Klage der Friedel 54 gegen die Polizei: Türknauf-Tweet bleibt ungeahndet

Mitglieder des Kollektivs Friedel 54 scheitern mit ihrer Klage gegen einen Tweet der Polizei. Inhaltlich positionierte sich das Gericht aber nicht.

Friedel 54-Transparente hängen an einem Balkon

Trotz vieler Sympathisanten wurde die Freidel 54 vor drei Jahren geräumt Foto: dpa

BERLIN taz | Zwei Kollektivmitglieder des 2017 geräumten Kiezladens Friedel54 sind vor dem Verwaltungsgericht mit einer Klage gegen die Polizei gescheitert. Sie wollten die Rechtswidrigkeit eines während der Räumung abgesetzten Tweets der Polizei feststellen lassen – und damit die Behörde in ihrem Twitterverhalten beschränken. In dem Tweet war von einem unter Strom gesetzten Türknauf und der daraus resultierenden „Lebensgefahr“ für die Beamt*innen die Rede.

Dass der Tweet sachlich falsch war und die Kellertür entgegen einer ersten Annahme nicht unter Strom stand, wusste die Polizei bereits eine Stunde nach der Meldung, die von vielen Medien aufgegriffen wurde. Eine Korrektur verschickte die Social-Media-Abteilung der Polizei aber erst am folgenden Tag mit weitaus geringerer Medien-Resonanz. Der Vorwurf: Die Polizei wollte mit ihrer Unterstellung, ihr sei eine lebensbedrohliche Falle gestellt worden, unmittelbar in das Einsatzgeschehen eingreifen. Die Polizei widersprach diesem Vorwurf bei der Verhandlung nicht.

Den Ausgangstweet hatte die Polizei nach Eingang der Klage im März 2019 gelöscht, womit der erste Antrag vor Gericht faktisch gegenstandslos wurde. Andernfalls, so deutete es der Richter an, hätte einer Verurteilung auf Löschung wohl nichts entgegengestanden.

Zu klären blieb, ob ein sogenanntes Fortsetzungsfeststellungsinteresse über die Unrechtmäßigkeit des Tweets besteht. Die Kläger argumentierten, dass sie selbst von nahen Verwandten der behaupteten Tat verdächtigt wurden, dem Friedel-Vereins-Chef begegnete der Vorwurf in einem Verfahren, das sich aus der Räumung ergab. Beide Kläger wiesen zudem auf das Gebot der Polizei hin, ausschließlich sachlich und neutral zu berichten.

Formales statt Inhaltliches

Doch die inhaltliche Frage der Klage – nach dem grundgesetzlich sensiblen Thema des Polizeiverhaltens in den sozialen Medien – scheiterte an formalen Kriterien. Der Richter argumentierte, warum er die Klage für nicht zulässig hält: Es bestünde keine Wiederholungsgefahr, da es unwahrscheinlich ist, dass sich eine vergleichbare Situation erneut ereignet.

Dem Rehabilitierungsinteresse der Kläger stünde entgegen, dass der Tweet nicht persönlich stigmatisierend war und vor allem dass ein solches mehr als drei Jahre danach nicht mehr akut sei. Auch einen tiefgreifenden Grundrechte-Eingriff sah der Richter nicht. Ergebnis: Die Klage wird abgewiesen, das schriftliche Urteil folgt in den nächsten Wochen; die Kläger zahlen die Prozesskosten.

Klägeranwältin Anna Gilsbach kündigte an, einen Antrag auf Berufung prüfen zu wollen. Sie kritisierte, dass die Polizei weiterhin die Rechtmäßigkeit des Tweets zum damaligen Zeitpunkt behaupte. Die Löschung, die ein Fehlereingeständis sei, spreche dagegen für das Interesse ihrer Mandanten. Deren rechtliche Stellung als Opfer des Tweets würde sich erst mit einem Urteil verbessern.

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