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Klimapolitik der nächsten RegierungDie Pragmatik der Gerechtigkeit

Jonas Waack
Kommentar von Jonas Waack

Die Klimabilanz der Ampel ist ernüchternd. Das merkt man vor allem am Wahlkampf. Die nächste Regierung muss das Thema proaktiv kommunizieren.

Damals noch vereint: Zweitägige Klausurtagung der Bundesregierung auf Schloss Meseberg Foto: Chris Emil Janssen/imago

W ir werden einfach nicht mehr klarkommen. Regierungen, Banken, Privathaushalte – alle werden überfordert sein von den Folgen der Erderhitzung. Das sagt nicht die Letzte Generation, sondern die Chefaufseherin der Versicherungen in der EU.

Gleichzeitig stellt der deutsche Expertenrat für Klimaschutz fest: Ja, die Ampel hat echte Fortschritte beim Umstieg auf Erneuerbare gemacht. Aber Verkehr, Gebäude und Natur stoßen unverändert zu viel CO2 aus. Noch kann sich die nächste Bundesregierung entscheiden: Klimarealistische Politik, die Nor­mal­ver­die­ne­r*in­nen entlastet? Oder Durchwurschteln, möglichst wenig übers Klima reden und am Ende Rechtsextreme stärken?

Die Bilanz der Ampel zeigt: Klimapolitik scheitert, wenn sie sich an den Leuten vorbeischummeln will. Sie muss laut und mutig sein: Ja, wir verbieten neue Verbrenner, und dafür gibt es das 9-Euro-Ticket zurück. Ja, wir verpflichten euch dazu, die Gasheizung rauszuschmeißen, aber 80 Prozent der neuen Heizung bezahlen wir. Wer dafür bezahlt? Deutschland kann sich viel mehr Schulden leisten. Und den Rest holen wir von den Superreichen – die bekommen das eh nicht mit, weil sie über den Winter nach Kapstadt geflogen sind.

SPD und Grüne hatten drei Jahre Zeit, Klimapolitik zu einem Gewinnerthema zu machen. Dass sie damit gescheitert sind, merkt man an ihrer Angst, im Wahlkampf das Klima zu erwähnen. Falls die CDU unter Merz überhaupt noch Klimapolitik macht, werden Unternehmen gepampert, während Nor­mal­ver­die­ne­r*in­nen auf den immer höheren Kosten für Gas und Benzin sitzenbleiben. Das wird auf Widerstand stoßen, die CDU zieht zurück und wir sind wieder bei Klimaschutz ohne Ernsthaftigkeit.

Das Klima nicht zu schützen, überfordert die Leute, weil ihre Häuser weggeschwemmt werden. Das Klima falsch zu schützen, überfordert die Leute, weil sie ihre Rechnungen nicht bezahlen können. Überforderung stärkt nur die Rechtsextremen. Die pragmatische Lösung ist deswegen gerechter Klimaschutz – das sollte auch der CDU ein Anliegen sein.

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Jonas Waack
Klima-Redakteur
Jahrgang 1999, zuständig für Klima-Themen im Ressort Wirtschaft und Umwelt. Stadtkind aus Mecklenburg, möchte auch sonst Widersprüche vereinbaren. Bittet um Warnung per Mail, falls er zu sehr wie ein Hippie klingt.
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5 Kommentare

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  • Die nächste Regierung muss das Land vor allem auf Wachstumskurs bringen. Alles andere ist absolut nachrangig! Denn andernfalls brauchen wir uns um Umweltschutzbemühungen unsererseits keine Mühen mehr geben, dann erledigt das der Rückgang unserer Industrieproduktion für uns, zumindest was die individuelle Klimabilanz dieses Landes angeht. Global wird sich wegen der Verlagerungen überhaupt nichts bewegen.

    Und was den gerade in dieser Zeitung so gern geforderten Sozialstaat angeht, der geht dann mit den Bach runter.

  • Einmal die Augen öffnen:



    Die USA, immer schon ein Wackelkandidat, betreiben gar keine Klimapolitik mehr. China hat ebenfalls neue Prioritäten.



    Und diesem Beispiel werden viele folgen.

    Klimawandel ist ein globales Problem.



    Ein europäisch-japanischer Alleingang bringt's einfach nicht.

    Hinzu kommt, dass wir ohnehin große wirtschaftliche Schwierigkeiten haben. Wir können es uns große Änderungen nicht leisten - vor allem nicht, wenn der Rest der Welt in eine völlig andere Richtung läuft.

    Ob es uns gefällt oder nicht:



    Klimapolitik ist für die nächsten Jahre passé.

  • Das ist ganz gut zusammengefasst. Insbesondere sollte man sich über eine künftige CDU-Regierung keine Illusionen machen. Da git das Motto: Der CO2-Preis wird es schon richten. Und den Strom machen wir ein bisschen billiger.



    Energie wird teurer und damit alles andere, was wir zu Leben brauchen: Nahrungsmittel, Mieten, Autos, u.s.w.



    Leider vermisse ich auch hier mal wieder den Hinweis aus den CO2-Preis, und dass es beim dort auch eine Einnahmen-Seite gibt. Und die Frage, was mit diesem Geld geschieht.

  • "Die pragmatische Lösung ist deswegen gerechter Klimaschutz – das sollte auch der CDU ein Anliegen sein."



    Der aktuellen Unionsführung geht es zwar um die vielen Stimmen der "kleinen Leute", aber im Wesentlichen dreht sich die Welt um die bekannten Interessen der "großen Leute" in d. Wirtschaft. Daher ist dringend ein "Correctiv" erforderlich.



    Das "Totschlagargument" des vordringlichen Erhaltes von Arbeitsplätzen ist dann eher absurd adressiert, wenn diese im höchst klimaschädlichen Bereich gegen den Klimaschutz erhalten werden - koste es, was es wolle.



    correctiv.org/aktu...on-friedrich-merz/



    /



    Über den schwindenden Einfluss der CDA sind auch Unionstreue ohne Wechselwählerambitionen "not amused".



    Neue Arbeitsplätze qua Atomkraft sind ein gedanklicher Anachronismus einer Führung, die ihr Denken noch nicht umgestellt hat.



    Auch die Konzerne der Energiewirtschaft sind nicht im Schulterschluss:



    b. spiegel.de



    "Energiepolitik



    RWE-Chef lehnt Rückkehr zu Atomkraft ab



    Die Union will das Wiederhochfahren abgeschalteter Atomkraftwerke prüfen. Der Vorstandschef des Energieversorgers RWE widerspricht – wegen..."💵❗

  • "Die nächste Regierung muss das Thema proaktiv kommunizieren. "



    Ich fürchte, dass es unter Merz einfach unter den Tisch gekehrt wird, damit er das Geld anderweitig verwenden kann.



    Da gibt es dann eher "Subventionen" für Industriestrom, mit finanziert mit unseren Steuern und Streichungen im Sozialbudget, wie eh schon angekündigt.



    Die nächste Regierung wird keine der Umweltpolitik und armen Menschen werden.