piwik no script img

Kleine AbstandsweltmeisterHygieneregeln kann jedes Kind

Kleine Kinder halten sich in der Regel an das, was man ihnen sagt. Schauen wir doch mal, wie die Fußballprofis damit klarkommen.

Schöne Grüße an Hertha BSC: Vielleicht braucht ihr solche Schilder Foto: Felix Kästle/dpa

D ie beste Nachricht vorneweg: „Dino-Zug“ ist wieder bei Netflix. Vielleicht rettet dieser Tipp noch die eine oder andere Ehe. Ansonsten halten sich die guten Nachrichten für Eltern gerade in Grenzen. Ja, die Betreuung in Kitas wird in einigen Ländern ausgeweitet. Alle Schüler*innen sollen bis zu den Sommerferien in die Schulen zurückkehren können. So weit das Versprechen.

Im Ergebnis gibt es Erstklässler*innen, die an einem Vormittag in der Woche drei Stunden wieder in die Schule gehen dürfen. Versprechen gehalten. Immerhin. Mehr aber auch nicht. Keine wirkliche Entlastung derer, die gerade die Betreuung parallel zur eigenen Arbeit übernehmen. Das Schuljahr ist so, was den Lehrstoff angeht, auch nicht mehr zu retten.

Ich will dafür gar nicht irgendwem die Schuld geben. Die Pandemiebekämpfung hat Vorrang. Po­li­ti­ker*innen und Expert*innen wollen sicherlich nicht Eltern oder Kinder quälen. Schulen, Kitas, Lehrer*innen, Erzieher*innen – viele tun, was geht. Die (digitale wie auch analoge) Ausstattung gibt halt nicht mehr her.

Es gibt allerdings etwas, das mich wirklich nervt: dass kleinen Kindern immer wieder die Eignung oder die Reife abgesprochen wird, sich an Hygienemaßnahmen zu halten. Auf die Spitze getrieben hatten das die Expert*innen der Nationalakademie Leopoldina, die in ihrem Gutachten Mitte April schrieben, kleinere Kinder könnten „sich nicht an die Distanzregeln und Schutzmaßnahmen halten“. Deswegen sollten nur Kinder, die kurz vor der Einschulung stünden, wieder in ebenjenen Kleingruppen betreut werden.

Du kommst hier nicht rein

Was für ein Quatsch. Als vor ein paar Wochen ein Bekannter abends bei uns klingelte, um sein Kind bei uns abzugeben (bei der Mutter hatten die Wehen eingesetzt), kletterte unsere kleine Tochter aus ihrem Bett, öffnete die Tür und antwortete: „Wir dürfen gerade keinen Besuch haben.“ Tja. Pech gehabt. Du kommst hier nicht rein. Immerhin hat sie ihm nicht die Tür vor der Nase zugeschlagen.

Als wir am Wochenende durch den Wald gingen, lief sie so weit am Wegesrand, dass sie sich über die Maßen selbst lobte: „Ich halte wirklich sehr gut Abstand. Sehr gut mach ich das. Oder? Oder? Oder?“ Was wiederum einen entgegenkommenden Spaziergänger dazu veranlasste, sie zu ermutigen, das unbedingt beizubehalten: Selbstlob sei sehr wichtig.

So blöd das klingt, aber: Kleine Kinder halten sich in der Regel an das, was man ihnen sagt. Wenn der Maßstab, der an sie angelegt wird, überall angelegt würde, dann dürfte die Fußball-Bundesliga in den nächsten 100 Jahren nicht mehr starten. Grüße nach Charlottenburg! Hahohe!

Und das sage ich als Passivsportjunkie, der doch eigentlich dringend wieder Stoff bräuchte. Doch da halte ich es mit Peter Ahrens vom Spiegel, dessen Kommentar zum Re-Start der Bundesliga überschrieben war mit: „Ich fühle nichts.“

Immerhin: Es gibt ja noch „Dino-Zug“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jürn Kruse
Ist heute: Redaktionsleiter bei Übermedien und freier Autor. War mal: Leiter des Ressorts tazzwei bei der taz. Davor: Journalistik und Politikwissenschaft in Leipzig studiert. Dazwischen: Gelernt an der Axel Springer Akademie in Berlin.
Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Wie schrieb der Autor am 18.08.19 so schön über seine Kinder: "...ich bin gestresst, weil meine Töchter sich weder anziehen noch die Zähne putzen noch sonst irgendwie kooperativ..."



    Klingt nicht wirklich nach der im Artikel angeführten These.

  • "Kleine Kinder halten sich in der Regel an das, was man ihnen sagt."



    Ja, je nach aktuell verfügbarer Ablenkung für so etwa ein paar Minuten. Ist regelmäßig im ÖPNV zu beobachten wenn eine Kita-Gruppe die U-Bahn betritt, die Betreuung mahnt "Hinsetzen und keinen Krach machen." und das nie länger als drei Stationen hält.

  • Aktuell empfehlen wir Kindern nicht, eine Maske zu tragen, denn sie gehören nicht zu den Hauptansteckungsgruppen



    Darüber hinaus ist die korrekte Handhabung von Masken für Kinder oft schwierig.



    Selbstgenähte Masken bieten keinen Schutz vor einer Ansteckung oder erhöhen sogar das Risiko.

    www.bag.admin.ch/b...agen.html#82388166

  • Na Servus - de Jung vonne Küste -

    „Wir dürfen gerade keinen Besuch haben.“ Herrlich. Hoffe das hält sich.

    Hatte ne Tante - die bis in ihr hohes Alter mit ehrn fein lauthals gekrähten - Besuchsbegrüßungsspruch -



    “Und wann fahrt ihr wieder?



    Gehänselt wurde.

    kurz - Da is noch bannig Luft na baaben.

  • Als wir klein waren, wollte meine Mutter immer gerne Mittagschlaf halten und hat uns darum gebeten, in dieser Zeit leise zu spielen. Wir waren jedes Mal wirklich motiviert und vollkommen sicher , dass wir das durchhalten würden, diesmal ganz bestimmt! Nur um wenig später wieder völlig selbstvergessen durcheinander zu johlen, quietschen, schreien... Aufgrund dieser Erfahrung gehe ich davon aus, dass auch kleine Kinder, die eben noch beim Waldspaziergang mit Papa bei der Einhaltung von Abstandsregeln glänzen konnten, diese in Minutenbruchteilen vergessen werden, wenn sie mit Gleichaltrigen spielen.

  • Kolumnen, die die Welt nicht braucht!

    • @Andrea67:

      Kommentare, die die Welt bewegen!

  • Tja. Ist halt dir Frage, was man unter kleinen Kindern versteht. Mein Sohn, knapp zwei hatte vorgestern die Kita Kollegin, etwas jünger, zu Besuch. Es wurde geschmust, rumgeschubst, etc. Maximaler Körperkontakt. Da ist nüscht mit Abstandsregelung erklären. In einem Jahr vielleicht so langsam.