piwik no script img

Klima-Aktivist*innen attackiertAutobahn spaltet Altmark

Geg­ne­r*in­nen der A 14 im Norden Sachsen-Anhalts sind angegriffen worden. Auch ein Anschlag auf ihr Basislager in einem alten Bahnhof wurde verübt.

Bislang Wunschdenken: Am 24. April 2021 wollen Ak­ti­vis­t*in­nen den Weiterbau der A14 stoppen Foto: Christian Schroedter/imago

Seehausen taz | Mitten im Wahlkampf von Sachsen-Anhalt eskalieren im nördlichen Landesteil Altmark Auseinandersetzungen um den Weiterbau der Autobahn A 14. Junge Klimaschützer haben seit Ende April in einem Wald bei Losse Bäume besetzt und Baumhäuser errichtet. Auf den leer stehenden Bahnhof im nahen Seehausen, der ihnen als Basislager dient, wurde am Wochenende ein Brandanschlag verübt. Die Feuerwehr konnte in letzter Minute ein Übergreifen der Flammen auf das gesamte Gebäude verhindern.

Nach Angaben der Um­welt­schüt­ze­r*in­nen hetzen CDU, AfD und Freie Wähler gegen den Widerstand zur Rettung des Waldes. Es sei bereits zu Tätlichkeiten gekommen.

Die Nordverlängerung der A14 von Magdeburg nach Schwerin war lange umstritten, weil sie durch dünn besiedelte, aber wald- und biotopreiche Gegenden führt. Nur einzelne Bauabschnitte sind bereits fertiggestellt. Erst 2019 ermöglichte ein Kompromiss zwischen Na­tur­schüt­ze­r*in­nen wie dem BUND und dem Land Sachsen-Anhalt einen Weiterbau. Das Land wollte zusätzliches Geld für den Natur- und Lärmschutz bereitstellen, während der BUND im Gegenzug auf weitere Klagen verzichtete.

Auf Anfrage stellt das Landesverkehrsministerium nochmals klar, dass die A14 gesetzlich im Bundesverkehrswegeplan verankert ist. Nach Abschluss des ­Planfeststellungsverfahrens besteht auf dem gesamten knapp 100 Kilometer langen Abschnitt in Sachsen-Anhalt unanfechtbares Baurecht.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Dennoch klagte im März der Verein der Naturfreunde Sachsen-Anhalt. Die seit der letzten Aprilwoche an der geplanten Trasse aufgetauchten Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen sehen durch den Autobahnbau die Verkehrswende und die Klimaziele bedroht. Regelmäßig halten sie am Bahnhof Seehausen Mahnwachen ab und haben inzwischen Plattformen zwischen Bäumen errichtet. Die wechselnden Besetzungen von etwa 20 Personen kommen teils aus der Region, teils aus dem benachbarten Wendland und teils aus anderen Teilen der Bundesrepublik.

Der Seehausener Bürgermeister Rüdiger Kloth von den Freien Wählern hält sie laut einem MDR-Bericht für angereiste „Profis“ und „linke Ideologen“. Ihnen schlägt Hass entgegen, der sich auch in Tätlichkeiten äußert. Mit einem herablassenden Video von einem Besuch bei der „Minderheit“ im Wald löste der CDU-Landtagsabgeordnete Chris Schulenburg einen Shitstorm aus. „Jetzt haben sich sogar ein paar dieser seltenen Exemplare hier in den Bäumen festgesetzt“, spottete er. „Schrotflinte und runter damit“, „Motorsäge unten ansetzen und gut“ oder „Vielleicht treten die ja noch auf russische Minen, die man vergessen hat“, lauteten daraufhin Kommentare, die Schulenburg inzwischen gelöscht hat.

Hetzjagden und Brandstiftung

Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen berichten von Pöbeleien, Bedrohungen mit einer Axt und Hetzjagden mit Baseballschlägern im Wald. Man habe sich mit Pfefferspray zur Wehr setzen müssen. Vor dem Bahnhof Seehausen, den der Eigentümer den Ak­ti­vis­t*in­nen zur Verfügung gestellt haben soll, wurde ein Auto beschädigt, der Infostand und die provisorische Einrichtung zerschlagen. Bisheriger Höhepunkt war eine Brandstiftung am Wochenende, bei der die Flammen von einem Sofa vor dem Gebäude auf dieses übergriffen.

