Kolumne Eier: Sorry für's Grapschen, Zimtschnecke
Entschuldigt wurde sich viel in letzter Zeit, vor allem von Männern. Aber nicht jede Entschuldigung ist eine gute. Fünf Tipps, wie's doch klappt.
D ie Welle an Anschuldigungen gegen Männer in den letzten Monaten hat zu einer Nachwelle an Entschuldigungen geführt, die leider teilweise in die Hose gingen. Klar, immer wenn sich jemand entschuldigt, ist das ein Fortschritt, dem Entschuldiger macht das auch nie besonders großen Spaß. Trotzdem kann man hier viel falsch machen. Eine Entschuldigungs-Grammatik.
Erstens: Eine Entschuldigung muss das Unrecht anerkennen und Verantwortung übernehmen. Eine Entschuldigung ist keine, wenn sie so lautet wie die von Schauspieler Dustin Hoffman im November. Auf Vorwürfe einer damals 17-jährigen Praktikantin aus den 80ern reagierte Hoffman mit den Worten: „Ein schrecklicher Gedanke, dass etwas, das ich vielleicht getan habe, sie in eine unangenehme Lage gebracht haben könnte. Es tut mir Leid. Das bin ich nicht.“
Schlimm ist hier nicht vornehmlich das Konjunktivgewurste, sondern der Fokus aufs „Ich“. Ja, beim Mistbauen erwischt werden verunsichert. Aber eine Entschuldigung ist nicht der Moment, die eigene Ich-Krise aufzuarbeiten. Genau das findet aber in Männerentschuldigungen immer wieder statt.
Zweitens: Erklärungen sind erwünscht, aber sie sollten nichts weg-erklären. Marke Harvey Weinstein: „Ich bin in den 60ern und 70ern aufgewachsen, die Verhaltensregeln waren damals andere. So war eben die Kultur.“ Eine bessere Erklärung wäre: Ich hatte die Macht und habe sie ausgenutzt. Das war Mist.
Drittens: Eine Entschuldigung enthält idealerweise ein Versprechen. Sich zu bessern oder alles zu tun, damit so etwas nie wieder vorkommt. Vorbildlich ist hier der Autobauer Ford, der sich kurz vor Weihnachten rückwirkend für mehrere Jahrzehnte strukturellen Sexismus am Arbeitsplatz entschuldigte: „…, auch im Namen aller Ford-Angestellten, die solches Verhalten verurteilen“, schrieb Firmenchef Jim Hackett. „Wichtiger noch, ich verspreche, dass wir daraus lernen und uns bessern werden.“ Dazu muss man sagen, dass Ford-Mitarbeiterinnen auf diese säuberlich geschnitzte Formulierung jahrelang hatten warten müssen.
Viertens: Eine Entschuldigung enthält kein „aber“.
… ja ich meine Sie, Frau Deneuve. Den Ehrenplatz in dieser Männerkolumne haben Sie sich verdient. „Ich entschuldige mich bei allen, die mein Statement verletzt hat, aber ich bleibe ansonsten dabei.“ Sorry, das kürzt sich weg.
Und fünftens: Man kann Wiedergutmachungen anbieten – aber gleich mit duftendem Gebäck zur Entschuldigung anzutreten, ist erpresserisch. Schon gar nicht ist eine Entschuldigung mit einem Rezept zu beenden! Das machte Starkoch Mario Batali im Dezember, nachdem vier Frauen ihm Belästigung vorgeworfen hatten. Seine Rundmail mit Bitte um Vergebung schloss Batali mit den Worten: „P.S. Falls ihr noch ein Frühstück für die Feiertage sucht: Diese Zimtrollen aus Pizzateig sind ein Fan-Favorite!“
Viel Erfolg beim Entschuldigen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?