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Kolumne Pflanzen essenIn your face

Eine Frau lässt sich „Vegan“ auf die Stirn tätowieren? Das gibt Ärger im Internet. Dabei haben wir doch das Glück, über unseren Körper zu bestimmen.

Vegane Bekenntnisse: Auf die Wand schreiben ist nur der Anfang Foto: photocase/zach

Woran erkennt man einen Veganer? Er wird es dir sagen.“ Hö hö. So weit die Uraltversion des wohl bekanntesten Veganer-Witzes.

Bei der neuen Witzversion muss die Antwort allerdings lauten: Er wird es dir zeigen! So, wie Kate Bullen aus Preston in England. Die junge Frau ließ sich nämlich Ende Januar das Wort „Vegan“ auf die Stirn tätowieren. Das Selfie, das sie anschließend auf Twitter postete, ging um die Welt.

„Ich habe mir das Tattoo machen lassen, weil ich leidenschaftliche Veganerin bin und weiß, dass ich für den Rest meines Lebens vegan sein werde“, betont Bullen. Viele Menschen applaudieren ihrem Entschluss.

Dass sie natürlich nicht nur positive Reaktionen auf ihr unübersehbares Statement bekommen würde, war Bullen vorher klar. Hass-Kommentaren von engstirnigen Internettrollen bietet sie aber die Stirn: „Ich denke, dass die Aufregung einer Verteidigungshaltung entspringt, weil ich die Leute dazu ermutige, über die Konsequenzen ihrer Aktionen nachzudenken. Die Menschen haben komplett den Bezug verloren zu dem, was sie essen, sodass sie vergessen, dass dies fühlende Wesen sind, die Schmerz spüren und Emotionen haben, genau wie wir.“

Der Vleisch (veganes Fleisch) gewordene Denkzettel auf Bullens Stirn sorgte nicht nur bei Twitter für Furore. „Die Unmenge an fiesen, negativen Kommentaren, die ich unter dem Bild von dem Vegan-Tattoo löschen musste, ist wirklich ekelhaft“, meint dazu Jordan McCrea, der Tätowierer von Kate Bullen. „Auch, wenn ich selber kein Veganer bin und höchstwahrscheinlich nie sein werde, respektiere ich sie“, schreibt er.

taz am wochenende

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Weil sie für das, woran sie glaube, kämpfe, weil sie stolz darauf sei und es zeige. Und dass sie all das mache, „ohne auch nur ein einziges Mal zu versuchen, mich zu ‚konvertieren‘, so, wie es immer über Veganer behauptet wird. Das eigene Leben muss wirklich langweilig sein, wenn man sich lustig darüber machen muss, wie andere leben oder was sie mit ihrem Körper machen“, schreibt Jordan McCrea weiter.

Meine Meinung? Mit Trollen halte ich es frei nach Jonathan Swift: „Engstirnige Menschen sind wie Flaschen mit einem engen Hals, je weniger darin ist, desto mehr Geräusch entsteht beim Ausschütten.“

Und ob sich jemand nun seine Lebensphilosophie auf die Stirn, oder aufs Hinterteil tätowieren lässt, geht mir am selbigen vorbei. Wir haben das große Glück, uns frei entscheiden zu dürfen, was wir mit unseren Körpern machen. Die Tiere haben es leider nicht.

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28 Kommentare

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  • Früher trieben sich die besonders zeigefreudigen Personen im Stadtpark herum.

    Heute gibt es "soziale Medien".

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Linksman:

      Voll ins Schwarze! :-)

  • Dann müssen wir unsere Haus- und Nutztiere aus ethischen und moralischen Gründen wohl ausrotten müssen. Am einfachsten wir fangen mit den nutzlosen Hunden an.

  • Na Mahlzeit!

