Klassische Medien im Social Web: Facebook macht Platz für Breitbart
Facebook startet einen Newsfeed für Medien. Mit dabei ist das rechtsradikale Portal Breitbart News. Das entspricht der Profitlogik des Konzerns.
Der mediale Druck auf Facebook ist in den vergangenen Monaten erneut gestiegen. Das mag nicht zuletzt an der Wahrnehmung traditioneller Medien liegen, dass deren Geschäftsmodell durch die Dominanz Facebooks auf dem Werbemarkt zerstört wird und gleichzeitig die Reichweiten auf Gedeih und Verderb unilateralen und unberechenbaren Veränderungen im Algorithmus der Plattform unterworfen sind.
Das neueste Friedensangebot des Quasimonopolisten ist die Einrichtung eines Newsfeeds, der diesen Namen auf den ersten Blick tatsächlich verdient. Ausgewählte Medien sollen in einem sowohl personalisierbaren als auch algorithmisch gesteuerten Angebot vertrauenswürdigen Nachrichtenquellen einen Zugang zu den Nutzer*innen ermöglichen.
Über finanzielle Fragen des zunächst nur testweise in den USA ausgespielten Projekts schweigen sich die Beteiligten bislang aus. Ein erster, mindestens kurioser Haken ist schon vor dem Start von „Facebook News“ bekannt geworden: die Teilnahme des rechtsradikalen Portals Breitbart.
Würde Facebook die eigenen Richtlinien für den News Feed ernst nehmen, könnte die Propagandamaschine der neuen Rechten unter gar keinen Umständen Teil des Projekts sein. Weder gibt sich Breitbart große Mühe, den Wahrheitsgehalt seiner „Nachrichten“ zu überprüfen, noch ist das Portal in der Vergangenheit als Fackelträger gegen Hassrede und Clickbaiting auffällig geworden.
Ultrarechte Factchecker
Zufällig ist die Verbindung zwischen Rechtsradikalen und Facebook jedoch keineswegs. Zuletzt wies die Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez in einer Anhörung des Facebookchefs Mark Zuckerberg auf den Skandal hin, dass das Factchecking auf der Plattform unter anderem vom „Daily Caller“ betrieben werden soll, einer für notorische Falschmeldungen mit gediegen ultrarechtem Spin bekannten Seite.
In der Anhörung ging es auch um die Frage der bezahlten Weiterverbreitung offensichtlicher Lügen auf Facebook. Mark Zuckerberg hatte in einer kürzlich an der Georgetown University gehalten Rede das Recht auf irreführende Wahlwerbung zum unbedingten Teil der Meinungsfreiheit erklärt.
Ob Facebook ohne äußeren regulatorischen Eingriff, ausschließlich der eigenen Expansion und Profitmaximierung verpflichtet, überhaupt eine Wahl im Umgang mit Falschnachrichten und Hassrede hat, wird zunehmend zweifelhaft. Die Selbstkontrolle stößt an ihre Grenzen, vor allem dann, wenn sie die Monetarisierung des Angebots gefährdet oder gar selber substanzielle Summen verschlingen würde, was bei einer flächendeckenden Prüfung zweifelhafter Posts sicherlich der Fall wäre.
Emotionale Erregung, politische Brandstiftung, Rassismus und Hass sind gewiss nie der Grund für die Existenz Facebooks gewesen, sie garantieren aber Reichweiten und Interaktionen bei großen Gruppen von Nutzer*innen – unabdingbare Voraussetzungen also für den kommerziellen Wert der Plattform.
Feature der Aufmerksamkeitsökonomie
Während Medien nun weltweit um Reichweiten und Werbeeinnahmen bangen und sich dabei in einem Zustand der Hassliebe zu den großen Internetplattformen befinden, sehen sich diese selber mit sehr volatilem Nutzungsverhalten konfrontiert. So muss Facebook zunehmend Energien in die Erzeugung von Anreizen für Interaktionen der User*innen stecken.
Versuche, über die algorithmische Höherstufung privater Posts stärkeres Engagement zu fördern, verfolgen dabei dasselbe Ziel wie die geplante engere Verknüpfung der verschiedenen Kommunikationsmodi. Die Verflechtung von Instagram, WhatsApp und dem Facebook-Messenger soll zumindest auf der Ebene des direkten Austauschs der Nutzer*innen diese im Bannkreis des Konzerns halten.
In diesem Kontext ist der geplante Newsfeed ein vergleichsweise kleines Werkzeug, das weniger zum Schutz der Demokratie, sondern zur Steigerung der Contentdichte auf Facebook vorgehalten wird. Die Beteiligung von erkennbar gegen journalistische Standards operierende Organisationen wie Breitbart ist dabei kein Versehen, sondern zwangsläufiges Feature der Aufmerksamkeitsökonomie.
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