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Kolumne Aufgeschreckte CouchpotatoesDie Großtante aus Deutschland

Edith Kresta
Kolumne
von Edith Kresta

„Mein algerische Familie“ ist der Titel eines Bilderbuches von Alice Schwarzer. Alice islamophob? Mitnichten! Sie wird geliebt in Patriarchenland.

Alice Schwarzer weiß Kritikern zu entgegnen Foto: Henning Kaiser/dpa

I rgendwo zwischen Länderkunde, Reiseführer, Poesiealbum und persönlichem Bekenntnis muss man Alice Schwarzers Buch „Meine algerische Familie“ einordnen. Man sieht Alice Schwarzer im Kreise ihrer algerischen Freunde. Die freundliche Großtante aus Deutschland, die mit den Kindern der Großfamilie herzt und scherzt. Schwarzer besucht in Algier die Familie ihrer langjährigen Journalistenfreundin Djamila, die sie vor dreißig Jahren in Paris kennenlernte.

Und Djamila erzählt von ihrem Land: vom französischen Kolonialismus, dem Befreiungskrieg in den 60er, dem Sozialismus in den 70er und 80er Jahren und dann dem Bürgerkrieg in den 90er Jahren: zehn Jahre Kampf gegen die Islamisten, die aus Algerien einen Gottesstaat machen wollten. Und sie zeigt sich verwundert über die falsche Toleranz gegenüber diesen radikalen Islamisten in Europa.

Das verbindet sie mit ihrer Freundin Alice. Und die zeigt uns das Land: den Souk, die römischen Ruinen, die Wüste – alle Sehenswürdigkeiten in diesem touristisch so verschlossenen Land und noch viel mehr. Sie feiert ausgelassen auf einer traditionellen Hochzeit, geht Kleider shoppen, und natürlich diskutiert sie mit engagierten Frauen und mit Ghanou, einem gläubigen Muslim.

Alice Schwarzer schreibt über ihn: „Ich habe in einem meiner Bücher über die Gefahr des Islamismus geschrieben, Ghanou sei mein innerlicher Maßstab. Bei allem, was ich über den Islamismus schreibe, würde ich mich immer fragen: Könnte ich das auch zu Ghanou sagen? Oder würde ihn das verletzen? Ghanou ist bis heute mein Maßstab geblieben.“

Das Buch

Alice Schwarzer: „Meine algerische Familie“. Mit Fotografien von Bettina Flitner. KiWi, Köln 2018, 209 Seiten, 18,99 Euro

Wer, bitte schön, kann sich auf so ein Korrektiv berufen? Alice Schwarzers Buch ist eine herzige Geschichte kultureller Begegnung. Eine schöne Geschichte von Freundschaft und Zuneigung, in der viele kluge AlgerierInnen zu Wort kommen. Sie erzählen vom politischen Islam aus der algerischen Perspektive.

All das ist stimmig und nah dran, aber irgendwann kommt einem dieser freundliche Familienbesuch in Algier mit Hochzeit, Couscous und Gruppenfoto mit Dame Alice nur noch kitschig und übertrieben vor. Ein allzu offensichtlicher Schachzug, um ihren unfreundlichen KritikerInnen, die Alice Schwarzer als „islamophobe Rassistin“ beschimpfen, den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ihnen plakativ verstehen zu geben: Hey, ich kenne mich aus mit dem politischen Islam und muslimischen Ländern. Ich weiß, von was ich rede und über wen. Und dafür werde ich dort sehr gemocht! Das ist schön für Alice in Patriarchenland.

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Edith Kresta
Redakteurin
Schwerpunkte: Reise und Interkulturelles. Alttazzlerin mit Gang durch die Institutionen als Nachrichtenredakteurin, Korrespondentin und Seitenverantwortliche. Politologin und Germanistin mit immer noch großer Lust am Reisen.
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11 Kommentare

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  • Alice im Sommerloch

     

    A. Schwarzer hat sich selbst vielfach öffentlich disqualifiziert (u.a. Steuerhinterziehung, Kachelmann-Affäre).

    Was soll also ein Artikel über sie?

    Ist schon Sommerloch?

  • Zitat: „Ich habe in einem meiner Bücher über die Gefahr des Islamismus geschrieben, Ghanou sei mein innerlicher Maßstab. Bei allem, was ich über den Islamismus schreibe, würde ich mich immer fragen: Könnte ich das auch zu Ghanou sagen? Oder würde ihn das verletzen?“

     

    Gute Frage, finde ich. Nur leider an die falsche Adresse gerichtet.

     

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Patriarchin wie diese „freundliche Großtante aus Deutschland“ mit ihrer Frage sehr viel weiter komm, als sie schweigend kommen würde. Der „innerliche[] Maßstab“ liegt nämlich nie außerhalb des Menschen. Es wird immer durch ihr eigenes Ich bestimmt.

     

    Für autoritäre Menschen ist es typisch, dass sie SICH befragen, nicht ihr eventuelles „Korrektiv“. Alice Schwarzer nimmt sich praktischerweise das Recht heraus, gleich selber zu entscheiden, was ihren „Freund“ Ghanou verletzen würde und was nicht. Auf die Idee, diese Frage direkt an Ghanou zu richten, bevor sie ihre Statements in die Welt entlässt, kommt sie offenbar nicht. So ernst möchte sie einen gläubigen Muslim dann scheinbar doch nicht nehmen. Könnte ja sein, das neue Buch wird dann ein ganz klein wenig dünner.

