Kita-Gebühren während des Streiks: Gerichtsvollzieher inklusive

In Wiesbaden weigert sich ein Familienvater, die Kita-Gebühren in voller Höhe zu zahlen. Schließlich streikten die ErzieherInnen.

Ein Spielzeugboot, im Hintergrund eine Frau und ein kleines Kind

Kinder betreuen zu lassen kostet, es nicht zu können kostet doppelt. Foto: dpa

FRANKFURT AM MAIN taz | Vor wenigen Tagen klingelte es bei Familie Storch in Wiesbaden. Doch zur Überraschung des Familienvaters Roland Storch war es kein gern gesehener Besuch: Ein Vollstreckungsbeamter der Stadt Wiesbaden stand an der Haustür und wollte etwas mitnehmen. Denn Storch hatte die Beiträge für die Betreuung seiner beiden Töchter während des ErzieherInnenstreiks zurückbuchen lassen.

Es geht um 316 Euro Kita-Kosten plus Mahngebühren für die beiden Töchter, die in der hessischen Landeshauptstadt die kommunale Tagesstätte besuchen.

„Es kann nicht sein, dass ich etwas bezahle und keine Leistung dafür bekomme“, ärgert sich der Wiesbadener. Eine Betreuung für die Kinder habe nicht stattgefunden. Da er und seine Frau Freiberufler sind, hätten sie zudem Einkommenseinbußen gehabt. Ohne Kita hätten sie selbst auf die Kinder aufpassen müssen und nicht alle Aufträge annehmen können.

Im Gegensatz zu Wiesbaden würden andere Kommunen und Gemeinden die Betreuungskosten für die Streikzeit längst wieder an betroffene Eltern zurücküberweisen. Nur die Landeshauptstadt Wiesbaden kümmere sich nicht besonders stark um junge Familien, sagt Storch.

Schlechte Aussichten vor Gericht

Ausgangspunkt des Streits ist die kommunale Kita-Verordnung. Diese ist von Gemeinde zu Gemeinde anders geregelt. In der Wiesbadener Verordnung heißt es: „Die Gebühr ist auch zu entrichten in Zeiten, in denen die Einrichtung geschlossen bleibt.“

Eine spezielle Regelung, wie im Streik zu verfahren ist, gibt es nicht. Aufgrund dieser Regelung stünden die juristischen Chancen für den Familienvater, vor Gericht gegen die Stadt zu gewinnen, nicht gut.

„Die Funktion des Streiks ist ja, Druck auf Arbeitgeber auszuüben. Das wird hier ad absurdum geführt“, sagt Storch jedoch. Er hofft, doch noch politischen Druck auszuüben: In der Zeit des Streiks werden die Honorare der Streikenden nämlich aus der Gewerkschaftskasse gezahlt. Die Stadt spart also rein rechnerisch tatsächlich.

Zweite Frist läuft ab

Auch höhere Gewalt, die die Stadt anführt, will Storch nicht gelten lassen. Denn die Stadt habe es bei den Verhandlungen mit den Beschäftigten selbst in der Hand, wie lange der Streik dauert. Daher hat der Tonproduzent die erste Mahnung auch ignoriert.

Als der Beamte der Stadt kam, sei der nach einem Gespräch ebenfalls gegangen, ohne etwas mitzunehmen. Er hat der Familie eine zweite Frist gesetzt, die am Dienstag abläuft.

Storchs Protest gegen die Regelung hat im politischen Wiesbaden Widerhall gefunden. Die Grünen im Wiesbadener Rathaus brachten einen Antrag auf Änderung des entsprechenden Paragrafen ein. Das schwarz-rot geführte Stadtparlament lehnte den Vorschlag mit Stimmen der FDP jedoch ab. „Der Eigenkostenbeitrag der Eltern liegt nur bei elf Prozent“, erklärt Christoph Manjura, Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtparlament. Den Löwenanteil von 74 Prozent würde die Kommune tragen.

Notplätze auf eigene Kosten

Auch habe man in der Zeit des Streiks auf eigene Kosten Notbetreuungsplätze für etwa die Hälfte der Kinder organisiert. Und, so sagt der Sozialdemokrat weiter: „Bei allem Verständnis für die Eltern, wer eine hochqualitative Betreuung seiner Kinder will, sollte sich auch die Frage gefallen lassen, ob die mit 160 Euro Gebühren für die Ganztagsbetreuung zu machen ist.“

Der Familienvater Roland Storch will erst einmal nicht zahlen: „Wenn der Gebühreneintreiber wieder kommt, öffne ich einfach nicht.“ Dann sei der Ball bei der Stadt. „Mal sehen, ob die mit einem Durchsuchungsbefehl kommen.“

Er hat jetzt eine Petition gestartet. Noch läuft diese jedoch schleppend.

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