Kita- und Schulöffnungen in Berlin: Das wird knirschen
Die Schulen in Berlin sollen nach den Sommerferien zurück in den Regelbetrieb, die Kitas schon ab Montag. Das ist richtig so.
D ie Schulen kehren nach den Sommerferien wieder zurück in den Regelbetrieb, die Kitas sollen sogar schon ab kommender Woche wieder unter Volllast laufen – und das ist auch gut so. Politisch ist es die richtige Entscheidung, weil es nicht zu rechtfertigen wäre, wenn die Bundesregierung die Wirtschaft mit einem milliardenschweren Konjunkturpaket pampert, die strengen Coronaverordnungen für Kneipen gelockert werden – aber die Kinder weiter bei den Homeoffice-gebeutelten Eltern ausharren müssen.
Apropos Eltern: Wer die Wirtschaft wieder ankurbeln will, wird diese große Gruppe unter den ArbeitnehmerInnen und Selbstständigen nicht mehr viel länger in Kurzarbeit schicken können. Und da wies Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Dienstag nach der Senatssitzung ganz zu Recht darauf hin, dass es bei der Schul- und Kita-Öffnung eben auch um die seit März schmerzlich vermisste Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht.
Ohne volle Personaldecke
In der Sache also richtig entschieden – aber für die Kitas und Schulen wird das dennoch eine ziemlich heftige Nummer. Die Kita-Leitungen müssen die Nuss knacken, wie man „Vollbetrieb“ (O-Ton Scheeres) ohne volle Personaldecke hinkriegen will. Kita-Verbände schätzen, dass derzeit rund 5.000 ErzieherInnen fehlen. Und auch wenn man inzwischen ein Attest braucht fürs Zu-Hause-Bleiben und „Risikogruppe“ zu rufen nicht mehr reicht: Dieser „Vollbetrieb“ dürfte ganz schön knirschen.
In der Realität werden vielerorts wohl einfach die Gruppen größer werden und qualitativ womöglich auch weniger gut betreut sein.
Und die Schulen: Da liege die Konzentration, „das A und O“, auf dem Unterricht, hatte Scheeres gesagt. Auch wenn wieder beinahe alle LehrerInnen an Bord sein sollen, ist auch klar, was dann hinten runterfällt: Sprachunterricht, Extraförderung für die Kinder, die sonst beim „A und O“ schon mal gar nicht mitkommen. Etwas wacklig wirkte auch Scheeres’ Plan B, was die Schulen eigentlich im Falle von steigenden Infektionszahlen machen sollen. 50 Prozent Präsenz, 50 Prozent Homeschooling soll dann die Norm sein – was kaum zu machen sein dürfte, wenn dann doch wieder in kleinen Gruppen unterrichtet werden muss und womöglich wieder mehr LehrerInnen ausfallen.
Das alles macht die Schulöffnung nach den Ferien nicht schlechter. Aber das muss man offensiv dazu sagen. Problematisches offen zu kommunizieren ist nicht gerade Scheeres’ Stärke – weshalb sie auch am Dienstag so wirkte, als müsse sie sich verteidigen. Muss sie in diesem Fall gar nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“