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Klausurtagung in PotsdamGrüne wollen „Wohngarantie“

Mieten zu hoch, nicht genug Neubauten: Die grüne Bundestagsfraktion macht Wohnen auf einer Klausur endlich zum Topthema.

Baugebote „scharfstellen“: Häuserzeile im Nordend von Frankfurt am Main Foto: dpa

Potsdam taz | Die Grünen fordern schärfere Maßnahmen gegen steigende Mieten. Die Bundestagsfraktion beschloss auf einer Klausurtagung in Potsdam Miet­obergrenzen und Instrumente, um brachliegende Bauflächen zu nutzen. „Wohnen ist die soziale Frage in Deutschland“, sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Immer mehr Menschen hätten die Sorge, ihre Wohnung nicht mehr halten zu können. „Wir brauchen eine Wohngarantie in unserem Land.“

Die Grünen wollen in Gebieten mit Wohnungsnot „rechtssichere, regionale Mietobergrenzen“ einführen. Die Miete dürfe dort höchstens um 3 Prozent pro Jahr steigen, jedoch nicht über die ortsübliche Miete hinaus. Mit der ortsüblichen Miete ist der Mietspiegel gemeint. Im Moment gilt eine weichere Kappungsgrenze.

Bundesländer haben in kritischen Gebieten die Möglichkeit, Mieterhöhungen auf 15 Prozent innerhalb von drei Jahren zu begrenzen. Außerdem wollen die Grünen Ausnahmen bei der Mietpreisbremse abschaffen und bei Missbrauch Strafen von bis zu 50.000 Euro einführen.

Die Änderung der Kappungsgrenze sei „schnell und einfach“ umzusetzen, sagte Christian Kühn, der wohnungspolitische Sprecher der Fraktion. Sie knüpfe an bestehendes Recht an. „Der Mietendeckel der SPD ist im Vergleich ein Luftschloss.“ Die Grünen setzen sich mit ihren Vorschlägen auch von der Konkurrenz ab: So hat die SPD in Berlin einen Mietendeckel beschlossen, einen landesrechtlich geregelten und zeitlich beschränkten Mietenstopp, mit dem sie offensiv wirbt. Die Linkspartei unterstützt das Volksbegehren, das die Deutsche Wohnen enteignen will.

Künftig sollen Baugebote nach dem Willen der Grünen nicht nur für einzelne Grundstücke ausgesprochen werden können – sondern für ganze Gebiete.

Außerdem möchte die Grünen-Fraktion Baugebote „scharfstellen“: Es könnten 600.000 Wohnungen in Deutschland gebaut werden, sagte Göring-Eckardt – allerdings werde mit vielen baureifen Flächen spekuliert. Das kommunale Planungsrecht sieht schon heute die Möglichkeit einer Baupflicht vor. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer zwingt damit Eigentümer, ihre brach liegenden Grundstücke zu bebauen.

Künftig sollen Baugebote nach dem Willen der Grünen nicht nur für einzelne Grundstücke ausgesprochen werden können – sondern für ganze Gebiete. Werde dennoch nicht gebaut, „kann wie im Baurecht vorgesehen in letzter Konsequenz eine Enteignung gegen Entschädigung stehen“, heißt es im Fraktionsbeschluss. BürgermeisterInnen bekämen also ein schärferes Schwert in die Hand.

Außerdem fordern die Grünen das Bestellerprinzip beim Immobilienkauf. Wer eine Maklerin beauftrage, solle sie auch bezahlen. Derzeit müssen meist die KäuferInnen diese Kosten tragen. Mit einem Förderprogramm des Bundes wollen die Grünen eine Million günstige Mietwohnungen zusätzlich schaffen. Am Gemeinwohl orientierte Akteure würden einen Investitionszuschuss erhalten. Für dieses Programm fordern die Grünen bis zu drei Milliarden Euro pro Jahr.

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11 Kommentare

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  • Mehr bauen ist wichtig.

    Es sollte Mindesttraufhöhen geben. Außerdem ein Sonderprogramm zur Ersetzung von Nachkriegsprovisorien.



    Es sollte einfacher werden über Supermärkten Wohnungen anzubieten. Das ist ja der reine Wahnsinn diese eingeschossigen Gebäude mitten in der Großstadt.