Die Um­welt­schüt­ze­r*in­nen sehen sich einer heterogenen Mischung von Au­to­bahn­an­hän­ge­r*in­nen gegenüber, die sich Investitionen in die strukturschwache Region erhoffen. Einfache Bür­ge­r*in­nen stehen neben Un­ter­neh­me­r*in­nen und militanten rechten Kreisen. Erst am 23. April stießen bei einem Autokorso in Osterburg südlich von Seehausen Be­für­wor­te­r*in­nen und Kri­ti­ke­r*in­nen der A 14 aufeinander, darunter auch betroffene Anwohnende. Politisches Kapital versucht die AfD Altmark West aus dem Interessengegensatz zu schlagen. An diesem Freitag will sie am Bahnhof Seehausen demonstrieren. Auch für Pfingsten werden Auseinandersetzungen befürchtet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

27 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • ernsthaft jetzt? Während es angesichts des massiven menschengemachten Klimawandels eigentlich darum gehen sollte, eben diesen zu verhindern, also eben gerade nicht ewiges Wachstum um jeden Preis, geht es dir darum, dass Städte "boomen"? DAS ist der Wert, nach dem sich die Welt richten sollte?

    Wie ich unten schon schrieb: wenn du so gerne neben der Autobahn wohnst, dann mach das doch – hierher ziehen derweil Menschen, die sich über Ruhe und Natur freuen – und ich persönlich glaube, dass DAS eher die Richtung ist, in die die Entwicklung gehen sollte.

  • ohne Autobahn bzw Autobahnähnliche Bundesstraße keine Entwicklung als ob sich auch nur 1 Firma in Brehna oder Landsberg(Die Orte Boomen) niedergelassen hätte ohne Anbindung Städte wie Köthen(könnte evtl nun durch B6N angeschlossen werden) oder Zerbst sind auf dem absteigenden Ast weil weit und breit keine Anbindung da ist.

  • @ANDI S das scheint allerdings nur so, vor allem deswegen, weil die lokale Bevölkerung in der Presse etc. selten zu Wort kommt. Es gibt hier durchaus viele, die die Autobahn NICHT wollen, quasi in ihrem Garten. Zu Wort melden sich aber die immer gleichen Befürworter, die als Unternehmer ein eigenes Interesse am Bau der Autobahn haben, dieses aber dann als Bürgermeister und selbstverständlich im Namen ihrer Gemeinde der willigen örtlichen Presse verkünden.

    Dazu diverse sogenannte Bürgermeister, die real zumeist nur Ortsvorsteher von Kleinstortsteilen sind, sonst kaum was "zu sagen haben", und sich freuen, ihren Parteifreunden zu helfen. Und eben Herr von Schulenburg, natürlich von der CDU, die ja stets für die Wirtschaft ist (oder, ideologisch formuliert, für das Kapital bzw. den Kapitalismus), ohne Rücksicht auf die lokale Bevölkerung. Leider glauben hier aber immer noch eine Menge der Alteinwohner deren Sprüchen, wie sie ja damals auch die "blühenden Landschaften" des Bimbes-Kanzlers anders interpretierten, als sich das mit Unkraut in Industrieruinen dann tatsächlich darstellte. Motto: jetzt nur noch die Autobahn, und DANN kommt aber ENDLICH auch der Aufschwung zu uns... Sinnvoller wäre es, sich auf die Qualität(en) der größten Autobahnfreien Region Deutschlands zu besinnen!

    • @Altmärker:

      Ich finde es toll und interessant, Ihre Perspektive hier zu dem Thema zu lesen!

  • Ist halt scheiße, wenn man nicht im signifikanten Maße lokal verankert ist.



    Scheint hier der Fall zu sein.

  • "„Jetzt haben sich sogar ein paar dieser seltenen Exemplare hier in den Bäumen festgesetzt“, spottete er. „Schrotflinte und runter damit“, „Motorsäge unten ansetzen und gut“ oder „Vielleicht treten die ja noch auf russische Minen, die man vergessen hat“, lauteten daraufhin Kommentare, die Schulenburg inzwischen gelöscht hat."



    Passt doch zusammen: erst wird entmenschlicht von "Exemplaren" gesprochen dann steigen etwas deutlich, vermutlich rechtsradikaler, Menschenfeinde daraufein und bilden menschenfeindliche Kontinuität.



