Klima-Umbau bei Thyssen-Krupp in Gefahr: Grünes Stahlprojekt auf Prüfstand
Thyssen-Krupp wollte Milliarden investieren, um klimafreundlicheren Stahl mit Wasserstoff zu erzeugen. Doch nun geraten die Pläne ins Wanken.
Hintergrund ist die wirtschaftlich schwierige Situation bei der Thyssen-Krupp AG und ihrer Tochter Thyssen-Krupp Steel Europe, die sich auch darin äußert, dass der Aktienkurs von Thyssen-Krupp sich seit Jahresbeginn halbiert hat. Die Lage habe sich „stark zugespitzt“, heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWK); es müssten nun „alle Beteiligten daran arbeiten, das Unternehmen schnell wieder in ruhiges und stabiles Fahrwasser zu führen“.
Würde das Vorzeigeprojekt abgebrochen, wäre das vor allem für Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bitter. Der war im Juli vergangenen Jahres eigens nach Duisburg gereist, um der Firma einen Förderbescheid in Höhe von 2 Milliarden Euro zu überreichen. Mit dieser „substanziellen Förderung“ könne Thyssen-Krupp ein „Leuchtturmprojekt umsetzen und einen entscheidenden Schritt auf dem Transformationsweg zu grünem Stahl gehen“, sagte der Minister damals. Dies sei „ein guter Tag für das Klima, die grüne Industrie in Deutschland, für den Standort Duisburg, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“.
Substanziell ist die zugesagte Fördersumme in der Tat: Bei Eigeninvestitionen, die Thyssen-Krupp mit „knapp einer Milliarde Euro“ angibt, bedeuten 1,4 Milliarden vom Bund und 600 Millionen vom Land NRW eine Förderung in Höhe von zwei Dritteln der Projektkosten. Rund ein Viertel der Fördersumme soll bereits geflossen sein. Es seien „substanzielle Schritte bereits umgesetzt“, so das BMWK.
Größtes Dekarbonisierungsprojekt
Gleichwohl untersucht das Unternehmen derzeit den Stopp des Projekts, als eine Option. Man prüfe „fortlaufend technologie- und ergebnisoffen, was die besten und wirtschaftlich tragfähigsten Lösungen unter den jeweils gegebenen Rahmenbedingungen sind, um den Stahlbereich von Thyssen-Krupp langfristig klimaneutral aufzustellen“, sagte das Unternehmen der Nachrichtenagentur Reuters. Offiziell geht das BMWK allerdings bislang noch davon aus, dass das Projekt, das Habeck einst als „das größte Dekarbonisierungsprojekt in Deutschland“ bezeichnete, fortgesetzt wird.
Konkret geht es um eine „wasserstofffähige Direktreduktionsanlage“ mit dem Projektnamen „tkH2steel“. In dieser wird Eisenoxid statt mit Kohle mit Wasserstoff zu Eisen reduziert. „Das innovative Konzept ermöglicht die Beibehaltung aller nachfolgenden Prozessschritte ab dem Stahlwerk und gewährleistet damit auch für CO2-reduzierten Stahl eine gleichbleibend hohe Produktqualität“, erklärte der Konzern zum Projektstart. Die Kunden erhielten damit weiterhin das „komplette, hochwertige Produktportfolio in der gewohnten Premiumqualität“. Die jährliche Kapazität wurde mit 2,5 Millionen Tonnen Eisen angegeben.
Die offiziell noch geltenden Pläne sehen vor, dass die Anlage Ende 2026 in Betrieb geht und ab 2027 stufenweise auf grünen Wasserstoff umgestellt wird. Im Jahr 2029 soll sie mit rund 143.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr betrieben werden. Um diese Wasserstoffmenge mittels Elektrolyse zu erzeugen, sind rund sieben bis acht Milliarden Kilowattstunden Strom nötig – etwa anderthalb Prozent der gesamten Strommenge, die in Deutschland jährlich erzeugt wird.
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