     

    "…Meine Meinung? Mit Trollen halte ich es frei nach Jonathan Swift: „Engstirnige Menschen sind wie Flaschen mit einem engen Hals, je weniger darin ist, desto mehr Geräusch entsteht beim Ausschütten.“ "

    &

    Falls Sie keinen Hörschaden schon haben - dem feinen Satori beim - jau!

    Ausschütten lauschen ~> Na - Get it¿!;)

    Fein & Genau Genau!

    "Fuchs - du hast die Gans gestohlen!"

    Bon appétit - Newahr!;)

    Ja - da liegt kein Segen drauf!

    Jedenfalls kein veganer &

    Garantiert - tattoufrei!;)

    Auch wieder wahr!

    Raabäää!;)

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...ich hoffe nur, die Farbe für die Tätowierung war vegan.

    Wenn nicht, war alles für die Katz'.

  • Respekt, TAZ. Ich bekomme bei euch immer diese Werbung , wenn es in Artikeln um die Themen Vegan, Vegetarisch oder Tierschutz geht;

    https://www.dresslily.com/raw-meat-print-kangaroo-pocket-product2696748.html

  • Respekt! Diese Frau riskiert wenigstens was! Sie fordert nicht nur Bekenntnisse ein von Anderen. Sie bekennt sich selber, und zwar öffentlich.

     

    Das Risiko ist zwar nicht groß, aber es ist vorhanden. Wenn morgen irgendwo auf dieser Erde ein mittlerer Meteor einschlägt (es wäre nicht der erste, der das tut) und Staub bzw. Asche unsere Sonne über Jahre hinweg verdunkelt, wird Grünzeug nämlich knapp. Dann werden uns nur (Regen-)Würmer bleiben als Nahrungsbasis, die von bereits vergammelnden Pflanzen leben. Wer dann „vegan“ auf seiner Stirn zu stehen hat, und trotzdem kaut, kann sicher etwas unschönes erleben.

     

    Viele Menschen haben schließlich ganz vergessen, dass auch diejenigen unter ihren „fühlende Wesen sind, die Schmerz spüren und Emotionen haben“, die nicht genau so ticken wie sie selber. Manche Menschen, fürchte ich, lieben Tiere denn auch vor allem deswegen, weil sie glauben, dass sie alle Menschen kennen. Könnte also gut sein, dass die „Extremistin“ mit dem Bekenner-Tattoo ziemlich allein stünde auf weiter Flur, wenn es tatsächlich ernst wird und Bekenntnisse was zählen.

     

    Übrigens: Dass wir alle „das große Glück [haben], uns frei entscheiden zu dürfen, was wir mit unseren Körpern machen“, ist gelogen. Es sei denn, dass es „nur“ von großer Ignoranz zeugt. Das „wir“ meint nämlich ausschließlich „Kartoffeln“, die sich der Staatsmacht niemals widersetzen. Alle anderen müssen ständig damit rechnen, samt Körper irgendwo hin verfrachtet zu werden, wo sie nicht sein wollen, weil es dem Körper nicht bekommt, daselbst zu sein.

     

    Der Mensch als solcher hat die blöde Angewohnheit, andere Menschen nicht nur zu bevormunden, sondern im Zweifel wie Tiere zu behandeln. Und wer „zur Schnecke gemacht“ wird, der hat eben Pech gehabt nach Ansicht seiner Mitmenschen. Auch wenn er nicht gekocht und anschließend gegessen wird.

  • Ich habe mich ehrlich gefragt, wer in die Position gelangt, so ein Gewäsch in einer überregionalen Tageszeitung zu veröffentlichen. Kurz nachgeschaut: Diplomatentochter und Chefredakteursnichte, alles klar. #Neiddebatte

    • 2G
      2730 (Profil gelöscht)
      @El-ahrairah:

      Hey, nicht zu vergessen, ein "It-Girl" (Fremdbezeichnung) und eine "Medienpersönlichkeit" (Selbstbezeichnung).

      Schauspielstudentin in London, Leben in L.A., moderieren im RTL - ein echtes Kind der Arbeiterklasse eben...