    Die Einteilung in Mehrheit und Minderheit lässt tief in die Fassade des CDU Typen blicken, der offenbar Demokratie bloß vorschiebt und an dessen Stelle eigene Vorzüge setzen möchte, wie bspw. Kapitalinteressen. Durchschaubar, dass jene bürgerlichen Parteien andere, offenbar negativ konnotiert, mit "linker Ideologie" markieren, um dann selbst als angeblich besser, legitimer oder neutral darzustehen, was natürlich Bullshit ist. Hier zeigt sich mal wieder, dass einige den Ernst der Lage bezüglich Klimaerhitzung und Massensterben von Tieren und damit auch der Bedrohung menschlicher Existenz noch nicht begriffen haben und immer noch an Zerstörung, Kapitalismus und Wachstumsidelogie festhalten (hier: mehr Verkehr).



    Dass mit "Profis" könnte mensch von Aktivisti-Seite her dann schon als Kompliment aufnehmen, sagt das doch aus, dass die Art des Protests als effizient anerkannt wird und die Protestierenden wissen, was sie tun. Klar ist jedenfalls, dass dies tatsächlich als Diffamierung bei den Bürger*innen ankommen soll und bei einigen wohl auch so ankommen wird - ein Versuch der Spaltung in Protestierende und restlicher Gesellschaft.

    • @Uranus:

      Naja, der erste Kommentar klingt eher nach David Attenborough /Tierfilmparodie...



      Das Andere ist natürlich schon extrem. Aber auch nicht jeder der verärgert einen harten Kommentar ablässt, meint das wörtlich.

      Vielleicht liegen da auch nur bei manchen die Nerven ein bisschen blank

      • @Ruhrpott-ler:

        Mag sein, dass der Kommentar vom CDU-Typen nicht so gemeint war.



        Die "harten Kommentare" würde ich dann schon anders deuten. Da lässt sich schon Verrohung herauslesen und Verbreitung von Hetze, die dann tatsächlich von einigen in Form von Angriffen/Übergriffen umgesetzt wird. Zumal mensch die politische Agenda, die Motivation auch berücksichtigen sollte. Die Angriffe sind zudem nicht die ersten. Auch bspw. Antikohleprotest von Ende Gelände 2016 wurde bereits von Nazis angegriffen. Ein Herunterspielen, wie Sie es machen, finde ich fatal. Anstelle dessen wäre Verurteilung der Hasskommentare und Solidarisierung mit den Protestierenden hilfreich.

      • @Ruhrpott-ler:

        "Vielleicht liegen da auch nur bei manchen die Nerven ein bisschen blank"



        Einerseits verständlich: da wünschen sich die Anwohner eine bessere Verkehrsinfrastruktur, diese wird Jahrzehnte geplant, nach langem Hickhack wird endlich der rechtlich unumstößliche Planfeststellungsbeschluss verkündet, der Baubeginn zeichnet sich ab, und kann kommen Leute von weit her und blockieren alles.



        Andererseits ist die Eskalation in Worten der erste Schritt zur Eskalation in Taten, von daher gilt für jeden: "Hüte deine Zunge!" (und mittlerweile auch die Finger). Man kann seinen Unmut auch anständiger kundtun.



        Wie geschrieben, halte ich persönlich die Planungen für unsinnig. Mit 11 km Autobahnneubau könnte die Lücke zwischen den Anschlussstellen Dahlenswarsleben und Wolmirstedt geschlossen werden, weitere 3 km Autobahn würden genügen, um nördlich von Dolle die A14 in die B189 einmünden zu lassen. Ab dort ist die Verkehrsmenge so gering, dass der Ausbau der vorhandenen B189 auf das 2+1-System völlig ausreichend wäre. Lediglich Stendal bräuchte eine großräumige Westtangente (15 km Neubau 2+1-Straße) und zwischen Wittenberg und der Anschlussstelle Karstädt kann ebenfalls eine 14 km lange 2+1-Straße direkt neben der Bahnlinie gebaut werden, die dann in die fertig gebaute A14 mündet. Selbstverständlich alles kreuzungsfrei und mit vielen Verknüpfungen zum Bestandsnetz. Mit kleinräumigen Ortsumfahrungen werden damit unterm Strich 14 km Autobahn und 33 km 2+1-Bundesstraße neu gebaut sowie 55 km Bundesstraße auf das 2+1-System ausgebaut. Dafür erspart man sich 87 km Autobahn.

