Kennzeichnung von Fleisch: Warum wird „Bio“ verschwiegen?
Im Einzelhandel soll Fleisch bald in vier Stufen gekennzeichnet werden, eine Stufe für Bio-Fleisch gibt es nicht. Nun protestieren Bauern.
Das Aktionsbündnis der Bio-Schweinehalter fordert bei der geplanten Fleischkennzeichnung im Einzelhandel eine schärfere Trennung zwischen konventioneller und ökologischer Tierhaltung. Im April dieses Jahres wollen Rewe, Edeka, Aldi und andere Lebensmittelhändler ein einheitliches Label auf die Verpackungen von Rind- und Schweinefleisch sowie Geflügel drucken. Es soll aus vier Stufen bestehen. Eine eigene Stufe für Biofleisch soll es nicht geben.
Während die 1. Stufe „Stallhaltung“ nur den gesetzlichen Anforderungen entspricht, steht die 4. Stufe für „Premium“-Qualität: Damit Produkte hier eingestuft werden, müssen die Tiere mehr Platz und Auslauf als in den anderen Kategorien haben sowie Stroh in den Ställen. In diese Kategorie wird ökologische Tierhaltung eingeordnet. Das teilte die von der Nahrungsmittelbranche getragene Initiative Tierwohl mit, die das Label auf den Weg gebracht hatte.
Das Aktionsbündnis der Bioschweinehalter kritisiert, dass konventionelle Haltung so mit Biohaltung auf eine Stufe gestellt werde. Biohaltung erfolge aber nach deutlich strengeren Richtlinien, heißt es in einer Mitteilung: Bei der ökologischen Erzeugung würden Schweine deutlich mehr Auslauf bekommen – auch Ferkel und ihre Mütter würden davon profitieren. Die Tiere erhalten ohne Pestizide erzeugtes Futter und dürfen ihre Schwänze behalten. Laut Patrick Klein, Sprecher der Initiative Tierwohl, ist es in der Premiumstufe der geplanten Kennzeichnung dagegen etwa erlaubt, Puten die Schnäbel zu kürzen.
„Wir haben mit Entsetzen registrieren müssen, dass die vom Handel geplante Kennzeichnung von Fleisch die ökologische Erzeugung geradezu diskreditiert“, sagt Christian Wucherpfennig vom Bundesfachverband für ökologische Schweinehaltung. Damit sei für die Kund*innen eine klare Unterscheidung nicht möglich. Dabei sei gerade die Unterscheidbarkeit das erklärte Ziel einer solchen Kennzeichnung.
Parallel zum Handel arbeitet das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft an einer Kennzeichnung von Fleisch. Verbände wie Greenpeace kritisieren die Pläne jedoch als Nischenlabel für nur einen kleinen Teil des Fleischangebots.
Die Kennzeichnung soll erst 2020 auf freiwilliger Basis eingeführt werden und zunächst Schweinefleisch in drei Kategorien einteilen. Die genauen Kriterien werden noch erarbeitet. Es soll aber im Gegensatz zur Kennzeichnung des Handels nicht nur die Tierhaltung, sondern die gesamte Erzeugung von der Geburt bis zur Schlachtung umfassen. Eine gesonderte Kategorie für Ökohaltung scheint auch hier nicht geplant zu sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen