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Kolumne Die KriegsreporterinDann doch lieber frei sein

Kolumne
von Silke Burmester

Vom Logenplatz aus lässt sich beobachten, wie dampfmaschinenmäßig es beim „Spiegel“ zugeht. Beim „Stern“ darf Bruder Bräsig wieder ran.

„Spiegel“-Verlagsgebäude in Hamburg: Drinnen geht es derzeit irrwitzig zu. Bild: dpa

H allo taz-Medienredaktion!

Hast du eigentlich eine Ahnung, wie großartig es ist, als Journalistin nicht fest angestellt zu sein?! All das Irre rund um Personen, die aus einem Grund, den nach kurzer Zeit der Amtsinhabe niemand mehr erinnert, Chefredakteur geworden sind, lässt sich aus der Ferne bei einer schönen Tasse Tee beobachten. Keine Nervenzusammenbrüche, keine Tränen, dafür höchste und höchstdramatische Unterhaltung vom Logenplatz aus. Ich kann das nur jeder und jedem wärmstens empfehlen: Arbeitet frei!

Nehmen wir den aktuellen Irrwitz beim Spiegel. Da stellt sich vornehmlich die Printredaktion mehrheitlich gegen den Chefredakteur Wolfgang Büchner und seine Reformpläne. Kann man ja tun. Interessant wird es aber an der Stelle, an der das großartige Mittel der Mitarbeiterbeteiligung Gewicht bekommt, das Rudolf Augstein den Angestellten in Form von Eigentumsanteilen am Verlag einräumte. Unter anderem, weil die Reformpläne Büchners ihre Gewinnbeteiligung schmälern und Machtverlust bedeuten werden, sind viele RedakteurInnen gegen ihn und seine Absichten.

Wenn man einmal davon ausgeht, dass es tatsächlich notwendig ist, dass der Spiegel den Status der Dampfmaschine verlässt, um Anschluss an das Zeitalter zu bekommen, in dem Züge mit Nano-Nano fahren, ist es ganz schön kindisch, sich den Plänen zu verwehren. Zumal Büchners Gegner kein besseres Konzept haben. Für sie, das zeigt der Ruf nach Martin Doerry und Klaus Brinkbäumer in der Spitze, soll bitte alles bleiben, wie es ist. So dampfmaschinenmäßig, Print: Gymnasium, Online: Hauptschule.

Damit auch die zehnte Ferienwohnung von der Gewinnbeteiligung gekauft werden kann, entscheiden die Mitinhaber im Sinne ihres Hier und Jetzt und tun so, als ginge sie die Zukunft der Firma nichts an. Dumm nur, dass Büchner sich wohl mitunter so blöd verhalten hat, dass mittlerweile auch Leute gegen ihn sind, die seine Pläne gar nicht so falsch finden.

Wie eine Sternschnuppe

Oder nehmen wir den Stern. Dort geht es auch sehr lustig zu, jedenfalls solange man nicht fest angestellt ist. Bis Christian Gala Krug als Chef antritt, macht Andreas Petzold das Blatt. Das ist der Mann, der zusammen mit Thomas Osterkorn in 14 Jahren als Stern-Chefredakteur alles versäumt hat, das man hätte tun müssen, damit das Magazin nicht so unrettbar dasteht, wie es das jetzt tut. Als Hein und Fiete Bräsig ist etwa die Möglichkeit eines relevanten Onlineportals wie eine Sternschnuppe an ihnen vorübergezogen.

Das Heft hat sich unter ihren Händen vom quirligen Strom in ein sauerstoffarmes Rinnsal verwandelt, das schlichtweg völlig bedeutungslos ist. Ihrem Nachfolger Dominik Wichmann ist es gelungen, die Fließgeschwindigkeit wieder zu erhöhen, dem Wasser wieder Leben einzuhauchen – aber egal, lassen wir den Petzold ran!

Oder das Hamburger Abendblatt. Das hat letzte Woche unter dem Titel „Schämen für Schill“ gefragt: „Wie konnte dieser Mann Hamburgs Zweiter Bürgermeister werden?“ Was willste denn da machen, als Festangestellter? Dem Chefredakteur die Artikel raussuchen, mit denen das Abendblatt den heutigen Big-Brother-Absolventen als politischen Hoffnungsträger hochgeschrieben hat? Nee, nee, nee, da bleib ich lieber freie Journalistin.

Dann hat man nämlich auch die tollen Partys. Zum Beispiel bei meinem Lieblingsverein, Freischreiber. Beim Sommerfest ging es wieder sehr lustig zu. Und mit Chefredakteuren weiß man auch umzugehen und ihnen einen adäquaten Platz zuzuweisen: am Grill. Den Bauch voll Veggiwurst und Wein zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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5 Kommentare

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  • Begegnet Dir jemand, von "Freiheit" besoffen,

    dann hast Du wahrscheinlich nen Sklaven getroffen.

  • @Anhänger von Pay Pal und Bitcoin:

     

    Es freut sich die

    "Finanzindustrie".

     

    Dann doch lieber frei sein.

  • Silke Burmester ist Klasse.....aber an dieser Stelle etwas anderes liebe Taz´ler : Endlich, endlich kann man mit Pay-Pal bezahlen ! Ich sage endlich (!) denn die Bezahlung für einzelene Beiträge per Credit Card oder Lastschrift war doch allzu mühsam. Ewiges erneutes Eintippen von endlos langen Nummern, hat mich des öfteren vom Bezahlen abgehalten und schickte mich in die freche Umsonst-Kultur mit schlechtem Gewissen . Bei Pay Pal dauert es jetzt nur noch 3 Klicks und fertig ist die Laube. Deshalb heute auch 1 euro statt der üblichen 50 cent. Vielleicht steigen jetzt eure monatlichen Einnahmen, denkbar wäre es. ich zahle jetzt auf jeden Fall in Zukunft öfters.

     

    Gruß aus HH

     

    Felixflash@gmx.net

     

    Frage mit möglicher Antwort erbitte ich dann doch : Warum Pay Pal erst jetzt ? Würde mich schon interessieren. Ansonsten weiterhin steigende Einnahmen.

    • @Hildebrand Felixflash:

      ,

      "Warum Pay Pal erst jetzt ?"

      Angebrachter wäre wohl eher die Frage, warum jetzt überhaupt noch Pay Pal , bei denen nicht einmalig große Datenmengen (Kundendaten) gehackt wurden.

      Dann schon lieber Bitcoin.

      • @addizzy:

        Hmm...ist verständlich, aber mir sagt Bitcoin gar nichts - werde mir das trotzdem ansehen. Pay Pal ist aber Mainstream und ich denke die TAZ kann darauf nicht verzichten. Es gibt Leute die machen sich nicht ständig Gedanken über die Sicherheit im Netz, sie nutzen es einfach. Das mag naiv erscheinen aber ich fahre auch ohne Helm Fahrrad, absolute Sicherheit gibt es nicht.