        • @Luftfahrer:

          Wie wäre es stattdessen mit dem Ausbau und länderübergreifender Vernetzung der Eisenbahn (Güter-, Regional- und -Fernverker)? Hierdurch würde der PKW-Verkehr auf den Straßen reduziert und wenn ansonsten Produktion und Konsum (insbesondere CO2-äquvalente Emissionen-intensiver) abgesenkt würden, wäre auch der Transportaufwand geringer.

          • @Uranus:

            Zum einen haben die meisten Ortschaften in der Gegend keinen Eisenbahnanschluss (erst recht nicht in alle Richtungen), zum anderen sind manche Orte dort so klein, dass selbst ein Stundentakt in alle Richtungen mit Bussen ökologischer und ökonomischer Unsinn ist. Und um einen PKW zu ersetzen, braucht es rund um die Uhr mindestens einen 15-min-Takt (wobei der schon grenzwertig ist, eigene Erfahrung) in alle Richtungen + Expresslinien für diejenigen, die etwas weiter fort wollen. Selbst in der nicht autofreundlichen Schweiz mit ihrem hervorragend ausgebautem und massiv subventioniertem ÖV werden 2/3 der Personenstrecke mit dem PKW zurückgelegt. Um eine ähnliche ÖV-Qualität im deutschen Land zu erreichen, werden bei schneller Planung und Umsetzung hunderte Milliarden an Steuergeldern und drei Jahrzehnte benötigt. Im Übrigen gehen die Hälfte der Einnahmen aus dem Straßenverkehr in den ÖV. Dieser ist auf den Autoverkehr als Geldquelle angewiesen.

            • @Luftfahrer:

              Naja, das ist ja seit längerem bereits ein Kritikpunkt: Stilllegung von Teilen des Bahnnetzes insbesondere in Ostdeutschland bzw. mangelnder Ausbau.



              Wie sind die Schüler*innen auf dem Land zur Schule gekommen? Was ist eigentlich mit den Schulbussen? Warum sollte das nicht auch bspw. für Arbeitswege funktionieren?



              Wieviel Geld wird andererseits in Straßenbau, Kraftstoffherstellung und Verteilung, Verkehrsunfallversorgung, Verkehrspolizei etc. investiert?



              Gesetzt der ÖPNV würde aktuell zur Hälfte aus Einnahmen aus dem Straßenverkehr finanziert, so wäre dies nicht in Stein gemeißelt und ließe sich ändern.

              • @Uranus:

                Zur ersten Frage: Ja, die Schüler kommen auch auf dem Land mit dem Schulbus zur Schule. Allerdings ist dieses System derart katastrophal und zeitfressend (ein Bus täglich hin, einer zurück, der sowohl jedes Dorf als auch jede Schule bedient und daher gewaltige Umwege fährt. Wehe dem, dessen Unterricht nicht zur ersten Stunde beginnt und zur sechsten Stunde endet oder gar den Bus verpasst, weil der Lehrer ein paar Minuten überzogen hat), dass die, die es sich leisten können, sich mit 18 sofort ein Auto zulegen bzw. von ihren Eltern eins spendiert bekommen, damit sie diesem Elend entrinnen können.



                Zur zweiten Frage: In den Straßenbau und -erhalt fließen laut BMVI dieses Jahr 12,5 Mrd € (Vergleich: Regionalisierungsmittel betragen 9 Mrd €, die Schiene bekommt nochmal 20 Mrd €). Die Versicherungen sowie den (massiv besteuerten) Kraftstoff zahlen die Autofahrer selber. Die Verkehrspolizei wird es in Anbetracht der Tatsache, dass Ex-Auto-Raser dann zu E-Rad-Rasern werden, in vollem Umfang weiter benötigt werden.



                "Gesetzt der ÖPNV würde aktuell zur Hälfte aus Einnahmen aus dem Straßenverkehr finanziert": nicht ganz, die Hälfte der Einnahmen aus dem Straßenverkehr gehen in den ÖV. Wie hoch der Anteil dieser Subventionen am Gesamtbudget des ÖV ist, weiß ich nicht. Aber es sind immerhin 30 Mrd € jährlich bzw. 8% des Bundeshaushaltes 2019 (letztes kein-Covid-Jahr).



