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Kenia-Koalition in BrandenburgGroßer Showdown in Kleinmachnow

Die Sondierungsteams empfehlen ihren Parteien ein Kenia-Bündnis. Aber das letzte Wort dazu hat ein kleiner Parteitag der Grünen am Samstag.

Wohin geht es nach den intensiven Sondierungsgesprächen? Foto: dpa

Berlin taz | Knapp drei Wochen nach der Landtagswahl steuert Brandenburg auf eine sogenannte Kenia-Koalition zu. Nach mehreren Sondierungsrunden schlugen die Verhandlungsführer von SPD, CDU und Grünen am Abend dem Vernehmen nach ihren Parteiführungen Koalitionsgespräche für ein solches Bündnis vor, das nach den Farben der Flagge des ostafrikanischen Landes benannt ist. Die Sitzungen dauerten bei Redaktionsschluss noch an. Ob es tatsächlich zu rot-schwarz-grünen Koalitionsgesprächen kommt, liegt nun in der Hand der grünen Basis bei einem kleinen Landesparteitag am Samstag in Kleinmachnow.

In Brandenburg regiert seit 2009 eine rot-rote Koalition unter Führung der SPD. Die war trotz klarer Verluste mit 26,2 Prozent erneut als stärkste Partei aus der Wahl hervorgegangen, knapp vor der AfD mit 23,5 Prozent. Die Grünen schnitten mit 10,8 Prozent erstmals in einem ostdeutschen Bundesland zweistellig und stärker als die Linkspartei ab. „Kenia“ galt bereits am Wahlabend als favorisierte Variante von SPD-Landeschef und Ministerpräsident Dietmar Woidke, der bereits vor fünf Jahren lieber mit der CDU regiert hätte. Stabilität nannte er in mehreren Interviews als wichtiges Ziel für die nächste Jahre – und eine Kenia-Koalition hätte im 88 Sitze großen brandenburgischen Landtag 50 Mandate, während ein ebenfalls mögliches rot-grün-rote Bündnis nur auf die Minimalmehrheit von 45 Mandaten käme.

Doch dann schien sich die Geschichte zu widerholen: Die CDU zerlegte sich kurz nach der Wahl in Personalquerelen, der bisherige Fraktions- und Parteichef trat unter Druck zurück. Woidke warnte vor einer „CDU-Schlachteplatte“, die Grünen distanzierten sich von einer offenbar nach rechts rückenden CDU. Ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei wie im benachbarten Berlin galt trotz weniger Stimmen als weniger risikobehaftet.

Wider Erwarten glätteten sich zumindest oberflächlich die Wogen bei den Christdemokraten. Neuer Fraktionschef wurde kein Abgeordneter vom rechten Parteiflügel um die frühere Landesvorsitzende Saskia Ludwig, sondern Jan Redmann, ein enger Vertrauter des bisherigen Fraktionschefs, der bei den Grünen für eine liberale und weltoffene Partei stand.

Nicht nur beschnuppern

Die Grünen beanspruchten schon vor Abschluss der Sondierungsgespräche für sich, die politische Kultur in Brandenburg verändert zu haben. Früher hätten sich bei solchen Gesprächen „zwei oder drei wichtige Leute zum Kaffee getroffen“ und danach festgelegt, mit welcher Partei es Koalitionsgespräche gibt, sagte Spitzenkandidatin und Fraktionschefin Ursula Nonnemacher jüngst. Nun aber seien die Sondierungen so intensiv, dass es aus der SPD bereits hieß, die Grünen würden Sondierungen mit Koalitionsgesprächen verwechseln.

Den Grünen aber war wichtig, sich nicht bloß gegenseitig zu beschnuppern, sondern klar auszuloten, ob es genug inhaltliche Gemeinsamkeiten mit den anderen Parteien gibt. Durchaus beeindruckt zeigten sie sich noch am Dienstag nach ihrer Fraktionssitzung von der Lernfähigkeit von SPD-Chef Woidke, von dem es zuvor hieß, er könne nicht mit den Grünen: „Wenn wir ein Argument vorbringen, das er nicht kennt, dann hat er sich am nächsten Morgen schlau gemacht.“

Vor dem Kleinen Parteitag am Samstag hat bereits die Grüne Jugend klar gemacht, dass sie Rot-Grün-Rot bevorzugt. Auch Nonnemacher hatte anklingen lassen, dass das die Stimmung an ihrer Parteibasis sei. CDU-Fraktionschef Redmann gab trotzdem zuversichtlich: Auch bei der grünen Basis würde die Arbeit der CDU anerkannt werden. Ob er Recht hat, soll sich ab Samstagvormittag im Rathaus von Kleinmachnow zeigen, einst noble Wohngegend zu DDR-Zeiten und heute gleichermaßen begehrte Wohnlage direkt an der Landesgrenze zu Berlin.

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3 Kommentare

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  • Für die Aufklärung des Mordes an der Kenianerin Rita Ojungé in einem brandenburgischen Dschungelheim!



    Die Bezeichnung dieser Politiker nach den Landesfarben Kenias ist eine Unverschämtheit. Genauso "Jamaika" oder "Simbabwe-Koalition".



    Es reicht die Partei-Kürzel zu nennen.

  • Na, dann wünsche ich der grünen Basis mal 'nen Arsch in der Hose: schickt die Kenianer nach Hause. Schon die Vorstellung, man könnte mit der CDU und SPD mehr erreichen als mit SPD und Linken ist doch absurd.

    • 6G
      64984 (Profil gelöscht)
      @My Sharona:

      Ja, das ist absurd.

      Und trotzdem wird es wohl so kommen.

      Die Grünen gehen den Weg der SPD. Lieber den stabilen Weg als den, der dort hin führt, wo man hin will.