  • Ja ja, da wettern die Grünen gegen Juso-Chef Kühnert, seine Positionen seien altbacken und haben selber zum Thema soziale Gerechtigkeit nur lauwarmes Gewäsch zu bieten. Die Grünen wollen halt nicht auf Konfrontation mit ihren Lieblingspartnern CDU und FDP gehen. So mancher von Ihnen hat ja die Karriere vom Hausbesetzer zum Hausbesitzer geschafft.....

  • "Künftig sollen Baugebote nach dem Willen der Grünen nicht nur für einzelne Grundstücke ausgesprochen werden können – sondern für ganze Gebiete."



    Und wie ist das mit der zunehmenden Versiegelung der Oberflächen und den damit verbundenen negativen Folgen und Umweltschäden? Hat hier schonmal jemand an den Eergiegehalt von Zement und Baustahl und den damit verbundenen zusätzlichen CO2-Ausstodd gedacht? Thematisiert das überhaupt jemand bei den Grünen? Oder sind die von ihrer neuentdeckten sozialen Verantwortung so begeistert dass die Umwelt egal ist?

  • Eine wie auch imer geartete Mietobergrenze hat mit einer Wohngarantie nichts zu tun. In Gebieten, in denen Wohnungen fehlen fehlen Wohnungen. Und diese werden durch Mietobergrenzen nicht geschaffen.

    Allenfalls das genannte Baugebot erfüllt diesen Zweck.

    Fraglich bleibt, weshalb das Bestellerprinzip nur für weibliche und gesellschaftsrechtlich organisierte Makler nicht jedoch für männliche Makler gelten soll. Da sehe ich eine gewisse Ungerechtigkeit und habe Zweifel, ob das mit Art 3 GG vereinbar wäre.

  • "Es könnten 600.000 Wohnungen in Deutschland gebaut werden, sagte Göring-Eckardt – allerdings werde mit vielen baureifen Flächen spekuliert."



    Wie sollen wir so unsere Energieziele erreichen? Bau, Betrieb und Unterhaltung schaffen Unmengen an CO2.

  • Ich bin gespannt wann diese Religionsgemeinschaft so weit ist für alle die ihr folgen eine Glücksgarantie auszusprechen.

    Das kann nicht mehr lange dauern!

    • 7G
      75064 (Profil gelöscht)
      @Poseidon:

      Was genau hat Ihr Beitrag jetzt mit dem Artikel darüber zu tun und worin besteht eigentlich Ihre Kritik an den Forderungen der Grünen?

  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Mir war schon immer klar dass die Grünen in einer besonderen Liga spielen. Mieterhöhung in Gebieten mit Wohnungsnot nur 3% /Jahr. In 10 Jahren also satte 30%,dh. Bei einer 3—Zimmerwohnung von 80m2 mit Kaltmiete von 700€ also dann in 10 Jahren 910 + gestiegene Lebenskosten. Geht es noch? Das ist die Alternative zur SPD und Linken? Oh, Heinrich mir graut vor Dir.

    • 9G
      98589 (Profil gelöscht)
      @97287 (Profil gelöscht):

      Genau das ging mir auch durch den Kopf.



      Keiner der Politiker hat irgendeine Ahnung davon, was es heisst mit kleinem bis mittleren Einkommen über die Runden zu kommen.



      Dieser Vorschlag ist das beste Beispiel dafür, völlig lebensfremd.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    „Wir brauchen eine Wohngarantie in unserem Land.“



    Das ist kein Problem im Osten steht viel leer, nur schlecht wenn der Job in München sitzt.

    "Die Miete dürfe dort höchstens um 3 Prozent pro Jahr steigen, jedoch nicht über die ortsübliche Miete hinaus" Dann werden halt die Möbel zusätzlich vermietet.

    "Es könnten 600.000 Wohnungen in Deutschland gebaut werden"



    Handwerker und Bauunternehmen sind ausgebucht, Bauen ist bürokratisch und wegen Umwelt und Bauvorschriften sehr teuer und kompliziert.

    "Außerdem fordern die Grünen das Bestellerprinzip beim Immobilienkauf. Wer eine Maklerin beauftrage, solle sie auch bezahlen." Dann werden die Makler-Gebühren im Verkaufspreis einkalkuliert.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Wenn die Chinesen in Dubai für das Geld, was man bei uns für ein flughafen ausgibt mehrere Wolkenkratzer hinstellen, dann lasst es die machen. Wir brauchen mehr Raum und günstigere Mieten.