      Deswegen hat sie auch genau die Probleme dieser Klasse. Symbolisch für die heutige Linke?

  • Mir fällt dazu nur eins ein: Aufmerksamkeitskapitalismus!

     

    Soll die Dame machen was sie will. Aber zu meinen, man müsse das wie eine Monstranz (sorry für den katholischen Vergleich) vor sich her zu tragen und anderen somit die eigene moralische Überlegenheit demonstrieren, ist auch scheisse. Die Hates sind ehrlich verdient, no mercy ;-)

  • 6G
    6028 (Profil gelöscht)

    Mir fällt da ein entfernter Bekannter ein, der in den 80ern gerne mit einem T-Shirt, auf dem 'Frauenunterdrücker' stand, auf Partys ging. Laut eigener Angaben ist er damit "mit jeder Menge Mädels ins Gespräch gekommen", was sein erklärtes Ziel gewesen sei. Einmal jedoch wollten mehrere, die sich wohl nicht unterdrücken lassen wollten, ihm ans Leder gehen – vielleicht waren es auch Konkurrenten, die seine Methoden 'unfair' fanden?. Auf jeden Fall konnte er sich nur mit knapper Not retten, musste aber hinnehmen dass seine schwarze Lederjacke öffentlich verbrannt (naja, angekokelt) wurde.

     

    Man könnte sagen, je reduzierter deine Botschaft, desto leichter verlierst du die Deutungshoheit.

     

    Die Botschaft 'Vegan' ist an sich ja nicht gerade überaus klar. Bezieht sie sich auf die Gedanken hinter der Stirn, oder ist es eine Aufforderung an das Gegenüber, ebenfalls vegan zu leben, oder was?

     

    Kommt mir irgendwie vor als sei Frau Bullen ein Troll, der "haltet den Troll" ruft.

  • 4G
    42711 (Profil gelöscht)

    Klar, dass bei einem ethischen Thema, welches tatsächlich alle Menschen betrifft, unterirdische Kommentare kommen. Vielleicht lohnt es sich ja, über Empathie nachzudenken. Gegenüber anders denkenden Menschen und natürlich über eine andere, hoffnungslos ausgelieferte Spezies. Mich wundert, dass niemand etwas von "Gutmenschen" schrieb. Damit ist mensch doch auch immer fein raus in den letzten Jahren. Und diejenigen, die sich mokieren über die Veröffentlichung dieser veganen Lebenshaltung, sind die auch gegen Demonstrationen gegen Krieg, Vergewaltigung, Versklavung usw? Denn da könnten sie ja selber mal die Leidtragenden sein. Vielleicht besser runter vom hohen Ross, Krone der Schöpfung!

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @42711 (Profil gelöscht):

      Ich finde Tätowierungen schon mal per se total bescheuert. Darf ich doch, oder? Ist doch ein freies Land, sagt man!

       

      Was sich jemensch in seine Visage tätowiert, ist wiederum seine Sache, von wegen freies Land und so. Soll er, ich bin total für die Freiheit des einzelnen, sich nach seiner Façon zu veran- oder zu verunstalten.

       

      Aber wenn - in diesem Fall - "sie" damit im Internet hausieren geht, was erwartet sie? Dass ihr alle zujubeln und es toll finden, dass sie dieses Bekenntnis auf ihrer Stirn verewigt hat?

       

      Wer sich heute exponiert, der muss das entweder in einer kleinen Gruppe von Wohlgesinnten tun, wo kein Gegenwind zu erwarten ist oder er muss den Gegenwind abkönnen.

       

      Was der Gegenwind mit fehlender Empathie zu tun hat, verstehe ich nicht. Haben anders denkende Menschen denn ein Anrecht darauf? Würden Sie. für den Fall, dass Sie mit Ja antworten, auch den Muslimen, die gegen Mohammed-Karikaturen Sturm laufen, Empathie entgegenbringen?

