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Kolumne Luft und LiebeKlick, pling, ficken

„Feministin“ klingt „ungebumst“, findet Carolin Kebekus. Ein Klassiker! Man hört immer wieder, dass Feministinnen keinen Sex haben. Haha. Hahahaha.

Ob man es glaubt oder nicht: Angebote gibt es genug. Bild: zettberlin / photocase.de

D as Argument der Ungeficktheit ist ein lustiges. Es findet sich in einem Leserbrief, den ich zu einer meiner letzten Kolumnen bekommen habe. Ich glaube, die mit Pegida. Bin nicht sicher. Egal. Folgender Inhalt: „hallo margarete, nachdem ich ein bild von dir gesehen habe, ist mir klar, warum du sowas schreibst. selten sowas ’hübsches‘ gesehen. auch eine art, gewisse dinge im leben zu verarbeiten. wenn man schon keinen sex hat, dann sollte man wenigstens davon schreiben:-)“

Ich hab die Mail aufgehoben, weil sie so schön knapp formuliert war. Andere brauchen viel mehr Platz, um dasselbe zu sagen. Danke, lieber Wichsfried oder wie du heißt, leider stand dein Name nicht unter der Mail.

Das Argument ist vielfach einsetzbar, bei Feministinnen und bei Frauen, die über Sex schreiben oder ihre Meinung sagen. Ein Multi-Tool. Wenn man es ein bisschen formalisiert, dann steht da: „Es gibt ein S (Subjekt), das ist Element von U (Ungefickte Menschen). Weil S Element von U ist, macht S Handlung A (sich äußern). A ist schlecht. Also: Shame on S, dass es Element von U ist!“ Irgendwie so.

Das „Argument“, das ich vor allem deswegen so nenne, weil „Kackklischee“ ein Wort ist, das den Anschein eines fairen Diskurses trüben könnte, hat auch seine ästhetische Seite. Carolin Kebekus, Komikerin, hat der Süddeutschen Zeitung eines dieser „Sagen Sie jetzt nichts“-Interviews gegeben, in dem sie dann aber doch irgendwie was gesagt hat, zumindest gab es in dem Erklärtext dazu diesen Satz: „Eine Feministin sei sie aber trotzdem nicht, sagt sie, das klinge ihr zu ’ungebumst‘.“ In einem anderen Interview hat Kebekus auf die Frage, ob sie Feministin ist, gesagt: „Das Wort klingt scheiße.“ In noch //www.youtube.com/watch?v=JWCWg1tdgyk:einem anderen Interview hat sie mal gesagt: „Ich finde, Emanze, das klingt so ekelhaft.“

Wie erstrebenswert klingt denn „Bumsen"?

Okay, Emanze, ja, reimt sich auf Wanze und Landpomeranze. Tja nun. Bei „Feministin“ aber höre ich das Schlechte nicht direkt raus. „Fisten“ hör ich da, mit viel gutem Willen, aber „ungebumst“, ich weiß nicht. „Bumsen“ wiederum ist etwas, was mir dem bloßen Wortklang nach echt nicht erstrebenswert scheint. Aber „Wortklang“ ist auch so ein Ding für sich. „Deutschland“ klingt scheiße, und wir leben mittendrin.

Zurück zu Wichsfried. Gedankenexperiment! Stellen wir uns einen ausgeglichenen Menschen vor, der regelmäßig von charmanten Menschen bevögelt wird und auch ansonsten ein angenehmes Leben hat. Dieser Mensch findet sich, sei es durch Zeitungslektüre, sei es durch Konversation, in einer Auseinandersetzung wieder, in der das Gegenüber eine andere Meinung vertritt. Wie wird dieser Mensch reagieren? Wird er auf den sexualhormonellen Zustand des Gegenübers verweisen oder wird er seinen Standpunkt vertreten? Wird er sein Gegenüber darauf prüfen, ob es als Fickloch geeignet ist, oder wird er sich ihm argumentativ stellen?

Funfact, übrigens: Auch hässliche Frauen haben Sex. Es ist, egal wie man als Frau aussieht, sehr, sehr leicht, an irgendeine Form von Sex mit Männern zu kommen. Melden Sie sich als Frau bei einer beliebigen Onlinedatingseite an. Klick, pling, ficken. Wirklich. Es ist kein Geheimnis.

