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Kolumne Einfach gesagtAlles nur Realitäts-Entertainment

Jasmin Ramadan
Kolumne
von Jasmin Ramadan

Darf es Rechtsextremisten geben, weil alles eine Berechtigung hat, das irgendwem gut tut? „Ja“, sagte der Lover meiner Freundin.

Muss es rechte Schweine geben dürfen? Anschlag auf ein ein geplantes Asylbewerberheim in Brandenburg im Jahr 2016 Foto: dpa

D ann ist Sachsen jetzt eben unser Texas“, sagte der neue Lover meiner Freundin und Kollegin, legte sein Handy auf die Bank und blinzelte grinsend in die Wintersonne überm Park Fiction.

„Was?!“ Meine Freundin ließ ihr Handy sinken.

„Das hat jemand getwittert und ich find’s befreiend.“

„Inwiefern?“ fragte ich, während sie sich hektisch eine Zigarette ansteckte.

„Na, man muss die Verhältnisse dann auch einfach mal so nehmen, wie sie sind. Jedes Volk hat seine Rechten.“

„Du meinst mit Ku-Klux-Klan, Mord, Totschlag, Präsident und so?“ fragte ich.

„Ich wollt’das jetzt nicht hysterisch im Detail aufdröseln, aber ich find’eben, man muss sich da nicht ewig weiter dran aufreiben!“

„Woran?“

„An rechtsdominiertem deutschen Boden.“

Bild: Roberta Sant‘anna
Jasmin Ramadan

ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr letzter Roman „Hotel Jasmin“ ist im Tropen/Klett-Cotta Verlag erschienen. Alle zwei Wochen verdichtet sie in dieser taz-Kolumne tatsächlich Erlebtes literarisch.

Der Typ war Lifestyle-Blogger. Einer, der damit viel Geld verdient, wie meine Freundin betont hatte. Er sah gut aus und hatte zu allem eine Ansage. Damit ich ihn kennenlerne, hatten wir zu dritt eine Ausstellung besucht. Die Vernissage dazu war in die Schlagzeilen geraten.

Der Künstler hatte in jedes seiner Wimmelbilder ein Hakenkreuz inte­griert. Die Ausstellung war bereits ausverkauft, auch ein Hamburger AfD-Politiker hatte ein Bild erworben und es gepostet – so waren die Medien auf die kleine Galerie aufmerksam geworden. Der Blogger hatte das Bild fotografiert und bei Instagram gepostet.

Bei unserem Gang zur Elbe hatten wir darüber gesprochen, was es sollte, dass der Künstler in jedem seiner Bilder ein Hakenkreuz versteckt hatte – wie in einem Suchbild für Kinder. Das war das Konzept der Ausstellung, der Witz, die Ironie, wie der Blogger immer wieder betonte.

Der Titel der Ausstellung war: „Wo ist der Haken?“

Der Blogger sagte, ihn habe die Aufregung darüber genervt, dass ein AfD-Politiker Kunst mit Hakenkreuzen kaufe. Es sei doch klar, dass das Nazis seien und es gebe nun mal Rechtsextreme und die hätten eben ihren angestammten Ballungsraum, so wie wir unseren.

Er hatte natürlich ein bisschen Recht. Das spielte aber keine Rolle. In seiner Haltung steckte zu viel begeisterte Resignation darüber, dass etwas Menschenverachtendes stetig genormt wird. Es klang, als wäre das Leben, die Politik, alles, was passierte, Realitäts-Entertainment, das sich vor allem in unseren Smartphones abspielte – und als würde Bedrohliches relativiert, wenn jemand ironisch darüber twitterte.

Der Blogger sagte: „Beyonce kommt auch aus Texas und in Sachsen sind ja auch nicht alle Nazis und Helene Fischer ist Russin und viele Rechte lieben sie, ist also alles gar nicht so wild. Es muss rechte Schweine geben dürfen, in Sachsen – und meinetwegen auch hier auf St. Pauli. Ich bin ja auch null religiös, aber alles hat seine Berechtigung, wenn es Menschen irgendwie guttut, besonders denen, die nicht so cool sind wie wir!“

Es wurde schlagartig eiskalt, die Sonne versank hinter den Containerschiffen, die große weite Welt seufzte und meine Freundin machte noch vor dem Wort zum Sonntag mit ihm Schluss.

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