     

    Könnte allerdings auch sein, Ghanou ist nicht nur ein gläubiger Muslim, sondern auch ein wirklich guter, weiser Freund. Einer, der nicht unbedingt zeigt, wenn er sich verletzt fühlt von seinem Gast. Weil er die Gastfreundschaft über seine persönliche Eitelkeit stellt und/oder weil er weiß, dass Alice Schwarzer sich nicht ändern wird, egal wie viel gute Argumente er ihr liefert.

     

    Es würden Alice Schwarzer gefühlt drei Zacken aus der Krone brechen, würde sie zugeben, dass sie sich irgendwie vergaloppiert hat. Mit so einer Erkenntnis können autoritär geprägte Menschen überhaupt nur sehr schwer umgehen. Sie kratzt nämlich an ihrer Daseins-Berechtigung. Und zwar im doppelten Wortsinn.

    • @mowgli:

      Bitte lesen Sie doch zunächst den Artikel und ggf. auch das Buch, über das Sie hier (ab)urteilen. Dann wüssten Sie, dass Schwarzer ihren Freund Ghanou tatsächlich und häufig direkt fragt.

    • @mowgli:

      Vorsicht Vorsicht

       

      Drei Zacken aussem BayenEmma-Turm

      &

      Unser aller Rapunzelchen würde nicht mehr ihr Haar runter* - sondern glatt -

      Runterfallen! Newahr.

       

      unterm—->

      * …bekanntlich gehört es zu den schwierigeren Übungen - Turmeinlaß!

      Nunja - zu erhalten! Schlüssel verlegt usw usf! & selbst Mr RP van Kölle -

      Trinkensenemit Antwerpes - sah sich -

      Denn doch eingelassen -;) - Nicht in der Lage wg Mittelzweckentfremdung mal!

      ‘nen Computer - Hochzubuten!:)((

      kurz - Fründe stonn z‘samme!

  • Alter, durchsichtiger Trick der Rechten.

    Erinnert sehr an Franz Schönhuber, als damaliger Republikaner-Parteichef gewissermaßen der Gauland der 80er Jahre.

    Der betonte immer, er könne gar kein Ausländerfeind sein, da er ja sogar ein Ferienhaus in der Türkei hätte.

    • @Linksman:

      Und unheimlich, dass sie schon vor dreißig Jahren, als ihre Freundschaft mit der Familie ihren Anfang nahm, wusste, dass sie diesen "Trick" mal brauchen würde ... Und dass die Algerier*innen das all die Jahre auch noch mitgemacht haben! Zum Glück haben Sie alles scharfsinnig durchschaut.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Linksman:

      Franz Schönhuber und Alice Schwarzer in einen Topf werfen, das muss man erst mal bringen.

      Wenn Frau Schwarzer die Machos, was eigentlich ein beschönigender Begriff ist, aus dem islamischen Kulturkreis kritisiert, hat sie doch recht. Auch ich will hier solche Verhältnisse, wie sie in den meisten islamischen Staaten zwischen Mann und Frau herrschen, nicht haben - Punkt

      Die wegen solcher Verhältnisse Verfolgten dieser Länder sind mir willkommen.

    • @Linksman:

      Alter, billiger Trick, einen Schachzug zu unterstellen. Natürlich ist die Dame unter Rechtfertigungsdruck geraten, und wenn sie nun zur Kenntnis gibt, dass sie sich in der Materie auskennt, ist das ja wohl legitim.

    • @Linksman:

      Hodentöter - nicht vergessen!

      • 2G
        2730 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Ein-Blicke sind ein-seitig, klar, aber immer noch besser als hinterm warmen Ofen sein Besserwisserchen warm halten.

        Eine "algerische Familie" zu haben, die mir wenn auch einen winzigen Einblick in ihre Gesellschaft gewährt-das ist mehr als ich von mir behaupten kann.

        Ich bin auch noch nie auf einem Kamel oder whatever durch Afghanistan getrampelt. Insofern haben alle diese Menschen mir was voraus-und können was erzählen.

        Vor gar nicht langer Zeit hieß es noch:

        "Hück morje sitt ihr wigger / Richtung Syrien /

        einfach teste, einfach selvs probiere, /

        ob dä Köppke lüüsch, un wie se do dropsinn". (https://www.youtube.com/watch?v=O1tEG_qThbU)

        Und was blieb davon? Sich über die erheben, die noch mit dem Grenzschutzwrack unterwegs sind?

        Liebe Kommentatoren, seid mir nicht böse, aber diese strunzdämliche Kritikasterei geht mir auf den Keks.

        • @2730 (Profil gelöscht):

          Ok - Nimm zwei & dies ~>

           

          Keine Tante. Aber mal ‘n paar Jährchen u.a. für Asyl Algerien zuständig - als da die FIS Staat&Gesellschaft an den Rand brachte! Das Grauen ist mir noch gut präsent.

          &

          Eine Reaktionärin - bleibt halt ersichtlich eine solche. Schmerzfrei.