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Margarete Stokowski
Autorin
Jahrgang 1986. Schreibt seit 2009 für die taz über Kultur, Gesellschaft und Sex. Foto: Esra Rotthoff
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18 Kommentare

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  • Daumen hoch für den Artikel

  • Es gibt Tage, da lösen bestimmte Worte unschöne Empfindungen in mir aus. Carolin Kebekus wird es mit dem Wort "Emanze" oder "Feministin" so ähnlich gehen. Gut, dass sie es erwähnt, denn darüber sollte man unbedingt reden, auch und gerade, wenn es wieder mal peinlich wird.

    "Bumsen" klingt mir doch sehr nach Unfall und Reparaturwerkstatt. "Ficken" klingt lustig, reduziert aber den gesamten Sachverhalt allzu cartoonistisch. Wenn jemand sagt, dies oder das klinge "ungebumst", so wird dabei gleichzeitig unterstellt, wer viel Sex habe, sei auch viel entspannter. Schon diese Unterstellung hält einer eingehenden Prüfung kaum stand und entpuppt sich nur als hilfloses Wunschdenken.

    • @Rainer B.:

      Ich habe von der Gefühswelt von Frau Kebekus keine Ahnung - doch offensichtlich hat sie feministische Anwandlungen (entnehme ich zumindest ihren Auftritten), will aber keine Feministin sein.

      Dies ist insofern nachvollziehbar, als dass "Feministin" oder "Emanze" NOCH NIE und nicht nur an manchen Tagen nicht im Mainstream positiv besetzt waren.

       

      Gruselige Beispiele für Verachtungen von Frauen im Allgemeinen und Feministinnen im Besonderen: Unendliche.

       

      Zeichen von Wertschätzung von Feministinnen: Sind mir in öffentlichen Debatten irgendwie komplett entgangen, obwohl ich wirklich versuche, aufmerksam zu sein.

       

      Für mich irritierend: Die sagen meistens nichts schlimmes.

       

      Offtopic: Wobei ich persönlich schwarzerschen Positionen der letzten 10 Jahre mal ausnehmen möchte - aber diese Details führen jetzt vielleicht etwas weit.

       

      Ok, die Wichsfriede haben Angst, und sei es nur um den Firmenwagen.

       

      Schade ist es aber, wenn intellektuell bemitteltete Frauen mit Worten wie "ungebumst" Feministinnen diskreditieren - und damit Positionen konterkarieren, für die sie doch zu stehen scheinen.

      • @poweredpotatoe:

        Das Wort "Emanze" ist eindeutig abwertend besetzt, weil damit allgemein nur eine männerfeindliche Attitüde bezeichnet wird. Das Wort "Feministin" ist dagegen eher positiv besetzt, denn eine Feministin ist schlicht und ergreifend eine Frau, die sich für die Rechte von Frauen einsetzt. Daran ist nichts Schlechtes. Frau Kebekus greift in ihren Programmen zwar oft sogenannte "Frauenthemen" auf, aber das macht sie deshalb ja noch lange nicht zur Feministin. Sie selbst sieht das wohl auch so und damit ist sie schon deutlich weiter, als ihr Publikum.

        • @Rainer B.:

          kann ich in mehreren Punkten nicht so recht nachvollziehen:

          - das Emanze "eindeutig abwertend" ist, ist mir neu - Emanzipation fand ich zumindest immer gut. Ok, für viele ist es negativ konnotiert; und vielleicht sind diese Vielen auch die "Allgemeinheit". Doch dass es "nur eine männerfeindliche Attitüde" ist, ist mir ebenfalls neu.

          - Feminismus ist nicht schlecht, Frau Kebekus weiter als ihr Publikum, weil sie Frauenthemen aufnimmt ohne Feministin zu sein, dafür ist sie möglicherweise im Gegensatz zu Feministinnen nicht ungebumst?

           

          Komme ich irgendwie nicht mit.

          Grüsse

  • Frau Kekebus spielt über Bande und über Binde. Ihre Sprüche sind meist mehrfach gebrochene Ironie.

