Klimawandel, Leugnung und Wissenschaft: Von „wütendem“ Wetter bis Elitenplan
Die Folgen der Klimakrise sind unübersehbar. Doch Pseudo-Fakten und politische Verdrängung blockieren den Wandel.
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Ob Dürren, sintflutartige Regenfälle oder Waldbrände. Die Folgen der Klimakrise zeigen sich immer häufiger, kommen immer näher. Angesichts dieser neuen Normalität könnte man meinen, dass auch der letzte den Ernst der Lage erkannt hat und Klimaleugnung endgültig im Museum kurioser Irrungen angekommen ist.
Dem ist nicht so. Mit Corona hat es auch der Klimawandel geschafft, von einem simplen wissenschaftlichen Befund zu einem politisch aufgeladenen Kampfbegriff zu mutieren. Auf Social Media wird das „Konzept“ der globalen Erwärmung, ähnlich wie die „Covid-Pandemie“, zu einem heimlichen Eliteprojekt umgedeutet,
Mit dem Ziel, die Freiheit unbescholtener Bürger einzuschränken. Interessant ist, je klarer die Krise, desto verzweifelter flüchten sich die Anhänger dieser Theorie in die kognitive Dissonanz, nach dem Motto: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Die Wahrheit wird verblendet, Tatsachen verdreht und mit Pseudo-Fakten argumentiert.
Auf Plattformen wie X, ein Sammelbecken aller „kritischen Geister“, finden sich unter jedem Klima-Post die immer gleichen Wirrungen und Nebelkerzen: Klimawandel gab’s schon immer, CO2 ist das Lebenselixier der Pflanzen oder: Früher war es auch mal warm. Schließlich bedeute Grönland „grünes Land“, auf dem sogar Wein angebaut wurde, wie der mittlerweile geschasste FPÖ-Politiker HC Strache mal behauptete.
Die Erkenntnis, dass das Weltklima natürlichen Schwankungen unterworfen ist, was das beliebteste „Gegenargument“ der Klimaskeptiker ist, haben sie der gleichen Wissenschaftsdisziplin zu verdanken, die seit Jahrzehnten, in immer drastischeren Appellen darauf hinweist, dass wir ein großes Problem haben.
Dass das Klima im steten Wandel begriffen ist, hatte oftmals mit dem gleichen Molekül zu tun, das uns auch heute vor Probleme stellt. Diese Ironie prallt an der Szene natürlich souverän ab.
Das „wütende Wetter“
Wozu sich um ein paar Unverbesserliche kümmern? Ist die übergroße Mehrheit der Gesellschaft nicht immun für solche Gedankenspiele? Umfragen lassen einen solchen Eindruck zu. Doch liegt in Deutschland mit der AfD eine stramme Klimaleugnerpartei kurz vor der Wahl auf Platz 2. In vielen EU-Ländern gewinnen Rechtspopulisten, in denen die Leugnung unliebsamer Tatsachen zum Standardrepertoire gehört, dazu.
In den USA zieht mit Donald Trump die leibhaftig gewordene Ignoranz erneut ins Weiße Haus ein. Das mächtigste Amt der Welt wird von einem Mann bekleidet, der „Drill, baby, drill“ zu einem offiziellen Wahlkampfslogan ausgerufen hatte. In Zeiten, in denen ganze Bundesstaaten unter Wasser stehen und Waldbrände ganze Städte verwüsten, will man das „schwarze Gold“ umso schneller aus dem Boden holen.
Das fossile Imperium gibt sich noch längst nicht geschlagen. Es hat in der menschlichen Ignoranz einen mächtigen Verbündeten gefunden. Doch wird die Einsicht früher oder später kommen. Dem „wütenden Wetter“, wie die Klimaforscherin Friederike Otto es nennt, ist es egal, wo du wohnst, ob du arm oder reich bist, oder ob du daran glaubst. Früher oder später wird es jeden treffen.
Oder wie ein Nutzer auf X die Waldbrände in Kalifornien kommentierte: „Der Klimawandel zeigt sich uns als eine Abfolge von Katastrophen, die wir durchs Handy betrachten und die immer näher kommen, bis wir selbst die sind, die sie filmen.“
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