Urteil zu rituellen Schlachtungen: Schmerzhaft sterben ist nicht bio
Wenn Tiere nach religiösen Riten ohne Betäubung geschlachtet werden, dann ist das Fleisch nicht bio. Das urteilte jetzt der Europäische Gerichtshof.
Luxemburg dpa | Fleisch von Tieren, die ohne vorherige Betäubung rituell geschlachtet wurden, darf nach einem Urteil des obersten EU-Gerichts nicht mit dem EU-Bio-Gütesiegel gekennzeichnet werden. Eine solche Schlachtmethode erfülle nicht die höchsten Tierschutzstandards, erklärte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg.Hintergrund war ein Rechtsstreit in Frankreich. Dort wollte eine Tierschutzorganisation erreichen, dass als halal gekennzeichnete Hacksteaks nicht mehr damit beworben werden dürfen, dass sie aus „ökologischem/biologischem Landbau“ stammen. Das zuständige Verwaltungsgericht bat den Europäischen Gerichtshof um Rat bei der Auslegung von europäischem Recht.
Die Luxemburger Richter befanden nun, dass in den betreffenden EU-Verordnungen mehrfach betont werde, dass bei Bio-Fleisch das Tierwohl eine zentrale Rolle spiele. Wissenschaftliche Studien hätten gezeigt, dass die Betäubung die Technik sei, die das Tierwohl zum Zeitpunkt der Schlachtung am wenigsten beeinträchtige. Das Leiden werde erheblich verringert. Die von religiösen Riten vorgeschriebenen Schlachtmethoden ohne Betäubung erfüllten diese Kriterien aber nicht.
In der entsprechenden EU-Bio-Verordnung ist vorgeschrieben, dass die Tiere bei der Schlachtung so wenig wie möglich leiden sollen. Produzenten von koscheren oder Halal-Produkten wollen teilweise ebenfalls mit dem Gütezeichen werben, verzichten aber manchmal auf eine Betäubung der Tiere vor dem Schlachten.
„Es gibt erfreulicherweise eine sehr große Anzahl von muslimischen Glaubensgemeinschaften, für die eine Schlachtung mit Betäubung und halal kein Widerspruch sind“, sagt der Deutsche Tierschutzbund vor der Urteilsverkündung. Stattdessen werde Wert auf andere Vorschriften gelegt, etwa die Ausrichtung der Tiere nach Osten oder das Schlachten durch einen muslimischen Schlachter. Im Koran stehe zudem, dass die Tiere schonend behandelt werden müssen. Ein Betäubungsverbot gebe es nicht.
Der deutsche Bio-Spitzenverband begrüßte zuvor, dass das EuGH-Urteil nun europaweit Klarheit schaffen dürfte. „Bio-Bauern engagieren sich für stressarme Methoden wie etwa die Weideschlachtung“, sagte eine Sprecherin des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft zudem.
Leser*innenkommentare
sachmah
Das Photo ist dumm, wird Biofleisch etwa von Hand zerteilt? Oder Globuli füttern und es fällt von selber runter? Träumt weiter.
Zum Thema:
Ich behaupte, wenn einer tatsächlich mit einem Schnitt die Blutzufuhr zum Gehirn kappt merkt das Tier nichts. Dito auch wenn der Schlachter "aus dem Hinterhalt" mit seinem Bolzenschussgerät/Elektroschocker oder was auch immer agieren würde.
Wenn natürlich jemand mit einem Messer herumsticht, oder ein Bolzenschussgerät falsch ansetzt, oder das Tier vorher herumtreibt, beim Töten seiner Artgenossen zuschauen lässt, oder oder oder, dann ist es in jedem Fall Folter. Aber davon redet die Richtlinie nicht.
Ich hoffe wir bekommen hier endlich Insekten auf den Markt, ich finde die ganze Diskussion abartig und möchte endlich eine ernährungstechnisch sinnvolle tierische Alternative zu Fleisch.
Berhard Bendler
Das ist ja lächerlich, daß einige Leute ein Problem mit dem Töten von Tieren oder auch mit deren angeblichen oder auch tatsächlichen Qualen haben, hat nicht mit biologischer Tierhaltung zu tun. Es ging um die Haltung nicht die Schlachtung ! Und überzogener Tierschutz ist auch nichts anderes als eine lächerliche Ideologie, die dazu führt die eigenen Möglichkeiten zu verkennen. Glauben die wirklich nur weil sie gegen Halalfleisch Front machen, wird das dazu führen, daß in der EU- nicht mehr halal geschlachtet wird ? M.E. nichts anderes als puritanische Heuchelei und Weltretter Wahn Sorry ! Und nein diese Leute können der Gesellschaft nicht vorschreiben wie sie zu leben hat. Trotz aller Bewußtseinsakkrobatik, PR-Kampagnen und direktem und indirektem pseudomoralischem Druck.