  • "Eine Frau ohne Mann ist wie ein Fisch ohne Fahrrad" ist ein beliebter Feminnistinnenspruch.

    Also hat Frau Kebekus zumindest mit dem "ungebumstt" klingen durchaus recht.

    Die TAZ setze setzte sich ja mal der PORNO Kampagne von Frau Schwarzer entgegen.

    Die fällt auch den Priostutierten mit Kriminalsierung in den Rücken!!

     

    Die Anti-Männertendenz ist ein mindestens echt unausgegorenes "Kapitel" bei vielen Feministinnen!!

    • @Dr. rer. nat. Harald Wenk:

      Ich glaube es hackt - ihre Texte nicht mehr zur Unlesbarkeit kaputt. Schön das. Jetzt lassen Sie bitte noch ihren Ironiedetektor justieren, damit Sie den Spruch vom Fisch ohne Fahrrad richtig verstehen. ;-)

  • Zitat:

    "Danke, lieber Wichsfried oder wie du heißt, leider stand dein Name nicht unter der Mail."

     

    Werte Frau Stokowski,

    Mit dieser Art Stil untermauern Sie sehr deutlich, dass sie sich vom Niveau und der Wahl der Mittel, denn "Wichsfried" ist sicherlich sehr gezielt gewählt, absolut nicht von dem unterscheiden, was sie hier vermeitnlich politisch korrekt versuchen, zu kritisieren.

     

    Noch ein weiblicher Macho, welcher Versucht, seinem männlichen Gegenüber die gleich Chrakterschwäche vorzuhalten.

  • Ja, gib's ihm! Polemik, geil!

  • „Feministin“ klingt total sexy.

  • Liebe Frau Stokowski,

     

    vielen Dank für den Artikel. Als ich das Interview mit Frau Kebekus im SZ Magazin gelesen habe dachte ich auch: Es kann ja wohl wirklich nicht sein, dass eine Frau dieses so abgedroschene Klische der frigiden Emanze bedient und dass auch noch so als frech-ironisch verkauft und es in Anführungszeichen setzen lässt.

    Aber stimmt ja, auch MenschenrechtsaktivistIn klingt so ungebumst und DemokratIn erst und der Gutmensch lässt die Hände sicherlich immer über der Decke.

    Traurig - Traurig.

  • "ungebumst" ist in diesem Kontext wohl das alte "ich bin ja keine Feministin, aber..."

     

    Da höre ich dann allerdings auf, zuzuhören - sie will sich nach meiner Erfahrung ja doch nur irgendwie anbiedern und dennoch klug wirken.

     

    Feministinnen finde ich allerdings oft interessant - und ja, nicht immer nur die Wortbeiträge.

  • Jetzt musste ich doch tatsächlich nach einem Foto von dir, lieber Margarete, dingsen. Nicht das g-Wort, die Suchmaschine benutze ich ja nicht mehr. Weißt schon. Das kommt auch nur bei der taz vor. Also die Suche nach Bildern.

     

    Bumsen ist ein doofes Wort, völlig korrekt, aber Emanze ist auch nicht toll, weil es fast immer abwertend benutzt wird.

     

    Feministinnen, sagt mein Freund, wären alles Misandristen. Oder Misandristinnen?

     

    Böse Zungen behaupten, häßliche Frauen hätten sogar mehr Sex als schöne, weil sie kompensieren müssten.

    • @Cededa Trpimirović:

      Frau Stokowski sieht doch super aus, hätte sie gar nicht nötig immer so verschraubte Sachen über diese Emanzen zu schreiben.

    • @Cededa Trpimirović:

      "Dingsen"...'Yahoogeln' ist das richtige Wort wie ich schon mehrfach vernommen habe.

    • @Cededa Trpimirović:

      ...also das besprechen wir mal schön beim Gedöns, in gut 4 Wochen und machen unsere eigene Arbeitsgruppe-

      & sehen uns live & ungeschützt, Face to Face!

       

      LG Christian

      • @thamm christian:

        Oh Gott - und dann gibt es nachher sicher als Bericht wieder eine 25 Seiten Beilage in der taz.am wochenende.