Kolumne Die B-Note: Kein L-Wort

Die Deutsche Presse-Agentur stellt die Männer der Spielerinnen vor. Und die Frauen? Lieber nicht. Wie verklemmt.

Wenn Frauenfußball schon immer professioneller wird, sich also von einer mehr oder weniger hobbyartig betriebenen Übung in Gender-Demokratisierung zu einem gewöhnlichen Sport wandelt, dann spricht für diese These ein Bericht, den die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Donnerstag um 13.06 Uhr verbreitete. Überschrift: „(Mann-o-Mann) Die Spielermänner der DFB-Frauen.“ Erzählt wird in dieser gutwillig aufbereiteten Geschichte, dass die Vokabel „Spielermann“ zwar neu sei, man sie sich aber „in Zeiten des Frauenfußball-WM-Hypes merken“ dürfe.

Dass Begriff „Spielerinnenmann“ noch treffender gewesen, wollen wir einmal großzügig übersehen, schließlich betritt auch die dpa mit diesem Thema Neuland. Dann folgen genau drei Beispiele: Fatmire „Lira“ Bajramaj, Alexandra Popp und Célia Okoyino da Mbabi werden als Spielerinnen vorgestellt, die einen Mann an ihrer Seite hätten. Das ist hübsch informiert. Und das ist dann wirklich so wie bei den Männern, die, heißen sie nun Lothar Matthäus oder David Beckham, für das öffentliche Geschäft um den Fußball wissen, dass Fußball keine sportistische Laboranordnung ist, sondern Hochleistungssport plus Entertainment plus Familienerzählung.

Nun also die Frauen, und das ist nur gerecht so. Allein: Lediglich 3 des 21 Spielerinnen umfassenden Kaders haben einen Spielerinnenmann? Was aber haben die anderen? Sind es Singles? Oder, und das geht als Frage an die dpa: Wollte sie die Spielerfrauen nicht vorstellen? Wollten die meisten DFB-Stars nicht darüber plaudern, dass sie wenigstens nicht als bekennende Heteras gelten wollen? Oder, eventuell, hielt die Nachrichtenagentur sich an den stillen Comment der Silvia-Neid-Equipe, über das vermutet öffentlich schwer Vermittelbare lieber zu schweigen?

Das könnte als Argument tragbar sein: Bloß nicht das böse L-Wort in den Mund nehmen, nie explizit werden, mit keiner Silbe das Klischee bedienen, das, ob triftig oder nicht, das Volk in Sachen „Frauen begehren Frauen“ pflegt. Allein: Eine Geschichte, die gegen die Fakten das Heterosexuelle stolz präsentiert, mit dieser zu erzählen, dass Popp einen „blonden Freund“ hat und Bajramaj schon für bald verheiratet zu erklären, ja, Okoyino da Mbabis Schwiegereltern in spe via Bild-Zeitung zu zitieren („Célia ist eine wundervolle Frau“) – das ist heteronormative Propaganda der übelsten Sorte.

Okay, das war jetzt ein Fremdwort: „heteronormativ“. Was das heißt? Die einseitige Lobhudelei auf etwas, das naturhaft scheint, aber, wichtiger noch: als einzig wünschenswerte und präsentable Lebensform profiliert wird. Das ist, zumal beim Frauenfußball, doch krass an allem vorbei, was wirklich dort die Sache ist.

Also. Wenn schon, denn schon: Moderne Frauenfußballzeiten heißt, auch die Frauen der Stars kennen zu lernen. Verstecken hilft nix. Ignorieren ist doof. Und verklemmt sowieso.

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Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Kurator des taz lab und des taz Talk. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders der Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. Er ist auch noch HSV-, inzwischen besonders RB Leipzig-Fan. Und er ist verheiratet seit 2011 mit dem Historiker Rainer Nicolaysen aus Hamburg.

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