       

      Ferner: stellen Sie sich mal vor, alle, die gegen Krieg, Vergewaltigung, Versklavung usw. sind, würden sich das auf die Stirn tätowieren lassen! Da bräuchte man zumindest mal eine sehr hohe und breite Stirn, mal abgesehen davon, dass man damit wahrscheinlich nichts erreichen würde.

      • 6G
        6028 (Profil gelöscht)
        @849 (Profil gelöscht):

        So isses.

         

        Die könnten sich allenfalls ganz viele Themen in ganz kleiner Schrift tätowieren lassen, dann ginge es wieder.

      • 4G
        42711 (Profil gelöscht)
        @849 (Profil gelöscht):

        Sorry, bei allem Respekt, aber Sie haben ganz offensichtlich den Kern meines Kommentares nicht verstanden und bringen da ein paar Sachen in Ihrem Zorn durcheinander.

        • 8G
          849 (Profil gelöscht)
          @42711 (Profil gelöscht):

          Ich bin ganz und gar nicht zornig.

  • "Veganer sind aus Fleisch, damit sie sich nicht gegenseitig aufessen", sagt der Faktillon© und der muss es ja wissen.

    • 6G
      6028 (Profil gelöscht)
      @Adele Walter:

      Touché - aber: über so ernste Themen macht man keine Scherze!

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Adele Walter:

      "Ja Herr Rether, wenn's kein Fleisch mehr gibt, dann ess ich halt Veganer."

  • Man könnte aber auch die Frage stellen, warum hat sie es nicht bei der Tätowierung belassen? Warum zusätzlich noch die Veröffentlichung Twitter?

     

    Wer keine ablehnenden Reaktionen wünscht, so viel sollte einem im Internetzeitalter sozialisierten Menschen klar sein, stellt so ein Bild nicht in die (a)sozialen Netzwerke. Andernfalls ist eigentlich klar was passieren wird. Genau genommen waren die Reaktionen provoziert und die Empörung darüber ist, sind wir ehrlich, geheuchelt!

    • @insLot:

      Weil sie stolz auf ihr Tattoo ist. Und von "nicht wünschen" steht in dem Artikel auch nix - sie wusste, was auf sie zukam und (laut Artikel) "bot ihnen die Stirn".

       

      Results-based reasoning much?

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @insLot:

      Vielleicht hat Frau Bullen geglaubt, die bekäme nur einen Parfüm-, aber keinen Fäkalienregen ab? Jemenschen, der sich irgendwas auf seine Stirn tätowiert, traue ich alles zu. :-)

  • Werde mir "Atheist" auf die Stirn tätowieren lassen während ich einen Schweinebraten esse.

    • @Marc T.:

      Sind Sie sich sicher, dass Sie das wirklich riskieren wollen in einem Land, in dem man mit Kruzifixabhängen in Bayern nicht durchkommt, das Tanzverbot am Karfreitag gilt und immer mal wieder über die Wiedereinführung eines Blasphemiegesetzes diskutiert wird?

      • @BigRed:

        Mir fehlen wohl einige Spiegelneuronen. Mitmachen, nur um nicht aufzufallen, ist nicht meine Welt. Lieber den Finger in die Wunde stecken, die richtig wehtut ;)

  • Eine Person lässt sich etwas ins Gesicht tätowieren und stellt ein Selfie ins internet. Dort regen sich beliebige Leute darüber auf, der Tätowierer findet das wiederum ekelhaft.

     

    Trolls be trolls, Gesichtstattoos sind easy targets und hier auch das Veganertum, weil es das Klischee aus dem Witz wieder bestätigt.

    • @Franco:

      Nope, der Tätowierer findet die "Unmenge an fiesen, negativen Kommentaren" ekelhaft.

      • @BigRed:

        Das macht nichts. Manche Menschen finden Tätowierer ekelhaft.