Kolumne Jung und Dumm: Adenauer lebt

Nachbarn sind böse, Pakete bedrohlich und nachts knirschen die Zähne doch. Unser Kolumnist hat – dem ZDF sei dank – ein kleines Trauma.

Schwarz-weiß-Foto von Konrad Adenauer vor einem Mikrofon

Konrad Adenauer – ganz lebendig Foto: dpa

Ein Olivenkern bohrt sich ins Gebiss und lässt es krachend zersplittern. Glücklicherweise trage ich meine Knirschschiene auch tagsüber. Kontrafaktisches Erzählen mit Knirschkernschiene: Andere gründen darauf einen ganzen Sonderforschungsbereich samt gratis Tackerflatrate. Aber jo, ich behalt die Ruhe und koch mir einen Tennisball. Wohl, weil ich so gut aussehe und an meiner Klotür ein Poster von Konrad Adenauer hängt, dem Mutter.

Nur knapp dem Tode entronnen, finde ich einen großen, dicken Umschlag auf meinem Schreibtisch. Woher kommt er? Sind Drähte drin? Als Kind habe ich fast jeden ZDF-Freitagabendkrimi gesehen, „Siska“, „Ein Fall für zwei“, „Der letzte Zeuge“, den ganzen heißen Scheiß. Da jagen alte weiße Männer recht originelle Verbrecher*innen, die morden mit Briefbomben, Standbomben, Ausmalbomben, Bombenbomben, Rhomben, Arschbatterien, vergifteten Gewehrkugeln, Schuss-Brezeln oder Containerkränen.

Ein Drittel der Sendezeit wird dabei in teuren Wagen durch die Gegend gefahren, schließlich muss ja auch mal jemand an die Autoindustrie denken. Das mit der Standbombe war übrigens gar nicht so übel – fortan besaß ich die perfekte Ausrede dafür, mich beim Sportunterricht nicht mehr von der Stelle zu rühren.

Nein, bitte keine Bombe

Denken Sie jetzt aber bitte nicht, ich hätte damit mein kleines Bombenkrimi-Kindheitstrauma bewältigt. Was, wenn unter Ihnen nun auch der freundliche Herr Rabensaft von der Steuer weilt oder die bezaubernde Diva Dona Balken von nebenan oder Herr Seehofer aus Bayern (oder, ganz schlimm: das Darknet) und Sie insgeheim eine praktizierte Liebe zum Briefbombenbau teilen? Und wenn Sie noch dazu ganz schlau sind und sich beim Lesen dieser Zeilen auf die Gesamtwerkausgabe der Psychoanalyseperson ihres Vertrauens setzen und sagen: „Mensch, wenn Herr Schulz hier schreibt, er möchte doch bitte keine Briefbomben zugeschickt bekommen, dann lässt das sicher auf das tiefe Bedürfnis nach dem Erhalt von Briefbomben schließen“?

Erst mal 1 schönes Video gucken von Stadtbahn Stuttgart, um wieder runterzukommen. Und danach? Einfach den Briefbombentest machen – und jeden verdächtigen Brief (also: jeden Brief) aus dem Fenster im 13. Stock schmeißen und schauen, ob er unten explodiert. Bitte schicken Sie mir trotzdem keine Briefbomben.

Es müffelt

Die Aufbewahrungsbox meiner Kauleiste müffelt übrigens seit geraumer Zeit. Sehr sogar, ganz schlimm, nach verwestem Brot oder so. Da hilft auch kein Ziegenficken, selbst wenn Jan Böhmermann doch noch den Grimmepreis bekommen haben wie sogar DWDL meldet. Und jetzt schreiben Sie doch mal Ihrer Zahnärztin eine Mail mit dem Betreff „Meine Kauleistenbox müffelt“ und dem Text „Sehr geehrte Frau Meyer, meine Kauleistenbox müffelt. Wo kriege ich unvermüffelte? Hochachtungsvoll, Meyer“ und dann antwortet sie „Ich heiße Meyer.“ und Sie darauf „Ich auch“. Das wäre doch mal ein tolles Vorhaben für die bevorstehenden Feiertage. Aber es stehen gar keine Feiertage bevor und die Kauleiste ist ja eh kaputt.

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Seit 2015 bei der taz, zunächst als Praktikant, dann als freier Autor und Kolumnist (zurzeit: "Ungenießbar"). Nebenbei Masterstudium der Ästhetik in Frankfurt am Main. Schreibt über Alltag, Medien und Wirklichkeit.

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