher, eine deutsche Nation gabs erst 1871, im Sinne Deutschlands, vorher war es Einzelstaaten .Bund?, und ohne Bayern kein Deutschland , Heil DIR Kini Ludwig! also, als die Germanen oder andere Volksstämme das UR in den Urwäldern jagte und Asterix und Obelix die Wildschweine jagten, gabs kein Deutschland und schon gar keine Türkei! und es gab auch keine Christen und schon gar keine Molslems!

        • @Georg Schmidt:

          Den BESTEN Wildschweinbraten habe ich so in den 70ger Jahren auf einen Waldparkplatz hinter Trabzun in den Bergen gegessen. Mit edelem (türkischem) Wein und Rakki satt:-)

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          Wir wurden von 5 Jägern eingeladen, die eine gr. Frischling geschossen hatten und dort grillen wollten:-)) Wir waren die "christliche" Deckung für den Braten, die Spiesse......., falls doch mal jemand vorbei kam:-)).

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          Haben dann auch versprochen im Umkreis von 500Km nicht über dieses "Festmal" zu erzählen :-))