                Auch ein Problem sind seltsame Fahrpläne. Bei uns gibt es ein Industriegebiet mit recht viel Schichtarbeitsanteil am Stadtrand, da kommt der Bus mindestens seit Jahren um XY:05 an. Ich neige dazu, das als Inkompetenz zu bezeichnen.

                • @Luftfahrer:

                  Also ich bin zur Schule auch 30-45 Minuten mit dem Bus über Land gefahren. Da hat es dann mehrere Linien gegeben. Sehr viel länger waren die Fahrtzeiten im Vergleich zu Autofahrtzeiten nicht. Der einzige Haken war manchmal die geringe Taktung. Bleibt zu hoffen, dass Eltern, Schüler*innen, Schulen sich gegen die von Ihnen genannten Umstände wehren und sich für einen besseren Schulbusbeförderung einsetzen, anstatt zu meinen, mit 18 Jahren wäre ein Auto die Lösung.



                  Beim Vergleich von ÖPNV und Autoinfrastruktur ging es mir auch um den Gesamtaufwand - und beim Kraftstoff wissen wir ja, dass in diesem ökologische Schäden bzw. Klimaschäden nicht eingepreist sind. Bei den von Wissenschaftler*innen geforderten Mindestpreis von 180 € pro Tonne CO2 müssten zusätzlich wohl ca. 50 Cent pro Liter Benzin hinzukommen. Bei ca. 2 € pro Liter würden wohl viel weniger Menschen das Auto nehmen. Bezüglich der Belastungen füge ich gleich noch ein Zitat zu Sozial/Umweltkosten an.



                  Das mit über viele Jahre hin seltsamen Fahrplänen der Busfahrten für Arbeitswege kenne ich durchaus. Wie bereits geschrieben, finde ich es schräg, dass das so hingenommen wird, andererseits bei Benzinpreisdiskussionen der Puls hoch geht.

                  • @Uranus:

                    Das mit den Initiativen ist halt so: die Zuständigen sagen, sie hätten kein Geld und ignorieren sie. Das passiert ein paar Mal und die Leute resignieren und lösen die Probleme pragmatisch anderweitig. Und Verkehrspolitik ist nicht immer das am meisten wahlentscheidende Thema. Abhilfe würde mehr direkte Demokratie schaffen. Die Eltern in meinem Bekanntenkreis wären heilfroh, wenn sowohl sie als auch ihre Kinder einen schnellen und zuverlässigen ÖV hätten.



                    "Bei ca. 2 € pro Liter würden wohl viel weniger Menschen das Auto nehmen.": sehr gerne kann eine CO2-Steuer von 200€/t eingeführt werden. Dann aber bitte die Mineralölsteuer und die Ökosteuer abschaffen ;). Aber im Ernst, genau das ist das Problem: die Haushtskasse ist eh schon nicht sonderbar voll, und dann kommen Leute mit der Peitsche. "Ihr wollt den schlechten ÖV nicht nutzen? Also schlagen wir so lange auf euch ein, bis ihr keine andere Wahl habt." Die praktischen Erfahrungen: ständig wird geschwatzt, dass die Alternativen besser gemacht werden sollen, aber an der persönlichen Mobilitätssituation ändert sich einfach nichts. Das Einzige, was funktioniert sind die Steuererhöhungen und - neuerfindungen. Raten Sie mal, auf wie viel Gegenliebe das stößt.

          • @Uranus:

            Dann sollte ma aber auch so ehrlich sein und die Region als abgeschrieben bewerten und evakuieren ich habe gehört in Berlin sind noch Wohnungen frei.......



            Personen die etwas von Ausbau des Fernverkehrs reden haben dann häufig etwas dagegen das der ICE z.B. in Stendal hält.....

            • @Sinulog:

              In der 39.000 Einwohner*innen großen Kreisstadt hält der ICE, bspw. sind es 49 Minuten nach Berlin. Selbst die Regionalbahn benötigt nur 1,5 Stunden dorthin. Mit dem Auto bräuchte mensch laut Openstreetmap hingegen 2 Stunden. Wenn mensch das Bahnnetz optimierte/reaktivierte ginge dies sicher noch besser - auch in mehrere Richtungen und es ließen sich mehr Menschen klimafreundlicher befördern.

