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Klimabildung als LebensaufgabeDie Sonnenschule

Eine Schule in Thailand verbindet Solarenergie, Bio-Landwirtschaft, Wissen zum Klimawandel und alternative Bildungskonzepte.

Bunt und fröhlich: Eingang zur Sonnenschule Foto: Enno Schöningh, Warming Stripe: showyourstripes.info

Schaut man auf eine Karte, wird sichtbar, dass die Schule im Dreiländereck liegt, dort, wo sich die Grenzen Thailands, Laos’ und Kambodschas vereinen. Die dortige Provinz, Ubon Ratchathani, ist eigentlich für scharfes Essen und ihren Reisanbau bekannt. Tatsächlich ist Ubon die größte Reisanbauprovinz des Landes und erzielt eine Wertschöpfung von mehr als einer Viertelmillion Euro jährlich. Doch mit täglich 7,7 Sonnenstunden im Jahresschnitt, gemessen in der Provinzhauptstadt, eignet sich die Region auch hervorragend für Solarenergie.

Der erste Blick vor Ort bleibt unweigerlich am Schultor hängen, und zwar an den drei über der Einfahrt montierten quadratmetergroßen Solarmodulen. Sie thronen auf einer hohen, in Gelb und Orange gestrichenen Stahlkonstruktion. Passiert man das Tor, fällt der Blick nach rechts auf ein neues, auf vier weißen Säulen stehendes Schulgebäude. Auf dessen Dach sind 18 große Solarmodule installiert. Allein seine Größe hebt das Schulgebäude von den älteren, kleineren Häusern auf dem Schulgelände ab. Die einstöckigen Gebäude zur linken, unter anderem das Lehrer*in­nen­zimmer und die Mensa, wirken im Kontrast sehr beschaulich.

Der Gründer der Schule, Phrakhruwimonpanyakun, wurde 1972 geboren und wuchs als ältester Sohn mit vier ­Geschwistern im Nordosten Thailands auf. Seine orange­farbene Robe und sein glatt rasierter Kopf kennzeichnen ihn als Mönch. Bevor er sich dem Buddhismus verschrieb, arbeitete der heutige Mönch in Bangkok in handwerklichen Kleinbetrieben. Hierbei eignete er sich das Wissen an, Solarmodule zu nutzen. Nachdem Phrakhruwimonpanyakun in mehreren Tempeln im Nordosten Thailands lernte und schließlich die Mönchsweihe erhielt, wurde er Abt des Tempels, der an die Schule angrenzt. Hier fand er mit der Gründung, dem Aufbau und der Entwicklung der Sonnen­schule seine Lebensaufgabe.

Die Suffizienzökonomie des Königs

Die Schule, in lateinischen Buchstaben Si Saeng Tham geschrieben, bezieht ihre Energie fast ausschließlich aus Solaranlagen. Diese bilden ein autarkes Energiesystem. Die Schule ist dennoch an das Energienetz angeschlossen – für den Fall von Stromausfällen in der Regenzeit. Die Instandhaltung der Solaranlagen bietet den Schüler*innen die Möglichkeit, praktische Erfahrung mit erneuerbaren Energien zu sammeln.

Dies knüpft an den vom Solar-Mönch beworbenen Bildungsgrundsatz an. Dieser wiederum baut auf der Philosophie der Suffizienzökonomie auf, die dem 2016 verstorbenen König Thailands Bhumipol Adulyadej zugeschrieben wird. Die Philosophie beschreibt einen Entwicklungsansatz, der auf Werten wie Mäßigung, Umsicht sowie Eigenständigkeit und Marktunabhängigkeit beruht. Im Gegensatz zu klassischer ökonomischer Theorie betont das Modell die Wichtigkeit nachhaltiger Rentabilität anstelle kurzfristiger Profitziele. Die königliche Philosophie erfreut sich in Thailand großer Beliebtheit und wird durch regierungsgeförderte Projekte in über 23.000 Dörfern angewendet.