Traverso
@Berhard Bendler Würden Sie Ihren Hund oder ihre Katze zu Hause töten und essen?
Nein, das bekommen Sie nicht übers Herz.
Warum finden Sie es dann lächerlich, daß Menschen ein Problem mit dem Töten und Quälen von Tieren haben.
Tiere quälen ist vom Gesetz her verboten.
Wir sollten nur geltendes Recht auch umsetzen. Das hat doch nichts mit Ideologie zu tun.
Ideologisch ist vielmehr das Ignorieren von Tatsachen, wissenschaftlichen Erkenntnissen, Moral und Empathie. Das kennen wir von fundamentalistischen religiösen Fanatikern, Rechtspopulisten und Sekten. Denen möchten Sie doch sicher keine Schützenhilfe geben mit Ihren Aussagen, oder ?
charly_paganini
@Traverso Natürlich würde man auch Hund und Katze essen wenn man aus dem entsprechenden Kulturkreis kommt. Wenn Leute Tiere als Kinderersatz halten ist das sehr befremdlich. Man isst ja auch Kaninchen...sehr lecker übrigens
Traverso
Menschenfleisch soll übrigens auch sehr lecker schmecken.
[...]
Kommentar gekürzt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Moderation
Renne
@Berhard Bendler "biologische Tierhaltung" "Es ging um die Haltung nicht die Schlachtung" --- Die Schlachtung ist Teil der Tierhaltung, für das jeweilige Tier der finale.
Traverso
..."In der entsprechenden EU-Bio-Verordnung ist vorgeschrieben, dass die Tiere bei der Schlachtung so wenig wie möglich leiden sollen..."
Schlachtung ohne Tierleid gibt es nicht.
Auch bei Bio nicht.
Der omnivore Fleisch- und Tierbabymilch- Konsument will es einfach nicht wahrhaben. Da hilft es auch nicht den moralischen Zeigefinger auf religiöse Menschen zu zeigen.
Das mit der Betäubung ist auch nur ein verbales Beruhigungsmittel für Omnivoren um dann weiter genüsslisch weiteressen zu können.
Oft wirkt die Betäubung nur unzureichend.
Bei der Fischerei gibt es gar keine Betäubung.
Tiere haben vor der Schlachtung Angst, wollen fliehen, sind aber gefangengehalten. Tiere weinen, schreien, quieken erbärmlich.
Was der Mensch den Tieren antut ist Barbarei, tiefstes Mittelalter.
Kein Mensch braucht Fleisch und Tierbabymilch zum leben.
Da hilft auch Bio nicht.
Wir müssen schlichtweg aufhören tote Tiere zu essen und Babymilch zu trinken. Werden wir doch endlich erwachsen und aufgeklärt.
Nicht nur in den Religionen muß umgedacht werden. Denn auch Tiere sind Schöpfung. Und die wollen wir doch bewahren, oder ?
charly_paganini
@Traverso Oh man, komm' mal wieder runter!
Ich wüsste auch nicht was daran aufgeklärt sein soll wider der Natur zu leben.
Traverso
@charly_paganini Oh, ich bin ganz unten.
Unser ganzes Konsumleben ist wider der Natur.
Und was soll an antibiotikabehandeltem Fleisch von gefangengehalteten, völlig überzüchteten Tieren in KZ-artigen Verliesen Natur sein ?
Ihr Naturverständnis ist befremdlich.
Gesunder Menschenverstand
Ein gutes Urteil.
Rengie
Das kann man mal wieder so oder so sehen. Auf der einen Seite kan man natürlich fragen, ob die Schlachtmethoden, die im 7. Jahrhundert die tierschonendesten waren, das heute noch sind, und ob die Betäubung tatsächlich die religiös vorschriftsmäßige Schlachtung ungültig macht (überzeugender wäre es allerdings, wenn dieses Argument von Muslim/inn/en selbst käme, oder zumindest von Leuten, die sich soweit auskennen, daß die Ausrichtung des Tiers traditionell nach Mekka erfolgt, das abhängig vom geografischen Standpunkt meist nicht genau im Osten liegt).
Auf der anderen Seite sollten mehrere Monate bis Jahre im leben des Tiers doch schwerer wiegen als der kurze Moment der Tötung, und wenn manche Muslim/inn/e/n daran festhalten, daß die Schlachtung unbetäubt erfolgen muß, dann ist es allemal besser, wenn das Tier wenigstens vorher ein möglichst gutes Leben hatte (wobei da die EU-Bio-Verordnung eher für niedrigere Standards bekannt ist als Verbände wie Naturland oder demeter). Natürlich sind da auch die Halal-Zertifizierungs-Stellen gefragt, auf tierschonende Haltung zu achten und nicht nur auf technische Fragen.
sachmah
@Rengie Richtig. Ich bin der Meinung, dass alles, was sich religiös zertifiziert nennt, immer tierschonend sein sollte. Tiere schlecht behandeln kann vor keinem Gott gut sein,