              • @Uranus:

                "Sie müssten eigentlich ein vollständiges Bild betrachten: einmal die Umwelt- und Sozialkosten, dann aber auch die Gemeinkosten für Infrastruktur von Verkehr, und dann vergleichen, was steht denn denen, diesen Gemeinkosten, insgesamt an Steuereinnahmen für den Staat gegenüber. Und da unterscheiden sich einfach die Sektoren tatsächlich erheblich. Ich fang mal mit den Umwelt- und Sozialkosten an: Wenn Sie 100 Kilometer unterwegs sind im Auto oder im Flugzeug, dann erzeugen Sie in beiden ungefähr 6 Euro Sozialkosten.

                Was sind das für Kosten? Also wenn ich ins Auto steige und Benzin tanke, erzeuge ich CO2, dann fällt mir vielleicht nicht der Himmel auf den Kopf durch den Klimawandel, aber vielleicht läuft der Monsun in Indien schneller aus dem Ruder und einer Familie wird dort das Haus weggespült. Das sind Kosten, die ich durch mein Autofahren verursache, die ich aber nicht selber tragen muss. Genauso kann ich Unfälle verursachen, wo ich selber schadlos bleibe, aber anderen Leuten Schaden zufüge. Und wie gesagt, da liege ich beim Auto und beim Flug insgesamt bei den Umwelt- und Sozialkosten bei ungefähr 6 Euro pro 100 Kilometer, bei der Bahn nur bei 1,50 Euro.

                Anders sieht es dagegen aus, wenn ich jetzt die Gemeinkosten vergleiche für die Infrastruktur, da ist die Bahn am teuersten, und die Flüge tragen fast alle ihre Kosten selbst, auch wenn es in Deutschland gerade diese ganzen subventionierten Billigflug- oder Regionalflughäfen gibt, die sich selber nicht tragen. Da muss man allerdings berücksichtigen, dass in Deutschland ungefähr über 90 Prozent aller Flüge von Flughäfen stattfinden, den großen Verkehrsflughäfen, die sich alle komplett selber tragen ..."



                www.deutschlandfun...Aarticle_id=361839

                • @Uranus:

                  "Was viele nicht wissen: Gerade beim Autoverkehr gibt es eine ganze Reihe versteckter Kosten. Die höchsten Ausgaben entfallen dabei auf den Unterhalt und Bau von Parkplätzen sowie auf Straßenreinigung, Straßenbeleuchtung und Straßenentwässerung. Darüber hinaus sind erhebliche Mehraufwendungen bei Feuerwehr, Polizei, Wirtschaftsförderung, Grünflächenämtern und städtischen Bauhöfen durch den Autoverkehr bedingt. Je nach Kommune sind aber nur 15 bis 45 Prozent der Ausgaben durch Einnahmen gedeckt.Jeder Bürger finanziert somit indirekt den städtischen Autoverkehr mit durchschnittlich 150 Euro pro Jahr mit.

                  Ein weiterer Aspekt der versteckten Kosten für den Verkehr sind Subventionen. Dabei handelt es sich um staatliche Leistungen, die eine verursachergerechte Kostenanrechnung verhindern. So profitieren verschiedene Verkehrsmittel von Vergünstigungen, die vor allem aus sozialer und Umweltsicht zu kritisieren sind, z. B. das Auto von der Dienstwagenbesteuerung und der Entfernungspauschale, der Flugverkehr von der Umsatzsteuerbefreiung im grenzüberschreitenden Flugverkehr und der Steuerbefreiung für Kerosin. Dem Staat entgehen auf diese Weise nicht nur viele Milliarden an Steuereinnahmen, es kommen auch nur bestimmte Personengruppen in den Genuss dieser Subventionen. Und durch den verbilligten Verkehr werden Fehlanreize gesetzt, durch die schädliche Auswirkungen, z. B. auf die Zersiedelung der Landschaft, die Umwelt oder die menschliche Gesundheit sogar noch verstärkt werden.



                  Was in der Diskussion um die Kosten des Verkehrs häufig außen vor bleibt, sind die sogenannten externen Kosten des Verkehrs. Diese werden nicht von den Verursachern direkt getragen, sondern von der Allgemeinheit. Die bekanntesten sind die durch den Ausstoß von Luftschadstoffen, Klimagasen oder Lärm anfallenden Umwelt- und Gesundheitskosten sowie Unfallkosten. In der Fachwelt umstritten ist, ob die durch Stau entstehenden Kosten ..."



                  www.vcd.org/themen...hrheit-im-verkehr/

              • @Uranus:

                *optimierte/reaktivierte, ginge die Bahnnutzung sicher noch besser ...

