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Keine Elektrobusse in BremenSenat zieht den Stecker

Bremen könnte Geld vom Bund für die Anschaffung von Elektrobussen bekommen – aber die rot-grün-rote Regierung winkt ab.

Jenseits von Bremen sehr angesagt: Elektrobus bei einer Fachmesse in Berlin Foto: dpa

Bremen taz | Der Senat hat eine 180-Grad-Wende in seiner Haltung zur Elektromobilität vollzogen. Das hat ein Antrag der CDU Anfang der Woche offen gelegt. Deren Forderung lautete, fünf Elektrobusse anzuschaffen – zu 40 Prozent aus Mitteln des Bundes gefördert. Die Regierungskoalition lehnte den jedoch ab. Begründung: Es sei noch unklar, ob der E-Antrieb wirklich die Technologie der Zukunft ist. Außerdem könne eine solche Anschaffung derzeit finanziell nicht gestemmt werden.

„Wir wissen seit Jahren, dass wir einen besseren ÖPNV brauchen und dass es Klimapro­bleme gibt“, sagte der Fraktionssprecher für Mobilität der CDU, Heiko Strohmann, in der Bürgerschaft. „Jetzt hat der Bund finanzielle Hilfen beschlossen und in Bremen wird nicht darauf reagiert.“ Den Grünen warf er eine inkonsistente Position vor: „Ihr könnt nicht von den Menschen verlangen, von Diesel auf Elektro umzusteigen, wenn ihr selber Zweifel habt.“ Die Stadt müsse vielmehr als Vorbild vorangehen.

Bis 2019 war Bremen noch treibende Kraft für den Aufbau der E-Mobilität. Die „Faktor 100“-Kampagne, das Elektrobus-Förderprogramm des Bundes, auf das man jetzt verzichtet, geht sogar auf eine Bremer Initiative zurück: In der Elektrifizierung und in der Qualitätssteigerung des ÖPNV liege „ganz klar Bremens erste Priorität“, hatte noch vor einem Jahr Michael Glotz-Richter vom Senatsreferat Nachhaltige Mobilität der taz versichert.

Ähnliche Töne schlägt der Koalitionsvertrag an: „Elektromobilität ist eine Chance für lokal emissionsfreien Verkehr.“ Und insbesondere beim ÖPNV sehe die Regierung Anwendungsmöglichkeiten für Bremen, heißt es dort außerdem. Eine bei den Grünen bislang mehrheitsfähige Position: So hatte der neue Vorstandssprecher Florian Pfeffer noch bei der Landesmitgliederversammlung am 30. November auf die Frage, wie er den Verzicht auf die Anschaffung von E-Bussen finde, sehr deutlich reagiert: „Das kann ich ganz kurz beantworten: schlecht.“ Denn, führte Pfeffer damals weiter aus, „wir brauchen eine echte Verkehrswende und E-Busse sind ein wichtiger Bestandteil davon“.

Zweifel an Zukunftstauglichkeit

In der Bürgerschaft wurden nun erhebliche Zweifel an der Zukunftstauglichkeit des E-Antriebs laut: „Wir wissen noch nicht, welcher Antriebsform die Zukunft gehört“, sagte der Grünen-Verkehrspolitiker Ralph Saxe. „Deswegen ergibt es jetzt wenig Sinn, Geld zu verbraten.“

Laut Bürgermeisterin Maike Schaefer (Grüne) hat die E-Mobilität viele Nachteile: „Die Batterien benötigen Kobalt, der aus Minen im Kongo stammt. Dort herrscht ausbeuterische Kinderarbeit.“ Derzeit hätten die E-Fahrzeuge zudem eine so geringe Laufzeit, dass ihre Klimabilanz keinen wirklichen Fortschritt zu den herkömmlichen Technologien darstelle.

Eine EU-Verordnung vom Juni dieses Jahres erhöht allerdings den Handlungsdruck, die CO2-Emmissionen im öffentlichen Nahverkehr zu reduzieren. Von 2021 bis 2025 müssen 45 Prozent der neu angeschafften Busse emissionsfrei sein, heißt es dort. In Hamburg wurden in diesem Jahr bereits 30 ­E-Busse in Betrieb genommen. Im nächsten Jahr sollen weitere 30 folgen.

