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Kolumne Nullen und EinsenDie Polizei und Technik

Datenschutzskandale, verlorene Beweismittel und Mausrutscher bei Twitter. Der Umgang der Behörden mit Technik ist nicht immer vorbildlich.

Zum Glück gibts Hunde bei der Polizei: Ein Spürhund hat in Lügde einen USB-Stick aufgespürt Foto: dpa

W enn es um Technik geht, ist die deutsche Polizei ganz weit vorne. Im Fall des vielfachen Kindesmissbrauchs auf einem Campingplatz in Lügde kann sie einen tollen Erfolg verzeichnen. Gut, im selben Fall sind ein paar beschlagnahmte Beweismittel, genauer 155 Datenträger, aus einem nicht gesicherten Raum bei der Polizei Lippe verschwunden. Aufgefallen ist das Verschwinden erst nach vier Wochen. Aber ansonsten ist der Umgang der Behörden mit Technik doch vorbildhaft?

Okay, da gab es am Wochenende diese Meldung mit den Bodycams. Nach Medienberichten speichert die Bundespolizei Einsatzaufnahmen von Körperkameras nicht auf eigenen Servern, sondern in der Cloud des US-Konzerns Amazon. Es gebe noch keine staatliche Infrastruktur, welche die Anforderungen erfülle, sagt die Polizei. Grüne und FDP äußern zwar Datenschutzbedenken. Aber das wird schon seine Richtigkeit haben.

Ach so, es gab noch diesen bedauerlichen Einzelfall des Berliner Polizisten, der gestand, Drohbriefe mit persönlichen Daten und Fotos an die autonome Szene geschrieben zu haben. Die Infos stammten aus einem polizeiinternen Informationssystem. Aber der wurde deshalb zumindest auch wegen Datenschutzverstößen rechtskräftig verurteilt. Anders als bisher die mutmaßlich für das Drohfax „NSU 2.0“ verantwortlichen hessischen Polizisten.

In Sozialen Medien ganz weit vorne

Vergessen wir mal den Datenschutz. Das Projekt zur Gesichtserkennung am Berliner Südkreuz lief sehr erfolgreich. Solange man sich von der Süddeutschen Zeitung nicht hat vorrechnen lassen, warum mit der sehr niedrig klingenden Falschtrefferrate von 0,1 Prozent trotzdem die allermeisten Personen, die die Software als gesuchte Person einstuft, in Wirklichkeit komplett unverdächtig sind.

Aber in sozialen Medien ist die Polizei wirklich weit vorne: Die Polizei beschäftigte vergangenes Jahr bundesweit mehr als 80 Social-Media-Manager. Okay, gerichtlich wurden auch diese BeamtInnen bereits beim Fotografieren in die Schranken gewiesen: So darf die Polizei DemonstrantInnen für ihre Pressearbeit nicht fotografieren. Und vielleicht gab es auch schon ein oder zwei Mausrutscher auf Twitter – es entstanden Wortneuschöpfungen wie „Polizeirassismus“ oder „Nafri“, es wurden Falschbehauptungen verbreitet, wie das Märchen vom unter Strom gesetzten Türknauf im Berliner Hausprojekt Friedel54, oder mal der rechte Hashtag #Genderwahn benutzt, oder auf Instagram eine einfach nur peinliche „Liebes-Fahndung“ für einen ihrer Beamten verbreitet – aber Schwamm drüber. Irren ist menschlich!

Glücklicherweise arbeiten auch echte Spürhunde bei der Polizei. Und jetzt kommen wir endlich zur großen Erfolgsmeldung: Der Belgische Schäferhund „Artus“ hat bei der Durchsuchung des Campingplatzes in Lügde einen in einer Sesselritze verborgenen USB-Stick aufgespürt – vielleicht ein wichtiges Beweismittel, solange die anderen verschwunden bleiben.

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Svenja Bednarczyk
Entwicklungsredakteurin
im Produktentwicklungsteam der taz im Netz. taz seit 2012.
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1 Kommentar

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  • Vielleicht ein kleiner Nachtrag. In Brandenburg wurden, laut Polizeisprecher, im Fall "Rebecca" gelöschte Daten einer automatischen Kennzeichenerfassung nach 2 Wochen nochmals ausgewertet, mit richterlichem Beschluss. Was ist jetzt an dem Wort "löschen", ausgesprochen vom Bundesverfassungsgericht, in Brandenburg nicht verstanden worden?