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Kolumne Hosen runterVom Darm ins Hirn

Eine Studie ergibt: Sehr viele Menschen nutzen Facebook auf dem Klo. Jetzt wird so einiges klar.

90 Prozent der Verbindungen zwischen Bauch und Kopf verlaufen von unten nach oben. Foto: codswollop/photocase.de

Karneval geht Ihnen am A… vorbei?“, fragte die Bild-Zeitung vor ein paar Tagen, und es ist irgendwie lustig, wie sie da mit verrutschtem Partyhütchen auf dem Klo kauert und schon nach einem Buchstaben Verstopfung kriegt, aber im gleichen Artikel reihenweise ausgepackte Hinterteile präsentiert. Erinnert an die Fruchtgummis, auf die Haribo mit Müh und Not drei kleine Punkte ausgekotet hat, weshalb sie unentschlossen “A… mit Ohren“ heißen.

Muss man beides nicht kaufen. Aber man kann schon mal drüber nachdenken, warum sich der Arsch speckprall durch Musikvideos twerkt und rundbackig durch Instagram kimkardashiant, während Mädchen in Foren verzweifeln, weil sie sich auch nach fünf Jahren Beziehung nicht aufs Klo trauen, wenn ihr Freund in der Nähe ist. Der Hintern als Sexobjekt? Geht immer. Aber seine inneren Werte: obszön! Scheiße, das ist doch Popolores.

Zum Glück gibt es Menschen, die der Gesellschaft den Stock nach und nach aus dem Allerwertesten ziehen. Rocko Schamoni, der mit seiner Schmuckkollektion aus Scheiße Gold macht. Klostuhlhersteller Squatty Potty, der sein Produkt mit einem Einhorn bewirbt, das regenbogenfarbenes Softeis kackt. Und bei Penny gibt es pünktlich zum Valentinstag Klopapier mit romantisch-blumigem Duft und Herzmotiven. Die Rehabilitierung des Pos schreitet voran.

Zumal der Darm, wie wir seit einiger Zeit wissen, das größte Nervensystem nach dem Gehirn hat. In „Darm mit Charme“ beschreibt Giulia Enders, welche Hirnbereiche durch Signale aus dem Darm getriggert werden: „Ich“-Gefühl, Gefühlsverarbeitung, Moral, Angstempfinden, Gedächtnis und Motivation. Und, raten Sie mal: 90 Prozent der Verbindungen zwischen Bauch und Kopf verlaufen von unten nach oben.

Wenn also Pegida-Anhänger Angst haben, dass Flüchtlinge ihnen den Job wegnehmen: Darmhirn. Wenn sich Menschen über das Dschungelcamp aufregen, obwohl in Afrika Kinder sterben: Darmhirn. Wenn Mütter andere Mütter dafür verurteilen, dass sie ihr Kind auf eine Toilette mit iPad-Halterung setzen, um mal ein paar Minuten Ruhe zu haben: Darmhirn.

Und außerdem eine Verarschung. Wer hat denn damit angefangen, das Internet mit aufs Klo zu nehmen? Wirtschaftsinformatiker Christian Maier, der seinen Testpersonen für eine Doktorarbeit Facebook-Verbot erteilte, erzählt in der Süddeutschen Zeitung: „Ein Student wusste in den ersten Tagen ohne Facebook nicht mehr, was er auf dem Klo machen soll.“ Und er war nicht der Einzige.

Da fragt man sich als neugierige Leserin natürlich: Gucken die Tiervideos? Liken Urlaubsbilder? Stalken den Ex? Oder chatten mit Freunden? Leider macht Christian Maier dazu keine Angaben, aber wenn man mal eine Pupslänge drüber nachdenkt, ist klar: Die schreiben Kommentare!

Das schlechte Benehmen, der brutale, aggressive, fäkallastige Ton, die Ausrufezeichen, die Wut, die Erregung – die ganze braune Scheiße schießt direkt aus dem Darm und flatscht in die Kommentarspalten. Deshalb heißt es übrigens auch Shitstorm. Von wegen Metapher.

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taz am wochenende
Jahrgang 1984, Redakteurin der taz am wochenende. Bücher: „Rattatatam, mein Herz – Vom Leben mit der Angst“ (2018, KiWi). „Theo weiß, was er will“ (2016, Carlsen). „Müslimädchen – Mein Trauma vom gesunden Leben“ (2013, Lübbe).
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1 Kommentar

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  • Sehr lustig ! Ein Phänomen ganz nach Sigmund Freud´s analer Phase, in der das Kind lernt loszulassen. Die Sch...e, die im FB steht, kann man übertragen als nachempfundenes Erfolgsresultat aus früher Kindheit auffassen. Oh Sigmund, i love it !