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Klimaschädliche WerbungBack Dir Werbeverbots-Waffeln!

Dauerbeschallung mit Plakaten von SUVs und Billigflügen muss nicht sein. Mit diesem Rezept kannst du die Umwelt schützen – vor Werbung und CO2.

Um den Geschmack fader und Werbung abzurunden, ist diese am besten in fitzkleinen Einzelteilen durch Aktionen zu entfernen Foto: Panthermedia/imago, Illustration: Ali Arab Purian

W enn du das nächste Mal an einem Bahnhof stehst, schau dich mal genau um. Wahrscheinlich fällt dein Blick dann auch auf Werbung. Große Plakate mit Bildern von SUVs, Kreuzfahrten oder Billigflügen. Überall im öffentlichen Raum werden Produkte beworben, die unser Klima belasten. Diese Dauerbeschallung kann unser Kaufverhalten prägen. Die niederländische Stadt Den Haag hat deshalb ein Gesetz verabschiedet, das Werbung für CO2-intensive Produkte und Dienstleistungen im öffentlichen Raum verbietet.

In Deutschland ist ein generelles Werbeverbot rechtlich nicht möglich. Aber Städte- und Gemeinderäte können bestimmen, welche Werbung zulässig ist. Dabei geht es um klassische Litfaßsäulen, Werbung an Bushaltestellen oder große Plakatwände. Was es dafür braucht? Eine Gruppe, die das Thema auf die Agenda setzt. Wir erklären, wie ihr euren Stadtrat dazu bringen könnt, klimaschädliche Werbung zu verbannen.

Schwierigkeitsgrad

Mittel

Zubereitungszeit

1–3 Jahre

Personen gelingt am besten mit Unterstützung

Nährwert Die Werbeindustrie beeinflusst, was wir konsumieren. Werbung für Autos und Flüge

schätzungsweise weltweit zwischen 202 und 606 Millionen Tonnen CO2. Durch das Verbot von Werbung für fossile Mobilität ließen sich kurzfristig erheblich Emissionen einsparen – und zugleich unsere Einstellung zu klimaschädlichem Konsum verändern.

Gut zu wissen Die Werbeflächen in einer Stadt oder einer Kommune gehören zu unterschie­dlichen Anbietern. Litfaßsäulen oder Werbewände an Bushaltestellen werden häufig vom Stadtmarketing oder den Verkehrsbetrieben verwaltet. Andere Flächen gehören zu Privatunternehmen. Der Stadtrat beschließt in der Regel die neuen Werbeverträge und gestaltet damit Außenwerbung im öffentlichen Raum.

Was du brauchst

- 2 kg dickes Fell und Ausdauer

- 1 Handvoll Durchblick im ­Umweltinformationsgesetz

- Eine Prise taktisches Feingefühl im Stadtrat

Zubereitung

1 Holt euch Unterstützung

Gibt es in eurer Stadt schon eine Gruppe, die sich mit klimaschädlicher Werbung beschäftigt? Vernetzt euch!

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

2 Informiert euch über Werbeverträge

Findet heraus, mit wem die Stadt Werbeverträge abgeschlossen hat und wann diese auslaufen. Stellt dafür eine Anfrage über das Umweltinformationsgesetz. Das verpflichtet die Verwaltung zur Herausgabe entsprechender Informationen. Alternativ geht das auch über das Informationsfreiheitsgesetz.

3 Formuliert eure Forderung

Bringt euer Ziel auf den Punkt: Wie definiert ihr „fossile Werbung“? Eine Initiative in Bayreuth etwa hat ihren Vorschlag so formuliert: „Unter dieses Verbot fällt im öffentlichen Raum sichtbare Werbung für Flugreisen und weit entfernte Reiseziele, Kreuzfahrten, graue Stromverträge, Gasverträge, Autos mit einem benzin- oder dieselbetriebenen Motor oder Hybridmotor und andere Produkte und Dienstleistungen fossiler Brennstoffe“.

4 Stellt Kontakt zum Stadtrat her

Ihr könnt etwa in einer Bürgerversammlung Forderungen sammeln und in den Stadtrat einbringen oder direkt Kontakt mit Ratsmitgliedern aufnehmen und sie überzeugen, euren Vorschlag offiziell einzubringen. Der Stadtrat ist das Gremium, das entsprechende Regelungen erlassen und bestehende Werbeverträge anpassen kann. Vernetzt euch dafür frühzeitig mit lokalen Entscheidungsträger:innen.

5 Legt die Fakten auf den Tisch

Bereitet eure Argumente für das Werbeverbot gut vor, um auch Stadt­rä­t:in­nen zu überzeugen, denen Klimaschutz weniger wichtig ist, dafür aber die öffentliche Gesundheit und Lebensqualität. Betont die sinkenden Gesundheitsrisiken durch eine geringere Luftverschmutzung oder den Schutz der Ver­brau­che­r:in­nen vor Greenwashing.

6 Baut öffentlich Druck auf

Kampagnen rund um Stadtratssitzungen, Pressearbeit und Aktionen mit Umweltorganisationen oder Bürgergruppen schaffen Sichtbarkeit. So wird deutlich, dass viele Menschen hinter dem Anliegen stehen.

Zukunftsrezepte

Was kann ich tun? Die Frage erreicht die wochentaz seit Jahren immer wieder. Hier stellen wir diesen Sommer konkrete Rezepte für Engagement vor. Zum Nachkochen. Schreibt uns, wie’s schmeckt: zukunftsrezepte@taz.de

7 Überzeugt den Stadtrat

Damit der Antrag im Stadtrat angenommen wird, ist es wichtig, alle Fraktionen einzubinden, nachdem ihr bisher einzelne Mitglieder überzeugt habt. Führt persönliche Gespräche mit den Fraktionen und verteilt Flyer mit euren Argumenten. Hier sind Überzeugungskraft und Durchhaltevermögen gefragt, damit eure Initiative Erfolg haben kann.

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