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Ausnahmezustand in ThailandIm Land der Putsche

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

Thailands Machthaber sind nervös und verbieten Versammlungen. Für Ruhe im Land wären Reformen sinnvoller. Auch die Monarchie betreffend.

Drei Finger hoch, das Symbol der prodemokratischen Demonstranten in Thailand, Bangkok 15. Oktober Foto: Chalinee Thirasupa/reuters

D ie Proteste in Thailand und der verschärfte Ausnahmezustand gleichen einem in dem südostasiatischen Königreich nur allzu bekannten Muster. Seit Jahrzehnten wechseln sich Repression, wachsender Widerstand und Revolte ab. Seit 1932 gab es 13 Militärputsche, ohne dass die wiederholte Herrschaft der Generäle an dem Muster etwas grundsätzlich ändern konnte. Den Militärs ging es stets zuerst um ihre Macht und Pfründen und die der sie stützenden Elite.

Geholfen hat den Generälen, dass sie sich als Beschützer des Königs inszenieren konnten. Der hat dafür jeden Putsch abgesegnet, ohne dass sich die Militärs als politisch besonders fähig erwiesen. Nach einigen Jahren wiederholte sich das Muster. Es funktionierte, solange auf dem Thron mit Bhumibol Adulyadej ein beliebter Monarch saß. Ihm wurde sogar verziehen, dass er sich von seinem Umfeld immer wieder gegen angebliche Majestätsbeleidiger und Monarchiefeinde instrumentalisieren ließ.

Doch Bhumibol ist seit vier Jahren tot. Sein Sohn, König Maha Vajiralongkorn, ist unbeliebt. Der Playboy residiert lieber am Starnberger See als in Bangkok. Es verwundert deshalb nicht, dass es heute wachsende Forderungen nach einer Reform der Monarchie und einer Neudefinition ihrer Rolle gibt. Als die Königin jetzt erstmals mit dem Anblick monarchiekritischer Demonstranten konfrontiert wurde, war dies Signal und Tabubruch zugleich.

Dabei ist unklar, ob die Sicherheitskräfte dies ­absichtlich orchestriert haben, um einen Vorwand zur Repression zu bekommen, oder ob sie nur unaufmerksam waren. Im gesellschaftlich wie politisch gespaltenem Land haben Militär und Königshaus stark an Ansehen verloren haben. Dabei könnte der Monarch seinem Land einen großen Dienst erweisen, wenn er einen Runden Tisch aller politischen Kräfte einberufen und umfassende Reformen einschließlich der Monarchie ausarbeiten lassen würde.

Dafür scheint er jedoch nicht die nötige Größe zu besitzen. Vielmehr ist zu fürchten, dass sich das fatale Muster aus Repression und Revolte mit neuen Opfern fortsetzt.

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Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin
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5 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Ohne Religion würde in Thailand Dauerchaos herrschen.

  • Sprachregelung

    Bei der medialen und politischen Perzeption der innenpolitischen Dauerkrise in Thailand gibt es eine auffallende terminologische Merkwürdigkeit: Im Gegensatz zu vergleichbaren Vorgängen, wie sie sich etwa in China, Burma, der Ukraine, Weißrußland oder dem Iran abspielten, wurde und wird nach wie vor der Straßenopposition in Bangkok (wie auch in Honduras) seit Jahren der Ehrentitel „Demokratiebewegung“ verweigert. Warum eigentlich? Weiterhin fällt die Zurückhaltung der abendländischen Staatengemeinschaft auf - wieder in deutlichem Unterschied zu den erwähnten Vergleichskrisen -, das gewaltsame Vorgehen der gegenwärtigen Machthaber gegen die außerparlamentarische Opposition in Thailand zu verurteilen: Weit und breit keine Warnungen von Regierungen, Menschenrechtsorganisationen, des Europaparlaments usw. Wie beurteilen übrigens deutsche semioffizielle Einrichtungen wie etwa die Friedrich-Neumann- Stiftung die Vorgänge?

    • 1G
      15797 (Profil gelöscht)
      @Reinhardt Gutsche:

      Richtig beobachtet. Obwohl Thailand fast nur Tourismus steht und kaum wirtschaftliche Risiken für Deutschland entstehen können, ist mit dieser Monarchie und den Regierungen da alles in Ordnung. Habe dort persönlich 2 Putsche miterlebt plus viel in SEA gereist und lebe aber noch in einer anderen "Diktatur" - Thailand ist neben Burma mit Abstand, ein wirklich harter Brocken. Auch als vor glaub nun 15 Jahren dort Zivilisten auf der Strasse von Scharfschützen "geschossen" wurden, gab es in den westlichen Nachrichten insgesamt keine einzige volle Minute Aufmerksamkeit dazu und noch viel weniger eine politische Stellungnahme dazu.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Davon abgesehen, dass eine kurze Internetrecherche ergeben hat, dass die Thailändische Demokratiebewegung durchaus so genannt wird:

      Ich würde die Vorgänge nicht "Vergleichbar mit China, Burma usw." nennen. Im Gegensatz zu den anderen genannten Staaten gab es in Thailand immer wieder Mal echte Wahlen die die Opposition auch immer wieder gewonnen hat und dann auch die Regierung stellte bis sie dann immer wieder weggeputscht wurde.

      In Thailand ist der Konflikt auch nicht unbedingt nur Demonstranten gegen Regierung sondern es gibt auch eine Massenbewegung (Die Gelbhemden) die mit ihren Demonstrationen einen bedeuteten Beitrag geleistet haben die demokratisch gewählten Regierungen zu stürzen. Also alles ziemlich anders als z.b. in China...

      • 1G
        15797 (Profil gelöscht)
        @Generator:

        @generator, gerade "Die Gelbhemden" die, die sehr wenig Demokratie unterstützen. Es ist die Partei der der oberen Mittelklasse bis hoch zur politischen Elite. Diese Partei wollte praktisch beschließen, dass so etwa 80 Prozent plus der Bevölkerung nicht waehlen duerfen - die Massen der Rothemden. Das ist sicher wenig Beitrag für eine funktionierende Demokratie. Da gibt es aber noch viel mehr dazu, auch wenn bei den Rothemden nicht immer alles so 100 Prozent "sauber" war. Aber es hatte immerhin etwas von demokratischem Ansatz - obwohl es sogar ganz ernsthaft gegen alle Ausländer ging. Ich würde heute sogar fast behaupten, das es dem Chinesischen Weg folgen wurde - allerdings mit einem offenen Krieg gegen Kambodscha, Lao .... und eventuell noch weiter. Gesellschaftlich hätte sich sicher nicht viel verbessert oder verändert, ausser das die Lebensmittelpreise explodiert waeren, da die Farmer dann Mindestpreise bekommen hätten. Der Massentourismus hätte sich Luxustourismus entwickelt und Kambodscha und Lao wuerden die untere Klasse bilden.