Kolumne Liebeserklärung: Gelbe Karte für Römrömrömmmm
Recht so: Wer mit aufgemotztem Auspuff hypermännlich rumgockelt, könnte in Mannheim künftig den Führerschein verlieren.
M ann sein heißt laut sein. Auf dem Land reicht dafür meistens ein Grölorgan, den Lärmpegel von Innenstädten kann man dagegen nur mit Hilfe von Technik übertönen. Damit also auch im urbanen Raum alle an ihrer Präsenz teilhaben können, haben Männer Wege erfunden, um bei ihren Autos den Geräuschlevel hochzuschrauben und sich im Handumrömrömrömmmmdrehen ins Gespräch zu bringen. Soundbooster heißt das, gibt's im Internet. Und macht sicher irre Spaß.
Nervt aber auch alle anderen. Besonders auf den langen, geraden Innenstadtstraßen der Quadratestadt ist das Aufheulenlassen von Motoren zum Problem geworden. Und so hat die Mannheimer Polizei diese Woche angekündigt, härter gegen die sogenannten Poser vorzugehen: Fahrer, die wiederholt durch „unnötigen Lärm“ auffallen, werden mit einer „Gelben Karte“ verwarnt, gab die Polizei per Facebook bekannt. Unbelehrbare Wiederholungströter könnten dadurch sogar ihren Führerschein verlieren. „Peinlich, wenn man zukünftig zu Fuß zum Tunertreffen laufen darf“, heißt es dazu süffisant im Post.
Gar nicht komisch finden das natürlich all jene, für die ungetunt sein gleich tuntig sein ist. Auf der Facebook-Seite hagelt es angepisste Kommentare. Die Polizei sei nur „neidisch, weil sie mit 150 PS auskommen“ müsse, so ein wiederkehrendes Motiv. Und überhaupt, was ist schon „unnötiger Lärm“? Für einen echten Typen hat eben jedes Brumm Sinn und Zweck.
Und ja, sagen Sie nichts, sicher ist auch mal hie und da eine Frau durch Motorengeheul auffällig geworden. Zufrieden? Männersache ist Tuning trotzdem, mit dem ganzen Geschraube, Metall und Brummbrummbrunftgeschrei.
Schön also, dass die Polizei hier mal penisregulierend eingreift. Dabei belassen sollte sie es aber wiederum auch nicht. Es gibt so viele maskuline Ärgernisse im innenstädtischen Alltag. Wie wär's zum Beispiel mit Sozialstunden fürs Beinespreizen? Geldbußen fürs Ghettoblasten? Oder einer Fleischheitsstrafe für penetrantes Grillen?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
SPD-Linker Sebastian Roloff
„Die Debatte über die Kanzlerkandidatur kommt zur Unzeit“
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus