Kieler Universität in der Krise: Kopflos in den Exzellenz-Wettbewerb
Die Kieler Universität produziert zurzeit eher schlechte Nachrichten. Nun muss sie ohne Präsidentin in den Wettbewerb um Exzellenz-Fördergelder gehen.
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Nun ist dieser Vorwurf zum großen Teil entkräftet. Der Präsidentenstuhl bleibt aber wohl noch eine Weile unbesetzt. „In Verantwortung für die Universität und schweren Herzens gehe ich diesen Schritt“, sagte Fulda vor gut einem Jahr, als sie ihren Rücktritt erklärte. Der Vorwurf der Datenmanipulation stand im Raum, erhoben vom englischsprachigen Internetblog „For Better Science“.
Es ging um Fuldas Zeit an der Frankfurter Goethe-Universität, wo sie bis dato tätig war: ab 2010 Professorin für Experimentelle Tumorforschung und Direktorin des Instituts für Experimentelle Tumorforschung in der Pädiatrie, später als Vizepräsidentin für Forschung und akademische Infrastruktur. Damals sollen die fehlerhaften Daten erschienen sein, so der Vorwurf, den die Kieler Nachrichten aufgriffen.
Drei Tage nach dem Artikel trat Fulda zurück – auch weil ihr Rückhalt in der Uni nach den gescheiterten Exzellenz-Bewerbungen nicht gut gewesen sei, wie unter anderem die von Studierenden edierte Uni-Zeitschrift „Der Albrecht“, berichtet. Fulda erklärte stets, keinen Fehler gemacht zu haben. So habe sie sich auch gegenüber der Wissenschaftsministerin Karin Prien (CDU) geäußert.
Tatsächlich kommt die Prüfkommission der Uni Frankfurt nach einem knappen Jahr zu dem Schluss, dass die Vorwürfe großteils falsch, zumindest überzogen waren: „Nach umfangreicher Überprüfung hat die Kommission das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt“, teilt die Goethe-Universität mit. „Für die behauptete Datenmanipulation im Sinne eines bewussten Vorgehens hat die Kommission keinerlei Anhaltspunkte festgestellt.“ Einzig die „unbeabsichtigte Verwechslung von repräsentativen Beispielabbildungen“ habe es in Einzelfällen gegeben. Diese Fälle habe Fulda aber selbst festgestellt und „durch Korrekturmeldungen in den betreffenden wissenschaftlichen Zeitschriften unverzüglich richtiggestellt“.
Also alles gut? Nicht ganz: Noch laufen zwei weitere Untersuchungen, unter anderem bei der Deutschen Forschungsgesellschaft. Daher „begrüße“ die Kieler Uni zwar den Abschlussbericht der Frankfurter Kommission, hält sich ansonsten aber zurück: „Wir warten die Ergebnisse der ausstehenden Verfahren ab. So lange gilt für uns gegenüber Professorin Dr. Simone Fulda weiterhin die Unschuldsvermutung“, sagt Uni-Kanzlerin Claudia Ricarda Meyer auf taz-Anfrage.
Aber auch wenn Fulda von allen Vorwürfen entlastet wird, bleibt ihr Rücktritt bestehen. Es gibt mit Insa Theesfeld bereits eine Nachfolgerin, die der Uni-Senat im November 2024 wählte. Die Agrarökonomin und Professorin für Agrar-, Umwelt-, und Ernährungspolitik ist bisher Vizerektorin für Personal- und Organisationsentwicklung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Klage des Konkurrenten gegen Auswahlverfahren
Vielleicht bleibt sie noch eine Weile dort, denn Lutz Kipp, von 2014 bis 2020 bereits CAU-Präsident, reichte eine Konkurrentenklage ein. Er habe Zweifel an der Rechtskonformität des Verfahrens, sagte Kipp den Kieler Nachrichten. So sei nicht klar, warum interne Bewerbungen nicht berücksichtigt worden seien. „Kandidatinnen und Kandidaten können den Auswahlprozess gerichtlich prüfen lassen. Diese Möglichkeit hat einer der Bewerber in Anspruch genommen“, sagt CAU-Sprecherin Eva Sittig. Wie lange die Prüfung dauere und wie es dann weitergehe, könne sie im laufenden Verfahren nicht sagen.
Damit muss die Uni ohne komplette Führungsspitze – zurzeit leitet Kanzlerin Meyer mit den vier Vizepräsident:innen die Uni-Geschicke – in die nächste Runde um die Exzellenz-Fördergelder gehen. Bundesweit haben 59 Hochschulen 143 Ideen bei der Exzellenzinitiative der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingereicht. Welche von ihnen gefördert werden, entscheidet sich am 22. Mai.
„Nur wenn die beiden bestehenden Exzellenzcluster in die Verlängerung gehen dürfen, hat die CAU die Chance, Exzellenzuniversität zu werden“, sagt die SPD-Landtagsabgeordnete Birgit Herdejürgen. Gelinge das nicht, drohe Schleswig-Holstein den Anschluss an die Spitzenforschung zu verpassen. Angesichts der Verzögerungen bei der Neubesetzung des Präsidentenamtes laute die Frage, ob „die Ministerin mehr beizusteuern hat als den Versuch, selbst unbeschadet aus der Krise zu kommen“.
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