            • @Sinulog:

              @sinulog: warum, denkst du, sollte man eine Region, in der es sich hervorragend LEBEN lässt, gerade WEIL hier noch Natur ist und eben KEINE Autobahn, "als abgeschrieben bewerten"? Entnehme ich dem, dass DU gerne neben der Autobahn leben willst? Das scheint wohl ein Teil des Problems zu sein: dass Gestrige und Vorgestrige immer noch meinen „kein Deutscher soll mehr als 20 Kilometer von einer Autobahnauffahrt entfernt leben“ (Verkehrsminister Leber 1966). Die Zukunft mag da anders aussehen, andere Werte bevorzugen. Aber, wenn du die Region evakuieren möchtest, dann am besten von jenen, die unbedingt eine Autobahn wollen: die können dann in leer stehende Wohnungen direkt neben solchen einziehen. Von Berlin dagegen kommen eher Leute zum Leben hierher, die die Schnauze voll haben vom Dreck der Großstadt, und eben genau die autobahnfreie Region suchen!

  • Vorweg: Ich halte die Fertigstellung der A14 aus verkehrstechnischer Sicht ziemlich unsinnig, eine 2+1 Landstraße dürfte mit dem Verkehrsaufkommen ebenfalls problemlos zurechtkommen, braucht nicht mal die Hälfte an Platz und abschnittsweise können vorhandene Land- und Bundesstraßen in den Verlauf integriert werden, sodass keine komplett neue Trasse entsteht.



    Zum Thema: bisher hat die örtliche Bevölkerung die Baumbesetzungen einfach mehr oder weniger verärgert ertragen, dass das jetzt in Gewalt umschlägt, ist zwar einerseits verständlich, aber niemals entschuldbar. Die Krawallmacher gehören vor Gericht und mögen entsprechenden Schadenersatz leisten (am besten die Einsatzkosten der Feuerwehr und Polizei ebenfalls bezahlen). So endet das, wenn sich die Zahl der streitenden Parteien, die nach dem Prinzip "der Zweck heiligt die Mittel" vorgehen, von eins auf zwei erhöht. Das hat noch nie gut geendet.

    • @Luftfahrer:

      "So endet das, wenn sich die Zahl der streitenden Parteien, die nach dem Prinzip "der Zweck heiligt die Mittel" vorgehen, von eins auf zwei erhöht. Das hat noch nie gut geendet."



      Moment! Die Gewalt geht hier von rechts aus.

      • @Uranus:

        Ich schrieb auch vom Prinzip "der Zweck heiligt die Mittel" und bewusst nicht von Gewalt. Dass dieses Prinzip bei den Baumbesetzern gang und gebe ist, ist aus den Erfahrungen der Vergangenheit hinlänglich bekannt (Blockade der Zufahrtswege der Anwohner, Fäkalienwurf, Stahlstifte in Bäumen, das "Wetteifern" um den Riot Award, ...). Das Gruppen der Anwohner (und nicht nur Rechtsextreme, sondern auch normale Unternehmer und Arbeiter) nun ebenfalls dieses Prinzip sich zu Eigen machen, ist mir neu. Und besonders, dass diese nun eine gehörige Schippe drauflegen und rohe Gewalt in ihr Portfolio aufnehmen. Daher meine Besorgnis und Warnung, dass das erst der Anfang sein könnte, dieses Eisen ist offensichtlich heiß.

        • @Luftfahrer:

          Okay.



          "(und nicht nur Rechtsextreme, sondern auch normale Unternehmer und Arbeiter) nun ebenfalls dieses Prinzip sich zu Eigen machen, ist mir neu."



          Naja, wenn mensch an das Vorgehen der REW-Mitarbeiter*innen bezüglich Hambi und Antikohleprotesten denkt, ist das kein neues Phänomen.



          "Daher meine Besorgnis und Warnung, dass das erst der Anfang sein könnte, dieses Eisen ist offensichtlich heiß."



          Hier ginge es ja auch darum, wie sich Politik und der sogenannten Zivilgesellschaft dazu äußern bzw. verhalten: Which side are you on?

          • @Uranus:

            *RWE

          • @Uranus:

            *die sogenannte