Der Solarmönch (Mitte), umgeben von offiziellem Besuch Foto: Enno Schöningh, Warming Stripe: showyourstripes.info

Auch der Mönch setzt die Philosophie in der Praxis um: „Die Nutzung von Solarmodulen ist unser Ausgangspunkt seit Gründung der Schule. Die Schü­ler*innen arbeiten an der Konzeption und Montage von Solarmodulen und lernen im Unterricht, wie sie funktionieren“, erzählt der Mönch. „Unser zweiter Schwerpunkt ist die Landwirtschaft, da Landwirtschaft die Bestimmung vieler Schü­ler*innen ist.“

Ziel: Ein Leben ohne Armut

Die Schüler*innen absolvieren nicht nur den regulären Unterricht, sondern lernen auch wirtschaftliche Selbständigkeit. Dies ist als Teil der königlichen Philosophie von besonders großer Bedeutung. Phrakhruwimonpanyakun betont, dass das Bildungskonzept der Schule darauf abziele, dass Schüler*innen später nicht in Armut leben müssen. Erste Erfolge wurden bereits erzielt. „Einige haben bereits Geld damit verdient, Solarmodule bei Kleinbauern in der Region montieren“, sagt der Mönch. „So können sie sich zusätzlich am Wochenende etwas verdienen.“

Nutcharat Seemawun, eine 26-jährige Englischlehrerin aus einer nahegelegenen Stadt, besucht die Schule mehrmals. Sie ist beeindruckt von Si Saeng Tham. „In staatlichen Schulen wird den Schülern beigebracht, akademisch gut zu sein“, sagt Nutcharat. „In Si Saeng Tham wiederum lernen sie, das Beste aus den ihnen verfügbaren Ressourcen zu machen. Im Prinzip probiert die Schule, den Schülern Lebenskompetenzen beizubringen, die über das theoretische hinausgehen.“

Achtsamkeit gehört dazu

Dazu gehört in der Sonnenschule auch Spiritualität. Der Mönch führt jeden Morgen eine Meditation mit allen Schüler*innen durch. Diese wird als Livestream übertragen. Nutcharat schaut sich das Video manchmal an. „Ich sehe immer wieder Videos des Mönchs, auf denen die Schüler*innen meditieren“, sagt Nutcharat. „So haben sie Zeit, sich selbst zu beobachten und zu realisieren, was in der Vergangenheit passierte, und die Zukunft zu planen.“

Solarenergie stellt auch finanziell eine Lebensgrundlage der Schule dar. Der Verkauf und die Installation von Solarmodulen tragen dazu bei, dass die Schule unabhängig ist. Davon profitieren auch viele Kleinbauern in der Umgebung. Sie können zum Beispiel eine tragbare Solar­anlage kaufen. Diese ist von Hand manövrierbar und kann jederzeit in die Sonne verschoben werden. Dies ermöglicht den Kleinbauern, mehr und mehr auf erneuerbare Energien umzusteigen. Für kaufkräftigere Interessierte bietet der Mönch mehrtägige Seminare an, in denen diese alles über Solarmodule lernen können. Neben dem Erlös durch Solar­energie betreibt der Mönch auch gezieltes Marketing. Aus diesem Grund werden auch die Meditationsvideos hochgeladen. Sie ermöglichen Spender*innen aus der ganzen Welt einen Einblick in den Schulalltag.

Eine weitere Komponente des nachhaltigen Schulkonzepts ist Bio-Landwirtschaft. Auf dem Gelände ist genügend Platz für den Anbau. Neben Chilis und anderem Gemüse wird vor allem Reis angebaut. Die zwölf zur Schule gehörenden Reisfelder werden ausschließlich von den Schü­ler*in­nen bewirtschaftet. Nicht nur lernen sie auf diese Weise den Reisanbau, sondern erarbeiten nebenbei auch das Schul­essen. So kann die Schule ein kostenloses Mittagessen anbieten.

Die Sonnenschule erreichte in den kurzen Jahren seit Gründung einen derart hohen Bekanntheitsgrad, dass offizieller Besuch, wie etwa von Landwirtschaftsbehörden oder lokalen Regierungsbeamten, nur noch am Freitag kommen soll. Das Interesse „hoher Besucher“ ist wahrlich nicht verwunderlich, denn eine energie-, finanz- und lebensmittelautarke Oberschule hat Seltenheitswert. Doch nur so bleibt genügend Zeit für das Wichtigste: den Schulalltag. Das integrative Konzept, bestehend aus Solarenergie, Bio-Landwirtschaft und der königlichen Philosophie, ist genauestens auf die Lebensrealitäten der Schü­ler*innen und die natürlichen Möglichkeiten der Umgebung abgestimmt. Wirklich unterscheidet aber der Fokus auf Sonnenenergie Si Saeng Tham von herkömmlichen Schulen.

Die Lehrerin Nutcharat ist überzeugt: „Das, was die Schule einzigartig macht, ist auf jeden Fall die Solarenergie.“

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2 Kommentare

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  • Klasse - eine Schule, die auf'sLeben vorbereitet. Ich meine das Zukünftige, mit Solarenergie usw. statt Gewinnmaximierung und Ressourcenausbeutung.

  • Ein Leuchtturm!