„Die Verfügbarkeit der ­E-Busse in Hamburg liegt bei lediglich 70 Prozent“, kommentiert Saxe. Außerdem würden in Bremen vor allem Gelenkbusse gebraucht, doch „genau von diesem Typ gibt es noch keine zuverlässigen auf dem Markt“.

Um die Frage, mit welcher Technologie in Bremen die Klimaziele erreicht werden sollen, herrscht also Unklarheit. ­Schaefer und Klaus-Rainer Rupp, Abgeordneter der Linken, priorisieren den Wasserstoff: „Es gibt Hinweise darauf, dass die Brennstoffzelle die Zukunft für Busse ist“, sagte Rupp in der Bürgerschaft.

Zu lange dürfen die Regierungsparteien jedoch nicht mehr warten, um zu handeln, ist sich Saxe sicher: „Uns als Grünen ist klar, dass wir so schnell wie möglich vom Diesel wegkommen müssen. Doch nichts wäre schlimmer, als jetzt eine Fehlentscheidung zu treffen.“

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14 Kommentare

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  • ÖPNV elektrisch? Daran komt man nicht vorbei! Aber wenn, dann Schienen- und/oder besser Oberleitungsgebunden!



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    Akkus sind physikalisch & von den Ressourcen her wohl noch jahrzehntelang "ein Witz" als Ersatz für fossile Energieträger!



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    In der Fläche, als privater Zubringer zum ÖPNV, in Stile "überdachter % geheizter Regenschirm, Einkaufsroller" sind die solche Kleinstfahrzeuge wohl sinnvoll. Vielleicht auch aus Verteiler, Kleinbusse usw. doch als Backbone für den ÖPNV sind Akkus... s.o.



    Dumm ist nur, das in Bremen dies aus wohl ideologischen Gründen nicht wahrgenommen wurde/werden sollte.



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    Ziel sollte mMn. sein: Umsteigen auf E-basierten ÖPNV aber nicht auf Akku, H usw. s.o.



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    Physikalische Grundlagen kann man nicht wegdiskutieren & den PKW gestützten Individualverkehr 1:1 durch auswechseln des Antriebsstrangs ersetzen zu wollen, ist wohl eine Illusion.



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    Gruss Sikasuu



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    Ps. Dem PKW süchtigen Bürger sollte so langsam klar werden, das nur ÖPNV ein einigermassen akzeptables Verkehrssystem hinbekommen kann.



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    PKW gestützter Individualverkehr ist an seinem Erfolg heute im Ballungsraum schon gestorben. Mal im Verkehrsfunk überprüfen. Kann mich kaum noch erinnern, in den letzen Monaten z.B. im/um den Ruhrpott, in der Rush-houre zahlen < 100Km Stau gehört zu haben!

    • @Sikasuu:

      Wenn es darum geht, zur Arbeit zu Pendeln ist der ÖPNV das einzig vernünftige Verkehrsmittel - das stimmt schon.

      Aber im privaten Alltag sehr vieler Menschen sind Öffis eher ungeeignet.



      Wenn ich nach einem Auto suche, gehört zu den wichtigsten Kriterien das Kofferraum-Volumen - und damit stehe ich sicher nicht allein da.



      Öffis sind völlig ungeeignet, um etwas mit sich zu führen, was über 1-2 kompakte Taschen hinausgeht und ich sehe auch keine Ansätze,



      wie sich das ändern solle.

      Wie sieht es denn aus, wenn ich mit der Straßenbahn zu IKEA fahre, und sage dann beim Einladen soetwas wie:



      "So, jetzt noch das Billyregal, die neuen Sofakissen und zuletzt der Bollerwagen. Dann kann es auch schon weitergehen.



      Kann sich bitte nochmal jemand in die Lichtschranke stellen?"

      Letzten Sommer hatte ich mit ein paar Kollegen über's Wochenende einen Tauchausflug geplant.



      Ärgerlicherweise war im Bereich des Tauchladens, genau im Zeitfenster in dem wir die Abholung des Miet-Equipments vereinbart hatten,



      eine Demo und der gesamte Bereich für Autos gesperrt. Wir dachten uns:



      "Ok, probieren wir es doch einfach mal mit der Straßenbahn, bevor der Laden gleich zumacht."

      Es gab natürlich großen Ärger. Wenn die Bahn scharf bremsen muss, und von so einer 25kg schweren 200bar-Flasche das Ventil abgeschlagen wird,



      hat die das Potential, die Stadtbahn-Linie zu wechseln, ohne dass irgendwo die Tür aufgeht.



      Ganz davon abgesehen, wog der Kram pro Person ca. 60kg.

      Ein anderes Mal bin ich mit ein paar Freunden mit Öffis zum Angeln gefahren.



      Als wir die Angelrouten und die Camping-Ausrüstung im Gang verstaut haben, waren die anderen Fahrgäste nicht gerade begeistert.



      Auf dem Rückweg war sehr unschön, dass die Tüte mit den frisch gefangegen Forellen umgekippt ist und diese durch den Gang gerutscht sind.



      Später ist an der Stelle ein älterer Herr ausgerutscht.

      In meiner Auto-freien Zeit ist mal mein Aquarium undicht geworden.



      "Sind Sie wahnsinnig?", wurde ich vom

  • Es käme einem seltenen historischen Ereignis gleich, wenn ein Antrag aus der Opposition von einer Regierungsmehrheit Zustimmung erhalten würde. Oppositionsanträge, die aus dem Programm von konkurrierenden/regierenden Parteien übernommen werden oder die von Regierungsmitgliedern geäußerte politische Ziele aufgreifen, sind ein beliebtes Setting für eine Nasenring Bühnenshow.

    Interessanter als der aktuelle Show-Antrag, sind die Ablehnungsgründe: die ökologischen Widersprüche der E-Mobilität (Ressourcen/Umweltzerstörung), die konkurrierenden Antriebssysteme (noch unterentwickelte Wasserstoff/Hybide) und die leeren Kassen von Kommunen und Ländern.

    In Bremen geht es nur um Busse für den ÖPNV; nicht um E-PKW und die erforderliche kostenintensive Infrastruktur. Aber das Problem, dass Bremen - wie jede andere Stadt - jeden Euro auch nur einmal ausgeben kann, wird deutlich. Einige Kommunen werden sich zusätzliche E-Busse leisten können, andere Kommunen werden an anderer Stelle sparen müssen, nur um die EU-Verordnung einhalten zu können.

  • Gute Entscheidung. E-Mobilität ist blanke Augenwischerei.

  • Wie ich Presseberichten der vergangenen Zeit entnehme, sind mehrere Versuche mit E-Fahrzeugen gescheitert, auch von der BVG in Berlin. Die Fahrzeuge sind in der Anschaffung sehr teuer, dann bleiben sie signifikant häufig liegen, die Reichweiten sind selbst für den Stadtverkehr zu gering und die Ladezeiten sind zu lang. Alles in allem scheint das lange noch nicht ausgereift genug für den allgemeinen Gebrauch.

  • Es sei noch nicht klar ob mit Elektoantrieben CO2 gespart werden kann? !!!

    Bremen Bremen Du packst es einfach nicht!

    • @Rudolf Fissner:

      Sie haben schon mal davon gehört, daß der Auspuff des E-Autos am Kraftwerk ist?

    • @Rudolf Fissner:

      Laut Bürgermeisterin Maike Schaefer (Grüne) hat die E-Mobilität viele Nachteile: „Die Batterien benötigen Kobalt, der aus Minen im Kongo stammt. Dort herrscht ausbeuterische Kinderarbeit.“ Derzeit hätten die E-Fahrzeuge zudem eine so geringe Laufzeit, dass ihre Klimabilanz keinen wirklichen Fortschritt zu den herkömmlichen Technologien darstelle.

  • Ja, die FFF Bewegung fängt nach 1 Jahr an zu bröckeln ... der Druck sinkt, die Krise ist ausgesessen und Politiker können endlich wieder anfangen, ihre geliebte neoliberale Linie gegen die Interessen der Menschen durchzudrücken.

    Trotzdem: Respekt an alle die so lange für die Zukunft Deutschlands gekämpft haben!



    Ihr habt es versucht ... überlegt euch bei der nächsten Wahl genauer, wer auf eurer Seite ist und wer nur so tut.

  • Ist das krass. Gerade steuert die deutsche Automobilindustrie auf Elektroantriebe um und entlässt zigtausende Menschen. Und angesichts dieses auch von ihnen herbeigeführten Erfolges wollen die Grünen nun plötzlich gar keine Elektromobilität mehr. Weil es „Anzeichen“ gibt, das Wasserstoff auch vielleicht funktioniert.



    Geht’s noch?